von stochastischen Häufigkeitsverteilungen habt ihr beiden nun aber sicherlich schon einmal gehört.
Wenn 25% der Quellen von Infektionen genau zugeordnet werden können, so hat man hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung m.E. schon ein recht ordentliches und hinreichend großes sample.
Man bräuchte schon plausible Gründe dafür, für den Rest der Fälle von einer grundlegend anderen Häufigkeitsverteilung auszugehen.
Dabei käme es auf die Frage an, ob sich die Fälle, die nicht zugeordnet werden konnten, mutmaßlich in irgendeiner Weise von den zuordbaren Fällen systematisch unterscheiden könnten.
Hier ist es dann bedeutsam sich näher mit den möglichen Ursachen der fehlenden Zuordbarkeit zu befassen.
Dafür kämen in Frage:
1. Eine Überforderung der Gesundheitsämter - daraus lässt sich allerdings kein besonderes Argument für abweichende Häufigkeitsverteilungen der Infektionsquellen folgern.
2. Fehlende oder falsche Angaben von Infizierten oder deren Kontaktpersonen - wenn bestimmte Bereiche davon besonders betroffen oder zumindest besonders anfällig dafür wären, könnten sich daraus durchaus Abweichungen ergeben. In manchen Bereichen wie der Gastronomie dürfte die Dunkelziffer an fehlerhaften oder unzureichenden Kontaktangaben recht hoch sein. Die Bedeutung dürfte hier bei den nicht zuordbaren Fällen insofern tatsächlich erhöht sein. Im Beherbergungsgewerbe wären falsche oder unzureichenden Angaben hingegen kaum in einem relevanten Umfang vorstellbar. Der Personalausweis wird dort eigentlich immer verlangt, und die Zahlung läuft in der Regel zudem auch über Kreditkarte. Demnach ist also nicht davon auszugehen, dass das Beherbergungsgewerbe bei den nicht zuordbaren Fällen eine größere Rolle spielt, als innerhalb der zuordbaren Fälle. Die Menschen in Sportvereinen oder auch in Fitnessstudios sind im allgemeinen persönlich bekannt, oder sie loggen sich über eine Mitgliedskarte ein und aus. Des Weiteren würden Mitglieder eine Infektion auch in der Regel melden. Auch hier ist demnach nicht davon auszugehen, dass hier für das nicht zuordbare Infektionsgeschehen eine größere Verteilungshäufigkeit zu finden ist. Am unreglementiertesten sind letztlich die privaten Kontakte, denen, wie man sieht, bereits bei den erfassten 25% bei weitem die größte Rolle beim Infektionsgeschehen zukommt. Da diese naturgemäß am schwierigsten nachzuverfolgen und zu verifizieren sind, ist daher m.E. davon auszugehen, dass ihre Bedeutung, beim nicht zuordbaren Infektionsgeschehen tatsächlich sogar noch deutlich höher liegen dürfte.
3. Zweifel hinsichtlich der eindeutigen Zuordbarkeit aufgrund der Vielzahl von Kontakten - Aus dieser Problematik lassen sich dann allerdings m.E. erstmal keine weiteren Schlüsse auf abweichende Häufigkeitsverteilungen ableiten.
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Unterm Strich meine ich, dass sich aus der Übersicht oben aus #683 also sehr wohl wichtige Erkenntnisse und sinnvolle Annahmen über das Infektionsgeschehen treffen lassen, man hinsichtlich der Häufigkeitsverteilung der Quellen der nicht zuordbaren Fälle jedoch noch mit einer weitaus größeren Bedeutung der Gastronomie und der Kontakte in privaten Haushalten rechnen sollte, als es sich aus der Tabelle entnähmen lässt.
Eine Beschränkung von privaten Treffen auf max 10 Personen aus 2 Haushalten gibt es nun, ob das allerdings eingehalten wird lässt sich am Ende kaum kontrollieren.
Man ist hier darauf angewiesen , dass die Bürger auch wirklich mitmachen und auch nicht unbedingt nun gerade jeden Tag mit völlig anderen Leuten aus 2 Haushalten privat ohne Abstand und Maske zusammenkommen, sondern schon versuchen, diese Treffen personell auf einen eher kleinen und konstanten persönlichen Kreis zu begrenzen.
Wenn es nicht klappt und die Todeszahlen weiter ansteigen, dann wird man u.U. nicht umhinkommen, Ausgangssperren zu verhängen, jedoch nicht weil das öffentliche Leben so gefährlich wäre, sondern weil es so gefährlich ist, was die Leute privat in ihren Haushalten veranstalten.
Die Problematik dürfte dabei in Europa gerade überall mehr oder weniger die gleiche sein, und es liegt mit Sicherheit auch einfach ein Stück in unserer menschlichen Natur, und individuell verstehen kann man das alles auch voll und ganz. Wir brauchen nun mal enge soziale Kontakte.
Es wäre allerdings katastrophal, wenn es soweit käme. Und dass es so kommt ist leider absehbar, wenn wir uns nicht alle wieder mehr disziplinieren. Um das so klar zu sehen kommt es dann allerdings auch darauf an, die Bedeutung der privaten Kontakte für das Infektionsgeschehen richtig einzuschätzen. Die Betrachtung der bekannten 25% liefert hier m.E. tatsächlich die richtigen Anhaltspunkte.
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