2008 könnte das Jahr der MediGene AG werden. Die Hoffnung auf eine ganze Reihe positiver Nachrichten machen das Biotechnologieunternehmen Analysten zufolge zu einem Kandidaten für ein Comeback in den TecDax.
Wie Evotec und GPC Biotech war auch das Martinsrieder Unternehmen aus dem Index ausgeschieden. Seitdem vertreten nur noch Qiagen und MorphoSys die Branche in der Liste der 30 wichtigsten Wachstumsunternehmen - BB Medtech und Biotech bilden als Anlagegesellschaften eine eigene Klasse.
Die Hoffnung stützt sich zum einen auf das voraussichtlich bereits 2008 marktreife dritte Medikament der Martinsrieder, "Oracea". Wichtiger sind den Analysten und dem Unternehmen aber mehrere Studien zu verschiedenen Wirkstoffen, deren Ergebnisse in diesem Jahr anstehen - allen voran das Krebsmedikament "EndoTAG-1".
Wenn die Daten mit dem Arzneikandidaten EndoTAG-1 gut ausfallen, könnte das Unternehmen mittelfristig auch wieder in den TecDax aufsteigen", sagt Analyst Hanns Frohnmeyer von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
Die Hürde liegt jedoch hoch, weil in der am weitesten fortgeschrittenen Phase-II-Studie zu EndoTAG die Wirksamkeit gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs untersucht wird - eine Erkrankung, der Ärzte bisher wenig entgegensetzen können, denn andere bekannte Krebsmedikamente versagen hier. Um so bedeutsamer wären positive Ergebnisse, zumal diese Methode dann auch gegen andere Krebsarten eingesetzt werden könnte.
Ein erfolgreiches EndoTAG wäre dabei eine wichtiger Fortschritt in der Krebstherapie. Das Mittel soll eine bereits bewährte chemotherapeutische Arznei gezielt zu Tumorzellen transportieren. Das Umsatzpotenzial von EndoTAG bei Bauchspeicheldrüsenkrebs beziffert Sal. Oppenheim auf 200 Mio Euro.
Ein noch höheres Potenzial sehen die Analysten von Sal. Oppenheim, wenn eine weitere EndoTAG-Phase-II-Studie, diesmal gegen Brustkrebs, erfolgreich ist. Deren Ergebnis wird aber erst 2009 erwartet. Sollte das Präparat auch hier erfolgreich sein, rückt der Status "Blockbuster" mit einem Spitzenumsatz von 1 Mrd Euro in greifbare Nähe.
Als möglicher Blockbuster gilt auch das Medikament in spe "Rhudex". Analysten schätzen das Umsatzpotenzial des Wirkstoffes gegen Rheumatoide Arthritis auf 1,5 Mrd Euro. Gegenwärtig wird er in der zweiten klinischen Phase untersucht.
Damit ist der Erfolg auch hier alles andere als sicher: Die Wahrscheinlichkeit, dass Projekte in diesem Entwicklungsstand auch schließlich den Markt erreichen, liegt nach Angaben von MediGene bei 30% bis 60%. LBBW-Analyst Frohnmeyer sieht das aber gelassen. Auf dem aktuellen Kursniveau sei ein Fehlschlag bei EndoTAG bereits eingepreist. Zuletzt notierten die Aktien um 4,50 Euro.
Der faire Kurs liegt Frohnmeyer zufolge derzeit bei 7,05 Euro, was einem Unternehmenswert von 239 Mio Euro entspricht, das Anlagevotum lautet "Kaufen". Damit wäre MediGene deutlich mehr wert als die TecDax-Mitglieder ADVA Optical, QSC und AT&S. Derzeit wird MediGene von der Börse nur mit rund 120 Mio Euro bewertet und liegt damit in der Rangliste der Marktkapitalisierung auf Platz 45.
Die Analysten von Sal. Oppenheim sehen den fairen Wert der Aktie derzeit bei 7,10 Euro. Wenn die aktuellen Studien positive Ergebnisse liefern, liege der faire Wert sogar bei 8,10 Euro. Auch Sal. Oppenheim empfiehlt die Aktie zum "Kauf".
MediGene selbst gibt sich dabei zuversichtlich. "Unsere Aktie hat einen hohen Free-Float, gepaart mit großem Handelsvolumen. Und an der Marktkapitalisierung arbeiten wir", sagte Finanzvorstand Thomas Klaue zu Dow Jones Newswires. Dabei setze MediGene auf die Studienergebnisse zu EndoTAG-1 und die noch 2008 erwarteten Zulassungen von "Oracea" und "Veregen" in Europa.
Dabei sind EndoTAG und Rhudex nicht die einzigen Präparate, die MediGene entwickelt. Eine andere Phase-II-Studie untersucht gerade, ob man auch Viren zur Zerstörung von Krebszellen einsetzen kann. Daten hierzu werden noch im ersten Halbjahr 2008 erwartet. Diese Projekte gelten aber wegen des neuartigen Ansatzes als besonders riskant. Hinzu kommen weitere, allerdings sehr frühe Projekte.
Die MediGene-Pipeline gilt daher als gut gefüllt - anders als beim Branchenmitglied GPC Biotech, das mit dem Scheitern einer Studie zum Hoffnungsträger "Satraplatin" im vergangenen Jahr rund 90% des Marktwertes einbüßte.
Positiv ist nach Einschätzung der Analysten von Sal. Oppenheim, dass MediGene als einziges deutsches Biotech-Unternehmen bereits zwei Produkte vermarktet und im Laufe des Jahres eine dritte Arznei auf den Markt bringen will. Zugelassen sind bisher "Eligard" gegen Prostatakrebs und "Veregen" in den USA gegen Genitalwarzen. Im zweiten Quartal 2008 wird nun in Europa die Entscheidung über "Oracea" erwartet, eine Salbe gegen die Hautkrankheit Rosazea.
Was auf der einen Seite ein Pluspunkt ist, stellt für MediGene andererseits auch ein Problem dar: Der Finanzbedarf, um alle Präparate zu entwickeln, ist hoch. In der Prognose 2007 hat MediGene zum Jahresende liquide Mitteln von 45 Mio Euro vorausgesagt, der Umsatz soll bei 24 Mio Euro liegen und der EBIT-Verlust bei 32 Mio Euro.
Etwas Erleichterung hat dabei die Kapitalerhöhung im Herbst 2007 gebracht. Damals stiegen die Gründer des Generika-Unternehmens Hexal, die Brüder Strüngmann, über eine Kapitalerhöhung mit 10% bei MediGene ein.
Durch dieses Engagement werden neue Impulse für das Unternehmen erwartet", sagt Markus Manns, Fondsmanager bei Union Investment. Dabei soll MediGene vor allem von der Pharmaexpertise der Strüngmanns profitieren. Zudem ist ihnen auch die Biotechnologie nicht fremd: Vor gut zwei Jahren übernahmen sie bereits das Wuppertaler Unternehmen AiCuris.
Ein Restrisiko bleibt aber trotzdem. Der Analyst eines deutschen Fondsanbieters, der nicht namentlich genannt werden möchte, sieht Licht und Schatten bei MediGene: Das Risiko sei hoch, dass Projekte wie EndoTAG scheiterten. Trotzdem sei mit den Martinsriedern zu rechnen: "An MediGene kommt man nach dem Rückschlag bei GPC Biotech nicht mehr vorbei, wenn man in die deutsche Biotech-Industrie investieren will." ----------- Gruss Moya |