News - 09.01.09 16:34 "Staat kann an Commerzbank gut verdienen"
Der Banken-Experte Christoph Schalast glaubt, dass der Staat von dem Einstieg bei der Commerzbank profitieren kann. Im Interview mit Handelsblatt.com spricht der Professor für Rechtswissenschaften und Akademische Direktor des Studienganges "Master of Mergers & Acquisitions" an der Frankfurt School of Finance & Management zudem über die Nachteile, die sich aus dem Schritt für das Institut ergeben, alternative Stützungsmöglichkeiten und die Frage, ob der Einstieg des Staates auch ein Modell für andere Banken sein kann.
Herr Schalast, handelt es sich beim Einstieg des Bundes bei der Commerzbank nun um eine Teilverstaatlichung oder nicht?
Ich finde die Bezeichnung "Verstaatlichung" falsch. Es handelt sich nicht um eine vollständige Übernahme, sondern der Staat beteiligt sich für eine gewisse Zeit. Auch wenn er zwei Staatssekretäre in den Aufsichtsrat entsendet, gehe ich davon aus, dass der Staat Wort hält und sich aus den operativen Entscheidungen heraushalten wird.
Muss der Staat die Übernahme der Dresdner Bank retten?
Eine solche Maßnahme kann durchaus Sinn ergeben. Kritiker meinen ja, man hätte die Übernahme absagen und die Dresdner notfalls an eine ausländische Bank verkaufen müssen. Doch man muss bedenken, dass sich ausländische Institute gerne auch mal zurückziehen, wenn schlechte Zeiten kommen. Und dann hätte der deutsche Mittelstand ein großes Problem mit der Kreditversorgung. Deshalb halte ich den Schritt der Bundesregierung für eine legitime wirtschaftspolitische Maßnahme.
Handelt es sich nicht um Wettbewerbsverzerrung?
Nein. Schauen Sie, wer hat gestern - soweit für mich ersichtlich - darüber am meisten geklagt? Das waren Landesbanken, dabei werden sie doch mit am stärkten unterstützt. Ich kann solche Vorwürfe nicht nachvollziehen. Jede Bank trifft rational für sich die Entscheidung, ob sie unter den Rettungsschirm schlüpfen will oder nicht.
Gab es Alternativen zu dem Schritt?
Natürlich kann sich die Commerzbank auch auf anderem Wege Geld besorgen - etwa durch Anleihen wie die soeben ausgegebene im Volumen von fünf Mrd. Euro, die durch den Staat abgesichert ist. Es gibt auch noch eine Reihe weiterer Refinanzierungsmöglichkeiten. Doch die Commerzbank hat sich für den staatlichen Rettungsfonds entschieden. Jede Bank muss in einer solchen Situation Risiken abwägen und sehen, welcher Weg der geeignetste und für sie wirtschaftlich sinnvollste ist.
Welche Nachteile ergeben sich für die Commerzbank?
Es bringt gewisse Einschränkungen mit sich, wenn man sich den Staat als Aktionär ins Haus holt. So sieht das Finanzmarktstabilisierungsgesetz etwa die Beschränkung von Managergehältern vor oder verbietet die Auszahlung von Dividenden.
Der Bund verspricht sich Gewinne aus den Commerzbank-Aktien. Halten Sie das für realistisch?
Wenn die Verantwortlichen klug sind, sollten sie den Anteil mindestens zwölf bis 18 Monate lang halten und abwarten. Dann werden sie die Aktien mit Hilfe einer Investmentbank in Tranchen wieder abgeben. Dabei ist ein Gewinn sehr gut möglich, denn der Wert der Commerzbank ist im Moment sehr niedrig. Er entspricht meines Erachtens nicht dem wahren Wert des Unternehmens. Also: Wenn sich der Bund geschickt anstellt, hat er am Ende ein gutes Geschäft gemacht.
Reicht die Kapitalspritze des Bundes aus?
Da kann ich nur spekulieren, ich kenne die aktuellen Zahlen nicht. Ich gehe aber nicht davon aus, dass das Hilfspaket noch einmal nachgebessert werden muss wie etwa bei der Hypo Real Estate.
Ist der Einstieg des Staates auch ein Modell für andere Banken?
Bei der Commerzbank haben wir eine Sondersituation wegen der Übernahme der Dresdner Bank. Und die Bundesregierung ist sehr daran interessiert, dass dieser Deal zustande kommt. Jede Bank muss prüfen, welches Instrument des Sonderfonds, also Eigenkapital, Stille Einlagen, Garantien und Bürgschaften oder Übernahme toxischer Papiere für sie das Beste ist.
Quelle: Handelsblatt.com |