Bezüglich der Revenue aus den Internet Services (Apps, Abo-Modelle, digitale Dienstleistungen) fasse ich deine drei Punkte mal zusammen:
Das Problem mit dem Thema wird klar, wenn man sich vor Augen hält, wie Xiaomi sich vor seinem IPO selber gesehen hat: "Xiaomi was described as more than a hardware company by its billionaire cofounder Lei Jun just prior to its initial public offering in Hong Kong."
Und Forbes kommt zum Schluss: "But almost exactly two years after its trading debut, the company is looking distinctively like a hardware company."
(Quelle: https://www.forbes.com/sites/johnkang/2020/07/07/...?sh=1f4ab81372e4)
Xiaomi ist also in erster Linie als Unternehmen mit hybridem Geschäftsmodell an den Markt gegangen, mit Fokus auf Einnahmen aus dem Softwarebereich.
Hier mal eine Aussage über Xiaomis Revenue-Modell aus dem Jahr 2018 aus einem Beitrag, der das heutige Problem ganz gut andeutet: "Xiaomi has long been known for its affordable handsets, but its not really banking on them and connected devices in general to make money. Company CEO and founder Lei Jun describes the firms business model as a triathlon, where it invests in companies producing hardware and devices, sells the products through its online and offline stores, and offers services for product users on the internet.
The internet services, according to the hardware giants playbook, will drive the bulk of its revenues down the road." (Quelle: https://www.techinasia.com/xiaomi-ipo-business-model)
Eigentlich müssten wir nach eigener Unternehmensaussage daher mittlerweile deutlich mehr Revenue aus dem margenstarken Bereich Internet Services sehen. Doch schon vor zwei Jahren lag Xiaomis Revenue aus dem Bereich Internet-Services bei 10% - hier hat sich seit zwei Jahren kaum etwas getan. Ich habe gerade keine Gelegenheit die Zahlen aus den letzten Quartalsergebnissen zu suchen, bin mir aber recht sicher, dass im Bereich Internet Services das geringste Wachstum verzeichnet wurde - im Gegensatz zum Bereich IoT und Smartphone.
Das Problem also: Xiaomi sieht ja dem Bericht zufolge sein Wachstum in letzter Instanz durch Internet Services. Kunden kaufen die Hardware, kommen so in das Xiaomi-Ökosystem und dann wird der Kunde nach und nach durch Abos, digitale Dienstleistungen, Apps usw. "gemolken" - so wie es eben auch Apple, Huawei und Samsung machen. Kurz nach seinem Start schaffte Xiaomi das noch ganz gut, aber trotz steigenden Absatz bei Smartphones und IoT-Geräten zog der Bereich Internet Services nicht proportional nach. Zwischen Einnahmen durch Hardware (geringe Marge) und Software (hohe Marge) gibt es mittlerweile ein großes Ungleichgewicht, denn der Software-Bereich wächst nicht mit, wie man es vor ein paar Jahren noch angenommen hatte. So interpretiere ich zumindest die Entwicklung.
Daher gab es bei den letzten Quartalszahlen Kritik - der Bereich Internet Services, mit dem Xiaomi eigentlich glänzen will, wächst nicht im Verhältnis zu seinen verkauften Smartphones. Das meine ich mit "Schieflage" und "Schwachstelle". Denn Xiaomi lässt nicht erkennen, dass es hier fundamental etwas ändert. Es gab in der jüngsten Vergangenheit kaum Bestrebungen, Abo-Modelle zu konzipieren, neue Apps zu entwickeln oder anderweitig Konsumenten an das eigene Ökosystem zu binden. Hier wäre ich schon sehr überrascht, wenn die baldigen Quartalszahlen andeuten, dass Xiaomi zu seinen selbstgesteckten Zielen zurückfindet.
Was auch bedacht werden muss: Xiaomi läuft die Zeit davon. Der Absatz an Smartphones sinkt von Jahr zu Jahr, wenn die bald weiter Cash machen wollen, dann müssen sie den Transit zu anderen Einnahme-Quellen wie Internet Services schaffen. Denn auch wenn Xiaomi gegen Trend wächst ist hier in ein paar Jahren deutlich weniger zu holen.
User hier schreiben immer wieder, Xiaomi sei so stark im Hardwareverkauf. Sind sie auch. Aber das gibt kaum Cash. Zumal Xiaomi nichts selber produziert. Alle wichtigen und teuren Komponenten kommen von Samsung, Sony, Isocell oder Qualcomm. Xiaomis Revenue im Harwarebereich ist daher sehr gering und wird sich durch die starke Konkurrenz zukünftig noch weiter schmälern, da Qualcomm zb. die Preise für seine Chips regelmäßig erhöht.
Zum Punkt 4: Wo konkret siehst du die Probleme für Xiaomi bzw. deren Chipproduzenten?
Xiaomi entwickelt wie gesagt keine Chips selber. Das Chip-Experiment Surge S1, was sie mal vor Jahren hatten, ist gescheitert. Sie sind daher enorm von Qualcomm und Mediatek abhängig. Die haben mal bei TSMC fertigen lassen, dort sind aber alle Kapazitäten erschöpft und größtenteils von Apple belegt (Der 5nm Bereich ist komplett belegt soweit ich weiß, viele andere Kapazitäten werden für Chips für Autos reserviert). Da die chinesische Chip-Schmiede SMIC langfristig durch US-Sanktionen handlungsunfähig gemacht wurde, kommt für Qualcomm nur noch eine Produktion bei Samsung infrage. Die bieten mit ihrem Exynos-Chip zwar eigene Konkurrenz, bieten aber aber noch Kapazitäten für andere Chips.
Um diese werden sich meiner Meinung nach die Handyhersteller wie Xiaomi und BBK in den nächsten Jahren kloppen, was direkte Auswirkungen auf den Preis und Absatz hat. Xiaomi ist alleine deshalb gut beraten, stärker im Bereich Internet Services zu wachsen.
Ich hoffe, ich konnte deine Fragen weitestgehend beantworten. |