Einige von Euch sind ja nicht nur bei Aurelius investiert sondern haben auch bereits Erfahrungen gemacht mit den bisherigen Attacken gegen Ströer und Wirecard. Ich selbst bin bei VW eingestiegen nach dem Dieselgate (und bei Daimler gleich mit). Ich würde gern folgendes diskutieren:
Wie investiere ich gewinnbringend in ein unter Angriff stehendes Unternehmen?
Zunächst einmal folgende Feststellung: Unternehmen, deren Kurse in Sondersituationen sind, können dies aus eigenem Fehlverhalten (VW) oder aufgrund externer Attacken sein. Letztlich ist es ein Unterschied und hat Auswirkungen auf die langfristige Perspektive des Unternehmens, aber die kurzfristige Reaktion ist in beiden Fällen die gleiche.
So habe ich beobachtet, dass unmittelbar nach Bekanntgabe bis hin zu einigen Stunden danach an Tag X (Zeitpunkt des Ereignisses) der Kurs massiv fällt um sich zum Tagesende leicht zu erholen. Die Erholung deckt niemals die Kursverluste ein, aber so können aus -20% zu Beginn etwa -15% zum Schlußkurs werden. Wer also an Tag X einsteigen will, kann das tun, muss aber zu Tagesende dringend wieder verkaufen (daytrading). Denn an Tag X+1 haben die ganzen Privatanleger auf einmal gemerkt, was die Institutionellen am Vortag für ein Kursmassaker angerichtet haben und verkaufen ebenfalls. Folglich sinkt der Kurs noch einmal ab, wenn auch in Gänze relativ schwächer als an Tag X. Auch hier gilt: Der Langfristinvestor investiert nicht an Tag X+1. Stattdessen macht er seine Hausaufgaben: Recherche des Geschäftsberichts, Analyse der übrigen research Kommentare, Blick in die Foren (wie z.B. hier) und Gedanken, mit welchem Budget man rein gehen will.
Es folgt Phase 2, welche ich als Bodenbildung verstehe. Diese kann etwa 1-2 Monate dauern und hängt ganz eng mit dem Verhalten des Managements des unter Druck stehenden Unternehmens zusammen. Bei VW zog sich das Ganze hin, Abstreiten der Straftaten, Verzögerungs- und Salamitaktik taten ihr übriges um die Phase auszudehnen. Bei Aurelius hingegen wurde sofort viel transparenter argumentiert, sodass schneller Klarheit herrschte, wo wir stehen. Innerhalb dieser Phase wird der Tiefstkurs erreicht und auch mehrmals angetestet. Ein Zeichen für die Vollendung der Bodenbildung ist, wenn 2-3 starke Anläufe gegen den Tiefststand nicht erfolgreich sind. Weitere Zeichen sind geringere intraday Kursschwankungen. In dieser Phase investiert der Langfristinvestor. Er geht dabei jedoch nicht planlos vor sondern verteilt seine Zukäufe auf mehrere Tage. Da die Volatilität über den Tag verteilt Schwankungen von +/- 1 oder manchmal auch 2% betragen können, sollte zu Tagesbeginn ein Limitkurs unterhalb des Startkurses gesetzt werden. Zudem eignen sich Freitage eher für Zukäufe, da viele ängstliche Investoren aus Furcht vor schlechten Nachrichten übers Wochenende verkaufen und daher Aktien günstiger zu haben sind.
In Phase 3 beginnt die Erholung des Kurses. Dies geschieht frühestens im 2. Monat nach dem Ereignis, kann aber je nach Management und externen Faktoren noch länger andauern. Hier stellt sich die Frage, ob evtl. Anschlusskäufe möglich sind. Dafür spricht, dass das Risikoprofil des Unternehmens später nach der Attacke besser aussieht als unmittelbar in der Zeit des Angriffs. Tendenziell dauert diese Phase bis zu einem Jahr, an dem der alte Kurs vor dem Angriff wieder erreicht wird.
Kommentare und Ergänzungen sind gern willkommen. |