ICE-Unglück war möglicherweise vermeidbar
Der Zusammenstoß eines ICE mit einer Schafherde in einem Eisenbahntunnel bei Fulda war möglicherweise vermeidbar. Bundespolizei und die Bahn bestätigten Medienberichte, wonach einige Minuten vor dem Unfall ein anderer ICE in Gegenrichtung bereits ein Schaf überfahren und der Zugführer am Ende des Tunnels gestoppt hatte. Diese Information sei auch in die Betriebszentrale in Frankfurt gelangt, erklärte ein Bahnsprecher. Mittlerweile sind nach dem Triebkopf auch die ersten beiden Wagen des ICE aus dem Landrückentunnel geborgen worden.
Gegengleis nicht gesperrt Warum daraufhin das Gegengleis für den Unglückszug nicht wie vorgeschrieben gesperrt wurde, beschäftigt nun die Ermittler in der Netzleitzentrale der Bahn. "Wir befragen intensiv die Lokführer, die Fahrdienstleiter und werten die Dokumentation aus", erklärte Bundespolizeisprecher Reza Ahmari.
Anderer ICE machte Notbremsung Augenzeuge Michael Apel aus Lauterbach, der in dem Zug nach Norden saß, berichtete der "Fuldaer Zeitung", dass der Lokführer den ICE nach Hamburg gegen 21 Uhr am Ende des Tunnels mit einer Notbremsung anhielt. Nach drei bis fünf Minuten sei der Zug langsam weiter gefahren. Eine Durchsage habe darauf hingewiesen, dass der Zug wegen einer Kollision mit einem Tier keine Höchstgeschwindigkeit mehr fahren könne.
Wie kamen die Schafe auf die Gleise? Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Halter der Schafe. Er stehe im Verdacht des fahrlässigen Eingriffs in den Bahnverkehr, sagte ein Sprecher der Behörde in Fulda. Bei dem Unglück waren 19 Menschen verletzt worden. Die Ermittlungen konzentrierten sich auf die Frage, wie die Schafherde auf die Gleise gelangen konnte. Bahnchef Hartmut Mehdorn kündigte unterdessen an, die "an sich sicheren" Tunneleingangssicherungen noch einmal zu überprüfen. Nach Einschätzung des Verkehrsministeriums wäre es "nicht sinnvoll", Zuggleise allgemein einzuzäunen, um Unfälle zu vermeiden.
Schäfer hat sich "nichts vorzuwerfen" Der Landwirt hat sich nach Ansicht des Schafzüchterverbands Hessen nichts vorzuwerfen. "Irgendjemand muss die Tiere von der Weide hoch zur Bahnlinie getrieben haben", sagte Landeschef Reinhard Heintz. Die Schafweide, aus der die Tiere ausgebrochen sind, liegt etwa 500 Meter unterhalb der Bahnlinie und wird von Elektrozäunen und einem Bach eingegrenzt. Heintz appellierte an die Bahn, mit Zäunen für mehr Sicherheit an dem fast elf Kilometer langen Landrückentunnel zu sorgen. Der Schäfer, von dessen Herde bei dem Unfall mindestens 20 Tiere getötet wurden, habe das schon vor zehn Jahren beantragt. Das sei aber aus Kostengründen abgelehnt worden.
Mehdorn: "Verrückter" Vorfall Bahn-Chef Mehdorn sagte in Berlin: "Es darf nie wieder passieren, und dafür werden wir sorgen." Das Unfall-Management am Ort habe funktioniert, auch wenn ein "verrückter" Vorfall wie eine Schafherde im Tunnel eigentlich kaum zu erwarten gewesen sei.
Debatte um Zäune "Es hat immer wieder Überlegungen gegeben, Hochgeschwindigkeitsstrecken einzuzäunen", sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Davon habe man aber abgesehen - "nicht nur weil dann mehr als 10.000 Kilometer Strecke für IC- und ICE-Züge abgeriegelt werden müssten". Vielmehr könnten sich solche Zäune im Falle eines Unglücks als sehr hinderlich erweisen, wenn zum Beispiel nach einem Zugunfall auf der freien Strecke die Helfer vor einer etwaigen Rettung von Fahrgästen erst die Zäune beseitigen müssten.
"Neuralgische Punkte" Der Verkehrswissenschaftler Helmut Holzapfel forderte eine bessere Sicherung von Eisenbahntunneln. Der Ingenieur und Professor aus Kassel betonte: "Genauso wie Weichen oder Brückenpfeiler sind Tunnel neuralgische Punkte. Und entsprechend muss man sie auch sichern, besser als bisher." Bei den Ermittlungen, an denen auch das Eisenbahnbundesamt beteiligt ist, werde auch routinemäßig untersucht, ob die Weiche im Tunnel oder ein Signal Einfluss auf den Unfallhergang hatten, berichtete die Bundespolizei.
Triebkopf und Wagen geborgen Mittlerweile wurden nach dem Triebkopf auch die ersten beiden Wagen aus dem Südportal des Tunnels gezogen. "Man bereitet sich jetzt darauf vor, über das Nordportal auch den zweiten Triebkopf herauszuziehen", sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion in Koblenz. Das wird aber noch eine Weile dauern. Denn die für die Bergung nötigen Kranwagen müssen einen größeren Umweg fahren, um vom Südportal auf die andere Seite des Tunnels zu gelangen. Der Sachschaden betrage "viele Millionen Euro". Die Strecke bleibt auch in den nächsten Tagen für die Bergungs- und Reparaturarbeiten gesperrt.
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