Selten war das Thema Rohstoffe in den Medien so präsent wie in den vergangenen Wochen und Monaten. In der deutschen Stahlindustrie wird über die Gründung einer Rohstoff AG beraten, die Knappheit an seltenen Erden löste Versorgungsängste aus und die positive Einstellung institutioneller Anleger gegenüber Rohstoffinvestments treibt die Preise. Auch der Kupferpreis hat sich im November erneut in Bewegung gesetzt und am 11.11. im offiziellen Handel ein Rekordhoch von 8.925 US$/t (LME-Settlement) erreicht. Damit ist er seit Juni um 46 % gestiegen (08.06.:6.091 US$/t). An der LME entstand eine Backwardation, bei der die Kassakurse über den Dreimonatskursen liegen.
Direkte Ursache für den Preissprung sollen die jüngsten chinesischen Wirtschaftsdaten gewesen sein. Die Industrieproduktion des Landes ist im Oktober gegenüber dem Vorjahr um 13,1 % gewachsen, die Einzelhandelsumsätze um 18,6 %. Beides indiziert eine weiterhin hohe Wirtschaftsaktivität des Landes und damit eine Kupfernachfrage, deren Dynamik im zweiten Halbjahr 2010 sich nicht so abgeschwächt haben dürfte, wie erwartet worden war. Anfang November bezifferte ein chinesischer Ministeriumsvertreter den nationalen Kupferbedarf 2010 mit 6,8 Mio. t, nach 6,1 Mio. t in 2009. Bis 2015 sieht er den Kupfereinsatz in China auf 8,5 Mio. t steigen, getrieben vor allem von einer wachsenden Nachfrage in den Bereichen Energie, Automobil und Haushaltsgeräte. Auf den Energiesektor entfallen mit etwas über 3 Mio. t Kupfer etwa 46 % des chinesischen Kupferbedarfs, auf die Klimatechnik mit fast 1 Mio. t rund 15 %. Die stark fragmentierte Kupferverarbeitungsindustrie in den chinesischen Provinzen leidet derzeit unter Energierationierungen und arbeitet nur mit geringer Kapazitätsnutzung. Sollte sich die Situation hier entspannen, wird im kommenden Jahr eine erhöhte Nachfrage nach raffiniertem Kupfer auf den internationalen Kupfermarkt treffen und die Importe wieder steigen lassen. Nach Angaben des chinesischen Marktforschungsinstituts Antaike beläuft sich das Versorgungsdefizit Chinas 2011 auf 2,44 Mio. t, nach 2,25 Mio. t in 2010.
Nachfrageimpulse werden auch aus anderen Teilen der Welt, z. B. aus Deutschland, kommen, dessen Wirtschaftswachstum in den kommenden Quartalen deutlich über dem langfristigen Schnitt liegen dürfte. Für den Kupferbedarf sind hier die Auftragseingänge entscheidend und die liegen je nach Endbedarfsbranche um über 30 % höher. Entsprechend hat die Produktion der kupferverarbeitenden Industrie stark zugenommen und die Mengenrückgänge des Vorjahres mehr als wettgemacht. Der Bedarf an raffiniertem Kupfer ist entsprechend hoch.
Wenn heute über die Entwicklung des Kupferbedarfs geredet wird, dann kommt man an der neuen Nachfragekomponente der börsengehandelten Rohstofffonds auf Industriemetalle (Exchange Traded Commodities = ETC’s) nicht vorbei. Die Umsetzung der Pläne zur Einführung dieser Finanzinstrumente wird dem Kupfermarkt Mengen entziehen, denn für die Papiere muss zunächst physisch LME-registriertes Kupfer in Lagerhäusern hinterlegt werden. Als einer der Anbieter von Kupfer-ETCs wird JP Morgan erwartet. Zwei weitere – Credit Suisse und ETF Securities – könnten konkret folgen. Bei einer angenommenen Anlagesumme von bis zu 2 Milliarden US$ würden zur Abdeckung rund 250.000 t Kupfer benötigt, das entspricht rund 70 % der derzeitig ausgewiesenen LME-Bestände. In der gegenwärtigen Situation, die fundamental von einem Ungleichgewicht zwischen knappem Angebot und hoher physischer Nachfrage bestimmt ist, wirkt so etwas stark verschärfend. Auch die Entwicklung der LME-Börsenbestände trägt nicht zur Entspannung bei. Die Bestandsmengen verringern sich langsam, aber stetig und liegen derzeit bei 363.000 t, das sind rund 10.000 t weniger als Anfang Oktober. 33.800 t davon sind zur Auslieferung angemeldet.
Obwohl fundamental vieles am Kupfermarkt für feste Kurse spricht, sind kurzfristige Gewinnmitnahmen im Gefolge eines schnellen und deutlichen Preisanstiegs nur zu natürlich. Auch negative Einflüsse konjunkturpolitischer Maßnahmen (China) oder neu auftretende konjunkturelle Risiken (Irland), sowie Kursveränderungen des Dollars können belastend wirken. So ist es nach dem Erreichen des Preishochs zu Verkaufsorders gekommen, die den Kupferpreis bis auf unter 8.600 US$/t gedrückt haben. Kupferrohstoffe und Kupferprodukte
Das Spot-Geschäft mit Kupferkonzentraten verläuft sehr ruhig, u. a. weil die Hütten derzeit gut versorgt sind. Im Oktober soll es zu Abschlüssen mit TC/RCs von über 80 US$/t und 8 cent/lb gekommen sein, später war auch von Bedingungen um 100 US$/t und 10 cents/lb zu hören. Für die jährlichen Verhandlungen unter langfristigen Verträgen erwarten die Hütten ein Niveau von US$ 75 und 7,5 cents/lb, die Minen fordern hingegen niedrigere Abschlüsse. Aufgrund der hohen Kupferpreise sind auch wieder Preisbeteiligungen für die Hütten in der Diskussion. Die Altkupfermärkte weisen weltweit eine gute Versorgung auf. Zum einen sorgt das verbesserte Konjunktur- und Investitionsklima sowie der hohe Kupferpreis für einen guten Mengenfluss, zum anderen entlasten auch hier die gute Versorgungslage der Abnehmer und geringe chinesische Kaufaktivitäten den Markt. An den Märkten für Kupferprodukte laufen derzeit die Jahresverhandlungen, mit wenig Aktivitäten im Spotgeschäft. Die Nachfrage bewegt sich hierbei auf gutem Niveau. ----------- Greeny |