Hier mal der ganze Artikel... Der spektakuläre Börsengang von Curevac ist ein Weckruf für den Finanzplatz Deutschland Deutschen Biotechunternehmen suchen lieber den Weg an den US-Kapitalmarkt als in Deutschland an die Börse zu gehen. Denn in den USA gibt es die deutlich besseren Bedingungen. Deutsche Biotechfirmen sind heiß begehrt in diesen Tagen – zumindest an der Wall Street. Wenn es dazu noch eines Belegs bedurft hätte, dann hat ihn jetzt die Tübinger Biotechfirma Curevac geliefert mit ihrem phänomenal erfolgreichen IPO an der Technologiebörse Nasdaq. Ein Kursgewinn von mehr als 250 Prozent und umgerechnet rund 8,3 Milliarden Euro Marktkapitalisierung am Ende des ersten Handelstages sind selbst für die erfolgsverwöhnte US-Biotechszene außergewöhnlich. Der Tübinger Impfstoffentwickler und mRNA-Spezialist ist nicht das einzige Beispiel für den wachsenden Appetit des US-Kapitalmarkts auf deutsche Biotechnologie: Dem unmittelbaren Konkurrenten Biontech gelang im vergangenen Oktober zwar nur ein holpriger IPO an der Nasdaq. Doch seither hat sich die Bewertung des Mainzer Biotechunternehmens mehr als vervierfacht auf umgerechnet fast 14 Milliarden Euro. Zwischenzeitlich überschritt sie sogar die Marke von 20 Milliarden Euro. Auch den gescheiterten Versuch des US-Konzerns Thermo Fisher, den Hildener Biotechpionier und Diagnostikahersteller Qiagen zu übernehmen, muss man letztlich in diesem Zusammenhang sehen. Nicht nur der Kaufinteressent kam in diesem Fall aus den Vereinigten Staaten, es waren am Ende auch amerikanische Hedgefonds, die den Deal kippten, weil sie noch größeres Potenzial in dem Unternehmen vermuten. Das enorme Interesse der US-Investoren ist ein Riesenerfolg, nicht nur für die Unternehmen selbst. Indirekt dürfte er auf die gesamte deutsche Biotechszene ausstrahlen und ihr Standing bei amerikanischen Geldgebern und Kooperationspartnern aus der Pharmabranche stärken. Die Börsenerfolge zeigen den Weg aus einem Dilemma, das die deutsche Biotechszene in den letzten beiden Jahren immer wieder gebremst hat. Mangels Kapital konnten viele Start-ups ihre Projekte nur mit begrenzter Kraft vorantreiben, sie mussten Produkte frühzeitig auslizenzieren und befanden sich permanent in Gefahr, von üppiger finanzierten US-Konkurrenten überrundet zu werden. Je stärker sie nun selbst den US-Kapitalmarkt anzapfen können, desto eher können sie dieses Defizit überwinden. Der Run in Richtung US-Börsen ist daher schon längst im Gange. Während es in Deutschland seit Jahren keinen einzigen Biotech-IPO mehr gegeben hat, schafften allein in den letzten drei Jahren sechs Firmen den Sprung an die US-Börsen. Selbst die Münchener Morphosys, die schon seit den 90er-Jahren in Frankfurt notiert ist und gerade ihren ersten Zulassungserfolg feierte, platzierte ihre letzte große Kapitalerhöhung nicht in Deutschland, sondern im Zuge eines Zweitlistings in New York. Alles in allem tummeln sich inzwischen knapp ein Dutzend deutsche Biotechs an der Nasdaq oder der New York Exchange. Und die Begründung für die Wahl des Börsenplatzes ist immer gleich: Auf dem US-Kapitalmarkt steht mehr risikofreudiges Kapital bereit, die Unternehmen treffen dort auf kompetentere Investoren und Analysten. Boom durch Kampf gegen Corona Die Sogwirkung der US-Börse wirft insofern auch kritische Fragen auf. Zum einen sollen die Risiken in dem Geschäft nicht in Vergessenheit geraten. Der aktuelle Boom wird stark vom Kampf gegen die Covid-19-Pandemie befeuert. Biontech und Curevac haben die Chance, ihre RNA-Technologien in der Entwicklung von Covid-Impfstoffen zu beweisen, und agieren dabei mit an vorderster Front. Um die aktuellen Bewertungen zu rechtfertigen, müssen sie in den nächsten Monaten auch liefern und in großen klinischen Studien zeigen, dass ihre Konzepte wirklich funktionieren. Wie brutal in der Biotechwelt Euphorie in Enttäuschung umschlagen kann, konnte die Jenaer Inflarx im vergangenen Jahr erleben. Als deren Hauptprojekt in einer Phase-3-Studie floppte, verlor die Inflarx-Aktie an einem Tag 90 Prozent an Wert. Zum anderen bleibt die Frage, ob es wirklich gesund ist, wenn Hochtechnologiebranchen wie die Biotechindustrie am heimischen Kapitalmarkt auf Dauer außen vor bleiben. Immerhin haben Firmen wie Curevac und Biontech im Erfolgsfall die Chance, ihre mRNA-Technologie weit über Covid-19 hinaus zu einer neuen Klasse von Arzneimitteln zu entwickeln. In diesem Fall können ihre Bewertungen noch in ganz andere Dimensionen wachsen. Von den meisten deutschen Investoren werden solche Potenziale seit Jahren ignoriert oder unterschätzt – mit der Gefahr, dass Wertschöpfung abwandert. Zwar hat sich die Situation in den letzten Jahren etwas verbessert. Insgesamt jedoch ist das Finanz-Ökosystem für eine riskante und langwierige Branche wie die Biotechnologie im Vergleich zu den USA nach wie vor völlig unterentwickelt. Ohne den Rückhalt einzelner Geldgeber wie der Brüder Strüngmann und SAP-Gründer Hopp hätten weder Biontech noch Curevac das Potenzial aufbauen können, für das sie heute in New York gefeiert werden. Um ihre ambitionierten Forschungsvorhaben und Produktionspläne weiter voranzutreiben und finanziell abzusichern, blieb ihnen kaum eine andere Wahl, als den Weg an den US-Kapitalmarkt zu suchen. Insofern ist der fulminante Börsenstart von Curevac nicht nur ein Ritterschlag für das Unternehmen und die deutsche Biotechbranche. Es ist auch eine Art Weckruf für Politik und Finanzmarktakteure. Mehr: Curevac-Chef Haas: „Wir sind im Wettlauf mit der Zeit, nicht mit der Konkurrenz“ https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-de…
CureVac ist endlich an der Börse | wallstreet-online.de - Vollständige Diskussion unter: https://www.wallstreet-online.de/diskussion/...curevac-endlich-boerse
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