Vorweg: Ich habe Mitleid mit allen, die heute viel Geld verloren haben. Ob man (nach)kaufen sollte oder verkaufen, kann ich keinem raten, ich möchte hier nur begründen, zu welcher Entscheidung ich für mich gekommen bin.
E&Y hat - obwohl sie 3 Monate länger als die meisten anderen DAX-Unternehmen Zeit hatten, eine Millardensumme nicht gefunden. Sie wird einfach nicht da sein. Dass Wirecard selbst betrogen wurde, halte ich für eine reine Schutzbehauptung und vollkommen unplausibel angesichts der vielen Prüfungen, die Wirecard in der letzten Zeit beauftragt hat.
Die einzige für mich plausible Erklärung ist, dass Wirecard ihre Bilanzen frisiert hat - und zwar vermutlich jahrelang. Das ganze Gebaren der letzten Zeit - der KPMG-Bericht, das ständige Verschieben der Veröffentlichung etc. - lässt sich aus meiner Sicht nicht logisch mit Unvermögen, sondern nur mit Vertuschung erklären. Ich denke nicht an das viel zitierte Steinhoff, sondern an Enron.
Mit den Zahlen steht und fällt aber jedes Unternehmen. Wie kann man für sich untersuchen, ob man einem Unternehmen Geld gibt? Indem man Kennzahlen wie KGV, Umsatzwachstum etc. heranzieht. Aber was, wenn man weiß, dass diese Zahlen vorne und hinten nicht stimmen? So geht es auch jeder Bank. Kein Verantwortlicher in einer Bank wird dieser Firma in der aktuellen Situation einen Kredit geben. Einzige Ausnahme sind die Banken, die bereits engagiert sind und evtl. versuchen werden, ihr bestehendes Kreditengagement zu retten, aber wohl keinesfalls mit neuem Geld.
Kurzum: Ich sehe einfach nicht, wie Wirecard der Insolvenz noch entgehen soll. Hätte ich Wirecard-Aktien, würde ich sie sofort zu jedem Preis > 0 verkaufen. |