Die 1,10 konnte ja nur deshalb so lange gehalten werden, weil es die Fed geschafft hat, mit dem ewigen Herauszögern der Zinsverschiebung für Unsicherheit zu sorgen, die den Dollar nachweislich belastet hat. Dass sich das auf diesem Niveau abgespielt hat, zeigt aber auch auf, wie schlecht es aktuell um den Euro steht. Da braucht es nicht erst Griechenland, um das wahre Ausmaß der Probleme zu erkennen. In den nächsten Jahren druckt die EZB weiter Billionen von Euro, die durch marode südländische Banken und korrupte Hände im Süden und Norden wieder an die eigentlich ebenso überschuldeten Großbanken in Deutschland oder Frankreich fließen. Selbst Zinsen nahe Null können nicht verhindern, dass das System selbst Unsummen verschlingen wird und die Währungszone damit an eine Punkt bringt, von dem aus nichts mehr repariert werden kann. Vermutlich haben wir diesen Punkt auch schon längst überschritten. Das billige Öl ist nur eine vorübergehende Hilfe, welche die Inflation drückt und so den Anschein erweckt, dass billige Zinsen gerechtfertigt sind. Nur so lässt sich für die hoch verschuldeten öffentlichen Haushalte und natürlich auch für die kriselnden Banken der Schuldendienst noch stemmen.
Ich würde dem ja gerne zustimmen, dass das Öl noch lange billig bleibt, aber ich habe das Gefühl, dass wir Westeuropäer die Letzten sind, die den Ölpreis so regulieren können, dass er noch einigermaßen in das eigene Zinsszenario passt. Solange wir unser Öl nämlich in Dollar und nicht in Euro bezahlen, haben uns die USA damit im Würgegriff und alle Trümpfe in der Hand, bei Fragen wie TTIP oder CETA ihren Willen (gegen den Willen eines Großteils der europäischen Bevölkerung) durchzusetzen. Die USA kann nur dann die erste globale Wirtschaftsmacht auf diesem Planten bleiben, wenn sie die Wirtschaft in Westeuropa maßgeblich kontrolliert und nicht nur (wie jetzt) beeinflusst. Das Öl und der starke Dollar sind die Druckmittel, mit denen die Europäer gefügig gemacht werden sollen. Die Trümpfe wurden auch sehr schnell offengelegt, denn die USA sind auch nicht gerade auf Rosen gebettet und haben gar nicht das Geld, sich mehr Zeit zu erkaufen, bevor es auch ihrer eigenen Ölindustrie bzw. der eigenen Exportwirtschaft in irreparablem Maße an die Substanz geht: Es könnte sich so sehr schnell auch eine Deflationsspirale entwickeln, die die gesamte US-Wirtschaft mit in den Abgrund reißt. Die USA spielen gerade ein gefährliches Spiel mit vielen Unbekannten und Europa ist Einsatz und Jackpot zugleich. Wir werden in jedem Fall verlieren, weil das "Haus Europa" sich nachweislich nicht selbst tragen kann. Was bringt es also, wenn wir alle viele Euros auf der Bank liegen haben, der Euro aber letztlich nichts wert ist?
Einziger (möglicher) Ausweg aus dieser Misere ist tatsächlich, dass die Inflation zumindest die giralen Vermögen "auffrisst" und die Verschuldung (aller Schuldner) relativ absenkt: Die Zinsen bleiben niedrig und steigen wesentlich langsamer als die Inflation, die durch teures Öl und einen starken Dollar in weiten Teilen Europas für deutlich höhere Preise sorgt. Nach und nach werden wir so auch in vielen anderen eurpäischen Ländern griechische Verhältnisse bekommen, bis wir überall amerikanische Verhältnisse vorfinden werden. Volker Pispers nennt das in seinem Programm die "Endstufe des Kapitalismus" und eine "vollkommen entsolidarisierte Gesellschaft". Wenn dann (wie in Griechenland) der Häuslebauer von heute dann selbst sein mit 0,x% finanziertes Haus nicht mehr abbezahlen kann, weil er nicht (mehr) genug Geld verdient, da die Inflation höher als seine Lohsteigerung ist, bzw. weil er wegen der zwangsläufig wegbrechenden Binnennachfrage seine Arbeit verliert und so selbst gar nichts mehr verdient, dann haben wir es in Europa schließlich und endlich geschafft. Griechenland war und ist nur ein Testszenario gewesen für das, was Europa noch blüht, wenn wir unser Haus nicht endlich in Ordnung bringen. Was juckt es uns (Europäer), wenn der Schaden bei amerikanischen Großbanken durch eine Insovenz Griechenlands ins Unermessliche steigt? Warum müssen wir alle für die gefährlichen Wetten derjenigen haften, die gegen eine solche Insolvenz spekuliert haben? Warum müssen deutsche und französische Banken in den USA für Dinge für die Verletzung von Sanktionen haften, die uns von dort (gegen unsere eigenen Interessen) auferlegt wurden? Warum gehen diese Strafzahlungen an die US-Regierung und fließen nicht in die Kassen der europäischen Mutterländer? Wir Europäer haften bereits seit 2008 für Schäden, die auf der anderen Seite des Teichs von engstirnigen und raffgierigen Möchtegern-Cowboys verursacht wurden. Genau diese Leute aber haben die Fäden in der Hand und bestimmen ganz genau, wohin sich Währungen, Zinsen und Ölpreise zu entwickeln haben, damit sich das Vermögen immer weiter konzentrieren und wir alle nur gutgläubige Marionetten in einem Schmierentheater sind, das für einen Großteil von uns nicht wirklich gut ausgehen kann.
Wie gesagt, unserer Euro ist bald nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem er gedruckt wird. Die Verantwortlichen dafür werden sich (wie in den USA) hinter hohen Mauern in speziellen Gegenden mit eigenen Infrastrukturen verstecken, während Otto Normalverbraucher den ganzen dort verbockten Mist mit seiner Hände Arbeit über Jahrzehnte wieder in Ordnung bringen darf. Wir machen das ja schon längst, nur haben wir (noch) keine Vorstellung von den Dimensionen, die das noch annehmen kann und wohl auch noch wird ...
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