Der um sich greifende Parteien-Frust - speziell bezüglich der SPD (siehe # 386) - ist mMn die Folge zunehmender sozialer und gesellschaftlicher Marginalisierung. Die einstige Mittelklasse wird deklassiert und ist sozial vom Abstieg bedroht, nicht nur in D., sondern auch in USA. In D. weicht die früher selbst noch von der CDU/CSU (Blüm) hochgepriesene "soziale Sicherheit" immer mehr prekären Verhältnissen auf allen Ebenen: Leiharbeit, befristete Stellen, 450-Euro Hilfsjobs, Sozialabbau, Hartz-IV, Rentenkürzungen, drohende Altersarmut usw usf.
Der Parteien-Frust ist das Endergebnis der "neoliberalen Wende", die seit den Nuller Jahren in D. läuft, un die auch ein Gerhard Schröder gnadenlos favorisiert hatte.
Fill spricht in # 388 vom "Diskurs", der den Betroffenen die "äussersten Randzonen der bürgerlichen Gesellschaft" zuweist. Weite mehr noch ist es aber das Endergebnis dieses Diskurses, das ich im ersten Absatz beschrieben habe.
Die SPD ist längst keine Partei der "Arbeiter" oder der "kleinen Leute" mehr. Es machen sich Apparatschiks vom Schlage Olaf Scholz' breit, denen vor allem die eigene Karriere lieb ist. Typen, die nach oben buckeln und nach unten treten. Es gibt allerdings auch in der heutigen SPD noch rühmliche Ausnahmen wie Arbeitsminister Hubertus Heil, der am ehesten noch das verkörpert, was die SPD einmal war.
Daher ist es kein Wunder, dass z. B. in Ostdeutschland, wo nach 1989 die neoliberale Kahlschlagsanierung der Wirtschaft ohne Rücksicht auf Arbeitslosigkeit und soziale Folgen durchgezogen wurde, dieser Parteien-Frust besonders verbreitet ist. Leider ziehen die Ossis, inklusive der hier postenden "ewig Jammernden", daraus völlig falsche Konsequenzen: Sie wähnen, die Erlösung aller Schmach sei in rechten Parteien wie AfD oder NPD zu finden.
Wie kommen sie darauf? Die DDR war zwar diktatorisch, bot aber soziale Sicherheit. Der Fehlschluss der Frust-Ossis ist nun, dass auch rechte diktatorische Parteien dem Biodeutschen das künftige Wurstbrot sichern, z. B. indem sie fremdländische Fressfeinde fern halten.
Tatsächlich aber würde die AfD (West) den Sozialstaat am liebsten komplett abschaffen. Die AfD (Ost) tickt ähnlich, versteckt dies aber geschickt, indem sie sich als rechte Nachfolgetruppe der SED in Szene setzt, die vor allem erst mal für "Recht und Ordnung" sorgt.
In USA stellt die deklassierte Mittelklasse übrigens die ergebenen Trumpwählern. Kein Wunder, denn Trump verspricht, mittels Mauerbau parasitäre "Ausländer" rauszuhalten, die den hart arbeitenden Amerikanern (35 Dollar Stundenlohn) die Arbeitsplätze wegnehmen (Latino-Dachdecker verdienen 8 Dollar die Stunde, und Erdbeerpflücker 5 Dollar die Stunde, beides schwarz).
Trump verschweigt freilich, dass die meisten US-Industriejobs schon vor Jahren aus Kostengründen in Billiglohnländer wie China (aber auch Mexiko) ausgelagert wurden, und dass die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit unter den "alten weißen Männern" im Mittleren Westen genau DARIN ihre wahre Ursache hat. Sicher ist, dass der Mauerbau zu Mexiko diese ausgelagerten Arbeitsplätze NICHT nach USA zurückbringt. Der Mauerbau ist ein reine Symbolhandlung. Sie dient der ideologischen Befriedigung von Narren, die ergeben Trumps Lügengeschichten lauschen. Darin schließt sich übrigens zugleich der Kreis zu den AfD-Ossis, die "Deutschland nur für Biodeutsche" wollen, mit Westmark, quasi-verbeamteter LPG-Vollbeschäftigung, Mercedes ohne Wartezeit und 30 Euro Altbaumiete. |