Google, Amazon und Co. - Die Überflieger im Internet
08. Februar 2005 Es dürfte eine einzige Kuschelveranstaltung werden: In dieser Woche organisiert die Internet-Suchmaschine Google Inc., Mountain View (Kalifornien), zum ersten Mal einen Analysten-Tag. Das Top-Management von Google wird auf eine hingebungsvolle Gruppe treffen, denn Analysten überschlagen sich im Moment in ihrer Begeisterung für das Unternehmen.
Nach einem tadellosen Quartalsbericht in der vergangenen Woche legte die Aktie von Google wieder einmal deutlich zu, und Analysten schraubten ihre Kursziele reihenweise nach oben. 205 Dollar kostet die Aktie mittlerweile - für 85 Dollar kam das Papier vor nicht einmal sechs Monaten an die Börse. Und die Investmentbank Credit Suisse First Boston hat ihr Kursziel für Google auf 275 Dollar erhöht, Goldman Sachs auf 265 Dollar.
Keine wahllose Internet-Euphorie
Der Höhenflug von Google weckt ungute Erinnerungen an die Internetblase aus den späten neunziger Jahren, als die obskursten Online-Geschäftsmodelle an der Börse für Begeisterung gesorgt haben. Was sich im Moment abspielt, ist jedoch alles andere als eine wahllose Internet-Euphorie: Vielmehr liegen Belohnung und Bestrafung sehr dicht beieinander.
Nur einen Tag nach dem Google-Quartalsbericht erlebte der Online-Händler Amazon.com Inc., Seattle, einen Kurseinbruch von 15 Prozent, nachdem der Quartalsgewinn niedriger als erwartet ausgefallen war. Das Auktionshaus Ebay Inc., Palo Alto, mußte zwei Wochen vorher sogar einen Kursrutsch um 19 Prozent hinnehmen, weil es die Analystenschätzungen knapp verfehlte. Mittlerweile hat Ebay seine Position als am höchsten bewertete Internetgesellschaft der Welt an Google abgeben müssen.
Klare Gewinne
Trotz der momentanen Volatilität im Markt ist die Internetbranche heute um einiges reifer als zu Zeiten des ersten Booms. Fragwürdige Gesellschaften von damals sind aussortiert, dafür haben sich Unternehmen herauskristallisiert, die mit klaren Konzepten zu Branchenführern geworden sind und nun das Potential abschöpfen, das sich durch eine stetig steigende Zahl von Internetnutzern und schnellere Anschlüsse bietet. So sind die heute beherrschenden vier amerikanischen Internet-Giganten entstanden: Google, Ebay, Amazon und Yahoo Inc., Sunnyvale. Diese vier Unternehmen weisen vor, wovon viele Überflieger von damals weit entfernt waren: Klare Gewinne.
Auch Ebay und Amazon sind trotz der jüngsten Rückschläge klar auf Wachstumskurs. Beide Unternehmen sind zu Markenartikeln des Internets geworden: Ebay hat mit Online-Auktionen ein völlig neues Kaufverhalten bei Verbrauchern ausgelöst. Die Ebay-Idee wurde in den vergangenen Jahren über eine rasante internationale Expansion in immer mehr Teilen der Welt verankert. Im Gesamtjahr 2004 hat Ebay seinen Umsatz um 51 Prozent auf 3,27 Milliarden Dollar nach oben geschraubt, der Nettogewinn erhöhte sich gar um 76 Prozent auf 778 Millionen Dollar. Neben dem leicht unter den Erwartungen liegenden Quartalsgewinn waren die Märkte vor allem deshalb verstimmt, weil Ebay einräumen mußte, sich nicht völlig von Branchentrends loskoppeln zu können. Ebenso wie im traditionellen Einzelhandel sei auch bei Ebay das Weihnachtsgeschäft erst spät in Schwung gekommen.
Größere Produktpalette
Auch die zum Inbegriff des Internet-Versandhandels gewordene Gesellschaft Amazon muß sich zunehmend mit traditionellen Unternehmen auf eine Stufe stellen lassen - vor allem weil diese mehr und mehr in das Geschäft von Amazon vordringen. Einzelhändler wie Wal-Mart betreiben mittlerweile erfolgreich ein eigenes Online-Geschäft. Amazon hat in den vergangenen Jahren seine Produktpalette um immer mehr Segmente erweitert, auch über Abkommen mit Partnern, die ihre Waren auf den Amazon-Seiten verkaufen. Darüber hinaus will das Unternehmen in neue Felder vordringen, etwa mit einem eigenen Suchdienst. Im vergangenen Jahr hat Amazon den Umsatz um 31 Prozent auf 6,92 Milliarden Dollar gesteigert und einen Nettogewinn von 588 Millionen Dollar ausgewiesen, nach 35 Millionen Dollar im Vorjahr.
Nach Ansicht von Analysten ist der Online-Handel mittlerweile von der Internetsuche als wachstumsträchtigstes Gebiet abgelöst worden. Hier liefern sich Google und Yahoo einen spannenden Wettbewerb, und beiden Unternehmen geht es prächtig. Google verdient sein Geld mit Anzeigen, die im Zusammenhang mit Internetsuchen auf den Ergebnisseiten plaziert werden. Yahoo hat daneben als zweites Standbein traditionelle Online-Werbung auf seinen Seiten. Beide Bereiche verzeichnen derzeit hohe Zuwachsraten, die Werbung mit Internetsuchen schneidet aber am besten ab. Wohl deshalb bleibt Yahoo an der Börse derzeit deutlich hinter der Entwicklung von Google zurück.
Harter Konkurrenzkampf
Die Zahlen sind indessen bei beiden Unternehmen beeindruckend: Yahoo hat 2004 seinen Umsatz von 1,63 Milliarden auf 3,58 Milliarden Dollar erhöht, der Nettogewinn wuchs von 238 auf 840 Millionen Dollar. Google legte beim Umsatz von 1,47 Milliarden Dollar auf 3,19 Milliarden Dollar zu, der Nettogewinn betrug 399 (106) Millionen Dollar. Yahoo und Google kämpfen mit immer neuen Angeboten um die Gunst der Internetnutzer, außerdem haben die beiden Gesellschaften gerade Konkurrenz von der neuen Suchmaschine des Softwarekonzerns Microsoft bekommen. Google ist zwar die meistgenutzte Suchmaschine und hat das stärkste internationale Geschäft, aber in Amerika hat Yahoo in jüngster Zeit Boden gutgemacht.
Das Werbegeschäft scheint für diese beiden Unternehmen eine endlos sprudelnde Geldquelle: Bei der Vorlage der Quartalszahlen sagte Google-Vorstandschef Eric Schmidt, bei den Werbekunden gebe es im Moment keinerlei Preissensibilität - das heißt man könne die Preise erhöhen wie man wolle. Das hat die Börse gerne gehört. Wie der Fall Ebay zeigt, sind aber auch langjährige Börsenlieblinge nicht vor Kurseinbrüchen gefeit.
Text: F.A.Z., 08.02.2005, Nr. 32 / Seite 18 |