Mein (laienhaftes) Verständnis davon ist folgendes (lasse mich gern korrigieren, wenn jemand mehr Ahnung hat -- ich bin kein Serverexperte):
Ein Server besteht ja aus sehr vielen Komponenten und da hängt auch Software-seitig viel dran. Kern sind CPUs (central processing units), das sind die Chips, die Intel und AMD anbieten. Hinzu kommen Chips, die als "Booster" für besonders Rechenleistungs-intensive Workloads benutzt werden. Das sind sogenannte GPUs (graphics processing unit). Hier ist NVIDIA unangefochtener Marktführer. AMD bietet diese auch an, Intel ist hier ein relativer Neuling. Des weiteren werden z.B. diverse Chips für Netzwerk-Komponenten benötigt (von Unternehmen wie Broadcom). Und dann gibt es natürlich jede Menge Software (z.B. Virtualisierung von Firmen wie VWware und Betriebssysteme von Firmen wie Microsoft).
AT&S beliefert hier IC Substrate für CPUs. Die neuste Generation von Intel und AMD Chips ist hierbei nicht mehr ein separater Chip, sondern ein Package an Chiplets, welche es erlaubt, unterschiedliche Komponenten mit unterschiedlichen Geschwindigkeitsanforderungen parallel zu schalten. Das ist daher sehr sinnvoll, weil die Nanometer-Miniaturisierung für den CPU-Kern immer schwerer wird. TSMC ist hier in der Herstellung Vorreiter (sie produzieren u.a. für Apple, NVIDIA und eben auch AMD). Intel ist vertikal integriert und produziert seine Chips selbst, hat aber auch die größten Probleme mit der weiteren Miniaturisierung. Der Package-Ansatz wird es hierbei (meinem Verständnis nach) erlauben, dass nur der Core-CPU sehr klein sein muss, während andere Funktionalitäten und Workloads über Legacy-Designs angesprochen werden können. Dies senkt die Kosten und steigert die Leistung. Positiver Nebeneffekt: Der Ansatz benötigt wesentlich mehr Substrat zur Verbindung der einzelnen Chiplets.
Es gibt hier sicher einen großen Lock-In der Kunden in Bezug auf die Ökosysteme. Davon gibt es im wesentlichen drei im Server-Bereich: X86, ARM und RISC V. X86 ist das traditionelle Ökosystem von Intel. Diese Architektur wird auch an AMD lizenziert (durch Antitrust-Urteile aus den 1980er Jahren).
ARM ist die konkurrierende Architektur, die sich im Mobilbereich durchgesetzt hat (mit Apple, Qualcomm etc.). NVIDIA, Amazon, Google und andere bauen aber an neuen Data Center CPUs auf Basis der ARM Architektur. Dies ist eine sehr ernstzunehmende Gefahr für Intel. Allerdings hat man hier durchaus auch Schutz vor Wettbewerb dadurch, dass das ganze Ökosystem aus Software und Komponenten derzeit noch auf X86/Intel ausgestellt ist. Dies ist eine Markteintrittsbarriere für NVIDIA. Vermutlich ist es am Ende eine Frage des Geldes, ob NVIDIA und die Hyperscaler-Kunden (AWS, Microsoft Azure, Google Cloud) hier stark genug gegen Intel investieren.
RISC V ist eine neue Open Source Architektur aus den USA. Diese dringt langsam in den Markt ein durch US Chiphersteller für Spezialanwendungen. Sie könnte einen enormen Schub dadurch erhalten, dass China mit Tencent und Alibaba jetzt verstärkt Chips auf dieser Basis entwickeln will. Hintergrund ist das Embargo der USA. China will daher die eigene Chipentwicklung weitestgehend unabhängig von Embargo-Risiken vorantreiben. Insbesondere will man nicht von ARM-Lizenzen abhängig sein, die jederzeit entzogen werden könnten. (ARM's eigene China-Tochter war übrigens jahrelang abtrünnig und hat der Mutterfirma keinerlei Zugang zu den eigenen Räumen gegeben -- es ist eine wilde Story.)
Was ich daraus folgere ist folgendes: Intel hat durchaus eine echte Moat dadurch, dass momentan alle Hard- und Software auf X86 Systeme ausgerichtet ist. Das sind echte Netzwerk-Effekte. Allerdings schützt dies nicht vor Wettbewerb mit AMD, da diese dieselbe Architektur verwenden. Intelsw Chipdesigns sind besser als die von AMD. Allerdings produziert AMD bei TSMC, und die sind besser als die Foundries von Intel. Daher kann es da kurzfristig durchaus starke Verschiebungen der Marktanteile geben. Wenn Intel nicht lieferfähig ist, können die Chips durch AMD Chips ersetzt werden.
Mittelfristig wird Intel entweder die Kurve kriegen bei der Produktion, oder sie müssen eben auch auf Auftragsfertigung zurückgreifen für ihre besten Chips. Ausserdem wird AT&S mittelfristig AMD auch beliefern aus Kulim. |