Ahmadinedschad lässt WM-Besuch offen
Er ist der umstrittenste Staatschef der Welt. Irans Präsident Ahmadinedschad hat im SPIEGEL-Gespräch deutlich gemacht, dass er nach wie vor erwägt, zur Fußball-WM nach Deutschland zu reisen. Im Atom-Konflikt warnte er die Europäer. Sie müssten sich für oder gegen Iran entscheiden.
Hamburg - In einem exklusiven Gespräch mit dem SPIEGEL lässt Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad seinen Besuch der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland weiterhin offen. "Meine Entscheidung hängt von vielerlei ab", erklärt der Präsident.
AP Ahmadinedschad (bei einer Verfassungskonferenz in Teheran): Hetze gegen Israel und Holocaust-Opfer Nachdrücklich äußert Ahmadinedschad seine Zweifel am Holocaust. "Ich akzeptiere nur dann etwas als Wahrheit, wenn ich wirklich überzeugt bin." In seinem ersten ausführlichen Gespräch mit einem westlichen Magazin stellt der iranische Staatschef auch das Existenzrecht des Staates Israel in Frage: "Wenn es den Holocaust gab, muss Israel in Europa liegen und nicht in Palästina."
Den Europäern selbst wirft Ahmadinedschad schwere Fehler vor: "Sie verlieren ihren Ruf." Trotzdem sei Iran interessiert, dass die "von jeher guten Beziehungen" weiter "ausgebaut werden". Im Nuklear-Konflikt allerdings sollten die Europäer "auf der Seite des Iran stehen". Andernfalls, so der Präsident zum SPIEGEL, "tragen nur sie den Schaden davon".
Die US-Regierung diskutiert einem Zeitungsbericht zufolge über die Möglichkeit direkter Gespräche mit dem Iran zur Lösung des Atomkonfliktes. Außenministerin Condoleezza Rice habe entsprechende Beratungen mit führenden Beamten ihres Ministeriums begonnen, berichtet die "New York Times unter Verweis auf europäische Quellen. Die Ministerin fürchte aber, dass allein die Bereitschaft zu direkten Gesprächen als Zeichen von Schwäche interpretiert würden und die Verhandlungen zwischen der EU und Teheran stören könnten, hieß es in dem Zeitungsbericht unter Berufung auf Vertraute von Rice. Präsident George W. Bush, sein Vize Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld seien strikt gegen direkte Kontakte, auch über informelle Kanäle, zitierte die Zeitung Regierungsmitarbeiter.
Irans Uno-Botschafter Dschawad Sarif schlug vor, Uran nur bis zu einem Grad anzureichern, der für den Bau einer Atombombe nicht ausreicht. Die Obergrenze sollte unter zehn Prozent liegen, sagte er am Freitag während eines Essens in seiner New Yorker Residenz. Weitere Maßnahmen sollten dann sicherstellen, dass das angereicherte Uran nicht erneut angereichert werden könne, schlug Sarif weiter vor.
Der britische Premier Tony Blair rief die Regierung in Teheran auf, die Urananreicherung aufzugeben, warnte aber gleichzeitig vor einem gewaltsamen Regierungssturz in Teheran. "Ich glaube nicht, dass wir sicher sind, solange Iran sich nicht ändert", sagte Blair. "Ich betone aber, dass ich nicht sage, wir sollten Iran diese Änderung aufzwingen."
Teheran hatte im April erstmals bekannt gegeben, Uran angereichert zu haben. Im Mai hatte das Land dann mitgeteilt, bei einem Anreicherungsgrad von 4,8 Prozent angekommen zu sein. Weiter wolle es jedoch nicht gehen, hieß es damals. Je nach Anreicherungsgrad kann Uran als Reaktorbrennstoff zur Stromerzeugung oder für Atombomben eingesetzt werden.
Der Westen verdächtigt die Führung in Teheran, heimlich am Bau von atomaren Waffen zu arbeiten, Teheran dagegen bekräftigt, allein an einer zivilen Nutzung interessiert zu sein. Die fünf Veto-Mächte im Uno-Sicherheitsrat und Deutschland beraten derzeit über Möglichkeiten, das Land zum Verzicht der Urananreicherung zu bewegen.
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