Zwar etwas sperrig geschrieben, aber mMn sehr interessante Lektüre.
https://www.heise.de/tp/features/...und-die-Fluechtlinge-4676581.html
Kostproben:
2. 2. Der "War on Terror" entpuppte sich als Bestandteil eines umfassenden imperialen Kräftemessens zwischen Russland und den USA um Vorherrschaft, Einfluss und Militärbastionen im Mittleren Osten. Der globale Machtkampf zwischen USA, Russland und China ist in vollem Gange; die USA wollen sich keinesfalls auf eine wie auch immer geartete "multipolare Weltordnung" einlassen und bekämpfen die militärische Gegenmacht Russlands und den Aufstieg Chinas zur Weltmacht mit allen Mitteln - Die Vereinigten Staaten wollen um jeden Preis die alleinige "Führungsmacht" der Welt bleiben, wie Donald Trump lauthals zu verkünden nicht müde wird. Die EU war bei diesem weltumspannenden Kräftemessen von vornherein vorwiegend im Schlepptau der US-Interessen unterwegs, was ihr im Unterschied zu der Zeit vor Trump aber keinen eigenständigen Part und damit Einfluss sicherte...
3. Der militärisch betriebene "Regime Change" als zentrale Strategie im Rahmen des nach 9/11 ausgerufenen "War on Terror", der im Falle Syriens nicht gelungen ist, da die "Schutzmacht" Assads, Russland, dies durch ihr militärisches Eingreifen verhindert hat, ist die eigentliche Ursache für die Fluchtbewegungen der Bevölkerung dieser Staaten in Richtung Europa. Wer die Flucht daher verhindern will, muss vor allem die Unterstützung des Versuchs beenden, Assad auf Biegen und Brechen von der Macht zu vertreiben...
6. Die USA haben diesen zerstörerischen Prozess losgetreten, indem sie eine kriegerische Neuordnung der Region entlang ihrer Weltmacht-Interessen anstrebten und damit die Regionalmachtambitionen von Iran, Türkei, Israel und Saudi-Arabien auf den Plan riefen, die sich im unübersichtlichen Bündnissystem und widersprüchlichen Hin-und-Her des kriegerischen Prozedere mit- und gegeneinander so zu positionieren suchen, dass sie ihre jeweiligen Konkurrenten nach Möglichkeit ausschalten können....
7. Damit wurde zugleich das Interesse Russlands an der Erhaltung seiner geopolitischen Position und des daran geknüpften Militärstützpunkts in der Region in Gestalt seines letzten Verbündeten Assad tangiert. Russland kämpft in Syrien insofern um seine beanspruchte unbedingte Geltung als ebenbürtige Weltordnungsmacht neben den USA.
8. Beide Großmächte sind ausschließlich an der Durchsetzung ihrer politischen Zwecke interessiert; die Anklagen über die Menschenrechtsverletzungen der jeweils anderen Seite stellen nur die Begleitmusik dazu dar, die die Bevölkerungen ihrer jeweiligen Länder für diesen Krieg einnehmen soll. Die Mainstream-Medien fallen auf diese Kriegspropaganda herein wie eh und je.
10. Die Türkei führt... einen Angriffskrieg in Syrien, der ihren Vernichtungs- und Eroberungskrieg gegen die Kurden im Rahmen von mehreren Einmärschen in die Kurdengebiete Nordsyriens ergänzt und ihren imperialistischen, neo-osmanischen Ambitionen entspricht. So wenig die türkischen Massaker an den Kurden die herrschenden politischen Akteure des Westens, zugleich Waffenlieferanten der Türkei, sonderlich belastet haben, so deutlich akzeptieren sie die türkische Landnahme insgeheim bis offen, da sie zur Absicht, Assad endlich zu stürzen, passt und sich in die hegemoniale Auseinandersetzung mit Russland einfügt. Zudem ist die Türkei auch NATO-Mitglied, was allein schon die Kritik an ihr relativiert...
11. Erdogan wiederum gerät in seinem seit Oktober 2019 währenden Krieg um Idlib ins Stocken; parallel steckt die Türkei inzwischen in einer Währungs- und Wirtschaftskrise... Er versucht daher, die von ihm im Auftrag der EU verwahrten 3-4 Millionen Flüchtlinge als Erpressungsmittel in Anschlag zu bringen, um weitere Geldzuwendungen und Unterstützung bei seinen militärischen Eroberungsfeldzügen zu erzwingen...
12. Die Trump-Administration wiederum sieht die potenzielle Schädigung europäischer Interessen und Macht mit Wohlwollen - verfolgt sie praktisch doch längst das bezeichnete Programm, alle relevanten Machtkonkurrenten gegeneinander auszuspielen, um ihr "Make America great again!"-Programm gegen diese durchsetzen zu können....
15. Die Europäische Union erweist sich letztlich als im Verbund ziemlich handlungsunfähiger Haufen egoistischer Nationalstaaten, die eifersüchtig darüber wachen, dass die anderen Mitglieder des Staatenbunds die Zeche zahlen, nur nicht sie selbst. Der europäische Staatenbund soll seit jeher vor allem das Wachstum ihrer jeweiligen nationalen Wirtschaften und den Einfluss ihrer nationalen Politik auf alle anderen steigern - eine Grundposition, die sich im Rahmen der nun vorherrschenden Krisenkonkurrenz endgültig als innereuropäische "Leitkultur" etabliert hat: Alle wollen an den Vorteilen, Geldtöpfen und Leistungen der EU partizipieren, ohne die Kosten dafür zu tragen....
16. Auf diese Weise kickt sich der europäische Staatenbund letztlich selbst aus der Liga der Großmächte, mit denen er durch seine Gründung als vereinte Kraft auf einer Augenhöhe verkehren und agieren wollte. Ein erneuter millionenfacher Zuwanderungsdruck kann insofern schnell zur Zerreißprobe der EU geraten....
17. Durch die Zerstörung der politisch definierten Feindstaaten vom Mittleren Osten bis Zentralasien wurden und werden Millionen Menschen zum Verlassen ihrer Länder gezwungen, denen dies ansonsten niemals eingefallen wäre. Das Leid dieser Flüchtlinge interessiert im zynischen Machtpoker, den das nach dem Ende des "Ostblocks" reanimierte, imperialistische "Great Game" abgibt, niemanden - von ein paar Helfern und human gesinnten Menschen einmal abgesehen... |