Private Equity vor dem Abschwung Die Heuschrecken haben sich überfressen Von Daniel Schäfer 07. August 2007 Eine Szene mit Symbolcharakter: Als Blackstone Ende Juni an die Börse ging, suchte der Medienpulk vergeblich den Gründer der amerikanischen Beteiligungsgesellschaft, Stephen Schwarzman. Der strich zwar eine halbe Milliarde Dollar ein. Den üblichen Besuch auf dem Parkett der New York Stock Exchange sparte sich der „König der Wall Street“ aber. Stattdessen beherrschte ein anderer die Szenerie. Der Schriftsteller Tom Wolfe erschien und sprach den ebenso düsteren wie kryptischen Satz: „Das könnte das Ende des Kapitalismus sein, wie wir ihn kennen.“ Das hat eine für Literaten wohlfeile Dramatik. Doch setzt der Börsengang nicht etwa dem Kapitalismus ein Ende. Sondern die Glocke am ersten Handelstag der Blackstone-Aktie läutete etwas anderes ein: das Ende des Übernahmefiebers der Finanzinvestoren, einer „goldenen Ära für Private Equity“, wie es Schwarzmans Erzrivale, der KKR-Gründer Henry Kravis, kürzlich nannte. Gigantomanie in der Beteiligungsbranche In den vergangenen Jahren herrschte Gigantomanie in der Beteiligungsbranche. Amerikanische und britische Investoren haben immer größere Fonds aufgelegt und atemberaubende Summen in fremdfinanzierte Unternehmenskäufe gesteckt. Zuletzt purzelten alle Rekorde, wie die geplante Übernahme des kanadischen Telekommunikationskonzerns BCE für mehr als 36 Milliarden Euro demonstriert. Selbst der Kauf globaler Branchenführer wie Microsoft galt unter Firmenjägern nicht mehr als abwegiges Hirngespinst. An diesem Übernahmefieber hat eine Melange aus Hedge-Fonds, Banken und Beteiligungsfonds jahrelang glänzend verdient. Die Nahrungskette dieses Marktes funktionierte wie folgt: Die Banken gaben den Beteiligungsfonds immer größere Übernahmekredite zu immer laxeren Konditionen. Das Kalkül der Investmentbanken: Sie behielten die Kredite nicht in den Büchern, sondern kassierten lediglich die Gebühren und reichten die Darlehen an spezialisierte Investoren wie Hedge-Fonds und sogenannte CLOs weiter. Der Goldrausch ist vorbei Diese Ära, die einem Goldrausch glich, ist vorbei. Denn nun drehen diejenigen den Beteiligungsfonds den Geldhahn zu, die ihn vor einigen Jahren geöffnet hatten: die Notenbanken der Industrieländer, die mit rekordniedrigen Zinsen Fremdkapital immer billiger gemacht und den Risikoappetit der Kreditanleger angeheizt haben. Statt einer spekulativen Übertreibung auf dem Aktienmarkt ist dadurch diesmal eine Kreditblase entstanden. Dass diese Blase irgendwann platzen würde, war absehbar. Überraschend war lediglich, dass ausgerechnet die Schwierigkeiten wenig betuchter amerikanischer Hauskäufer die Kreditmaschine ins Stottern bringen würden. Die steigenden Zinsen haben diese Klientel als Erste erwischt. Die Folge der sich häufenden Ausfälle auf dem Hypothekenmarkt: Seit kurzem ist für die Anleger der Begriff „Risiko“ kein Fremdwort mehr. Die Zeit des billigen Geldes ist damit vorbei. Der Fremdkapitalmarkt für Unternehmen mit schlechter Bonität trocknet aus. Den dort aktiven Anlegern fließt kaum noch Kapital zu. Die Banken bleiben auf Krediten sitzen, die sie den Firmenjägern zugesagt haben. Manche erwägen gar, eine Vertragsstrafe zu zahlen und vereinbarte Übernahmen platzen zu lassen. Einer Kreditklemme für alle Unternehmen kommt das aber nicht gleich: Um gute Schuldner wie Continental oder Imperial Tobacco prügeln sich die Banken geradezu. Die Branche sitzt auf einer Zeitbombe Investmentbanker und Beteiligungsmanager hoffen darauf, dass kein Einbruch, sondern lediglich eine Normalisierung des Marktes bevorsteht. Doch das darf getrost unter der Rubrik „Zweckoptimismus“ verbucht werden. Denn die Zeichen für einen dauerhaften Abschwung mehren sich. Der stetige Kapitalstrom in Hedge-Fonds und Spezialanleihen könnte in den kommenden Monaten versiegen. Gleichzeitig dürften die Banken restriktiver in der Kreditvergabe an Hedge-Fonds sein. Das würde nicht nur zu weiteren Hedge-Fonds-Pleiten führen, sondern auch den Kreditmarkt nochmals schwächen. Hinzu kommt, dass der Wendepunkt bei den jahrelang niedrigen Kreditausfallraten naht. Beteiligungsfonds wurde es zuletzt allzu leicht gemacht, Unternehmen mit Schulden vollzupumpen und sich dennoch durch Dividenden die Rendite zu sichern. Die Branche sitzt nun auf einer Zeitbombe: Manche Unternehmen sind vollgesogen mit Krediten, die häufig endfällig sind. Das heißt, Tilgungen und zum Teil selbst Zinszahlungen sind erst am Ende der Laufzeit zu leisten. Wenn eine Refinanzierung ansteht, dürften die hohen Zinsen so manches Unternehmen ernsthaft in die Bredouille bringen. Die Anleger wird es treffen Das bevorstehende Ende des Goldrauschs wird unter den Beteiligungsfonds die Spreu vom Weizen trennen. Die erfolgreichen Beteiligungsgesellschaften stellen sich darauf ein, mit längeren Haltezeiten niedrigere Renditen zu erzielen und weniger der ganz großen Übernahmen stemmen zu können. Wer wie nicht wenige Beteiligungsmanager lediglich darauf gesetzt hat, den Hebeleffekt hoher Kredite zu nutzen, um gute Renditen zu erwirtschaften, hat nun aber ein Problem. Die Auslese wird einigen Beteiligten Schmerzen zufügen: Anleger - Pensionsfonds, Versicherungen, Banken und Stiftungen - werden in Hedge- und Beteiligungsfonds investiertes Geld verlieren, Banken weniger Gebühren kassieren und Unternehmen weniger Risikokapital erhalten. Aktienanleger wird es treffen, weil der Übernahmerausch bislang manche Kurse getrieben hat. Ein zweites Zeitalter der Gier neigt sich dem Ende entgegen. Das erste hatte Tom Wolfe in seinem Buch „Fegefeuer der Eitelkeiten“ in den achtziger Jahren beschrieben. An dem zweiten Buch arbeitet er gerade. Text: F.A.Z., 07.08.2007, Nr. 181 / Seite 9 |