Sportfr. Siegens Trainersuche:
Werner »Beinhart« Lorant – packt er jetzt die Koffer?
SZ sprach mit dem »Türken« / Auch Veh Kandidat
geo Siegen. Die für Samstagmorgen geplante Aufsichtsratssitzung der Siegener »Sportfreunde« kam zwar nicht zustande (siehe Extra-Bericht), dennoch aber erhielt der amtierende Vorstand den »Marschbefehl«, bis morgen Abend geeignete Kandidaten für die Nachfolge des beurlaubten Siegener Trainers Jan Kocian zu suchen. Getrennt marschieren, vereint vorschlagen, lautete die Devise, nach der Rolf Bleck (Sportlicher Leiter), Holger Rathke (Kaufmännischer Leiter) und Hans-Dieter Blecker (Vorstand) den Trainermarkt aufgeteilt sondieren und bis morgen mehrheitsfähige Vorschläge unterbreiten sollen.
Und wer da glaubte, der Trainermarkt sei »leergefegt«, der staunt durchaus, über welche Namen man spekulieren kann. Die heißen Kandidaten bei Sportfr. Siegen sind aber Werner Lorant und Armin Veh! Dies ergaben intensive Recherchen der SZ am gestrigen Sonntag. Während Lorant, dem deutsche Medien aufgrund seiner »Trainingsauffassung« auch den Beinamen »beinhart« verliehen, zur Zeit mit Erfolg den türkischen Süper-Lig-Aufsteiger Sivasspor. trainiert, ist der ehemalige Rostocker Bundesliga-Coach Armin Veh nach seinem zweifellos missglückten Engagement beim Regionalligisten FC Augsburg derzeit vereinslos.
Gespräch mit Ristic fand statt
Doch der Reihe nach. Noch am Freitag, als sich schon während des Spiels gegen den 1. FC Saarbrücken (0:4) das Ende der Ära Jan Kocian abzeichnete, geisterten Namen wie Aleksandar Ristic, Holger Fach und Ralf Loose auf der Tribüne. Zu Ristic hieß es, er sei dem Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Utsch empfohlen worden. Tatsächlich hat es einen ersten Kontakt der Siegener mit dem ehemaligen Bundesliga-Trainer (Hamburger SV/Fortuna Düsseldorf) gegeben, der die Siegener Gesprächspartner beeindruckt haben soll. Doch schon vor dem Saarbrücken-Spiel war den Befürwortern heftiger Gegenwind in Sachen Ristic, der schon länger aus dem Geschäft ist, entgegen gekommen. Nun ist Ristic – da nicht mehrheitsfähig – außen vor.
Holger Fach, der am 19. Dezember vom VfL Wolfsburg die Entlassungspapiere erhalten hatte, ist trotz eines Dementis vom Kaufmännischen Leiter, von Holger Rathke, ins Gespräch gebracht worden. Offenbar also nicht ganz zufällig war Fach am 31. Januar Tribünengast beim Spiel der Siegener gegen den Karlsruher SC. Fach, der sich zu diesem Thema gestern vor laufender Fernsehkamera (Premiere) äußerte, bezieht allerdings noch bis 2007 ein stattliches Salär aus dem Hause VW Wolfsburg, weshalb es kaum vorstellbar ist, dass der ehemalige Bundesliga-Profi bei Siegen »anheuert«, zumal Fach kein besonderer Ruf als »Feuerwehrmann« vorauseilt.
Berger nun ohne starken Co-Trainer
Den hat schon eher Jörg Berger, der sich über mehrere Medien (MDR, Bild) in den letzten Wochen wieder ins Gespräch gebracht hatte. Vorausgegangen war ein gesundheitlicher Rückschlag des zum zweiten Mal an Krebs erkrankten Trainers, der im August schon am 2. Spieltag bei Hansa Rostock entlassen und im November erneut operiert worden war. Vieles spräche für den »anerkannten Feuerwehrmann« Berger, jedoch muss dieser nun erstmals ohne seinen langjährigen Assistenztrainer Frank Engel (»U-18«-Trainer Deutschland) zurechtkommen, in dem Kenner der Szene Bergers (sehr) starke 2. Hand sahen. Deshalb hat man wohl von einer Kontaktaufnahme abgesehen.
Loose-Anhänger witterten Morgenluft
Ralf Loose hingegen hat bei den »Sportfreunden« immer noch sehr starke Befürworter, wenngleich sein Abgang im vergangenen Mai bei denen, die es besser wissen, sagen wir mal »Irritationen« hinterlassen hat. Doch zu Loose ist der Kontakt nie abgerissen, seine Fürsprecher bis hinein in Vorstand und Aufsichtsrat witterten Morgenluft. Die SZ erreichte Loose gestern telefonisch beim Besuch eines Pokalspiels in Zürich, einen Tag nach der Rückkehr mit seinem FC St. Gallen aus dem Trainingslager in Malaga. Loose gestern zur SZ: »Meine Arbeit in St. Gallen macht mir Spaß. Ich habe eine junge Mannschaft, die wir langfristig aufbauen wollen. Für einen Wechsel stehe ich deshalb momentan nicht zur Verfügung. Ich verfolge das Geschehen in Siegen natürlich mit Interesse und wünschen den Siegenern alles Gute für den Klassenerhalt.«
Es gäbe sicher noch viele potenzielle Trainerkanidaten, z.B. den bei Kickers Offenbach vor knapp zwei Wochen beurlaubten Hans-Jürgen Boysen, der aber nach zuverlässigen SZ-Informationen nicht mehr »auf der Liste« steht. Das von Holger Rathke ins Gespräch gebrachte »Profil« eines Trainers, der die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zieht, um so Druck von der Mannschaft zu nehmen, träfe auch auf die ehemaligen Bundesliga-Trainer Eduard Geyer und Willi Reimann zu, die ihre Engagements in Dubai beide beendet haben.
Das Heimweh plagt Lorant
Doch die Bemühungen laufen wohl mehr auf Armin Veh und Werner Lorant hinaus. Letzterer arbeitete neun Jahre beim TSV 1860 München (1. und 2. Bundesliga), war dann neun spektakuläre Monate Trainer Fenerbahce Istanbuls, ehe er LR Ahlen in der 2. Liga vor dem Abstieg rettete. Doch seit Oktober 2003 arbeitet Werner »Beinhart« im Ausland, und das Heimweh soll ihn plagen. Nach Kurz-Stationen in Korea und auf Zypern glückte ihm ein höchst beachtliches Comeback beim türkischen Erstliga-Aufsteiger Sivasspor., mit dem Lorant Platz 5 belegt.
Gestern aber hagelte es eine 0:3-Niederlage. Am Abend sprach die SZ mit dem weißhaarigen Coach. – Das Interview im Wortlaut:
SZ: »Danke, dass Sie sich nach so einem Tag ein wenig Zeit für uns nehmen.«
Werner Lorant: »Ja, das war grausam. Meine beiden Innenverteidiger waren heute gesperrt. Da war nichts zu machen.«
SZ: »Herr Lorant, wir haben gehört, dass es Sie in die Heimat zieht, und auch vom Interesse des Vereins Sportfr. Siegen an Ihnen haben wir gehört.«
Lorant: »Ich habe mit niemandem in Siegen gesprochen, aber ich habe über einen deutschen Bekannten etwas läuten hören, dass da etwas läuft, ja.«
SZ: »Könnten Sie denn in Sivas einfach so die Koffer packen?«
Lorant: »Ich mache nur noch Ein-Jahres-Verträge. Hier habe ich meine Arbeit zur Zufriedenheit aller gemacht, und das mit Sicherheit nicht mit den besten Spielern. Also das würde ich schon regeln.«
SZ: »Wissen Sie denn etwas über Sportfr. Siegen?«
Lorant: »Auch wenn ich 3000 km entfernt bin, habe ich mir in dieser Saison einige Spiele im Fernsehen angeschaut. Vor allem gegen die guten Gegner hat man gesehen, dass das keine schlechte Mannschaft ist.«
SZ: »Trauen Sie sich zu, einen ähnlichen Coup wie damals in Ahlen zu landen?«
Lorant: »Als ich nach Ahlen kam, hatten die 13 Punkte. Dann habe ich in der Rückrunde 27 Punkte geholt, und wir blieben drin. Wieviel Punkte hat Siegen?«
SZ: »20.«
Lorant: »Und wie viele Spiele noch?«
SZ: »14.«
Lorant: »14? Ja, da wird man doch noch 20 Punkte holen, oder?«
SZ: »Sind Sie denn für einen Verein wie Siegen überhaupt bezahlbar?«
Lorant: »Es geht nicht um die letzte Mark. Es muss eine Aufgabe sein, bei der der Verein stimmt, das Umfeld begeisterungsfähig ist und das Arbeiten Spaß macht.«
SZ: »Herr Lorant, vielen Dank für dieses Gespräch.«