angesprochen, die nicht direkt mit Porsche zu tun haben, also hier mein Senf dazu. Zunächst zu Europa: Einmal mehr zeigt sich, dass eine wirklich großartige Idee allmählich durch ein bürokratisches Korsett ad absurdum geführt wird. Mir tut es innerlich schon weh, weil ich großer Europa-Fan bin und beruflich einmal fast als lebenslanger Beamter in der Brüsseler Szene gelandet wäre. (War aber dann doch nicht so und es war gut so.) Man kann nicht die Tatsache leugnen, dass der Nationalismus in allen EU-Staaten auf dem Vormarsch ist und auf absehbare Zeit wohl auch die besseren Argumente hat. Das Schlüsselland ist dabei natürlich D, weil man hier wie nirgends sonst in Europa zu früheren Zeiten bereit war, das nationale gegen ein europäisches Jackett zu tauschen und das bürokratische Aberteuer zu finanzieren. Die Vergewaltigung des Volkes durch die Eliten mit der Euro-Einführung verbunden mit den - ebenfalls von den Eliten verordneten - 20 Jahren Leid und Entbehrungen nach der Wiedervereinigung haben aber das Vertrauen der Leute in D so sehr erschüttert, dass ich mit Blick auf die europäische Idee pessimistisch geworden bin. Der beste Spiegel für den gegenwärtigen Zustand Europas ist das Kernland Belgien - ein Blick darauf und man weiß eigentlich alles. Erinnert schon - zumindest mich - ein wenig an den Zusammenbruch der UdSSR, deren lange Zeit als sehr fortschrittlich wahrgenommene Grundidee mit der Zeit durch die bürokratisch-triste Realität ad absurdum geführt wurde. Und auch hier durch Nationalismus abgelöst wurde, der scheinbar immer dann zum Zuge kommt, wenn die "größeren" Ideen scheitern. Auch hier - wie jetzt mit Blick auf D und die EU - war der Schlüssel der plötzliche Nationalismus des wichtigsten und dominierenden Mitgliedsstaates (also RUS), der sich vom sowjetischen Nationalismus loslöste und ganz andere, neue und unsozialistisch-unkommunistische Vorstellungen von der weiteren Entwicklung des Landes entwickelte. Mit ein bisschen Nationalismus an den Rändern wäre die SU klargekommen, aber sie ist - wie Genscher völlig zurecht immer wieder sagt - zuerst im Zentrum implodiert und erst später an den Rändern zerfallen. Der russische Nationalismus war Jahrzehnte lang identisch mit dem sowjetischen und als er es plötzlich nicht mehr war, ging der Zerfall sehr schnell. Ähnliches könnte in Europa passieren, wenn D nicht mehr bereit ist, seine nationalen Interessen mit denen Europas gleichzusetzen. Dass diese identisch sind, ist ein Grundpfeiler der EU, auch wenn es nüchtern betrachtet eigentlich schon immer eine recht krude Vorstellung war. Und apropos RUS: Deine Anmerkungen sind dem Klischee näher als der Realität, aber ich mache dir das nicht zum Vorwurf, weil Du ein normaler Medienkonsument bin und Dir offensichtlich persönliche Erfahrung fehlt. Mit Rus ist es wie mit einem Theater und dem Bühnenvorhang. Auf der Bühne spielt ein Stück, das von allen Seiten kommentiert wird - von den westlichen grundsätzlich (zu) kritisch, von den eigenen (zu) schönfärberisch. Du hast jetzt die vielen kritischen Stimmen aufgezählt, die zum Teil natürlich Recht haben, aber zu einem sehr beträchtlichen Teil auch Unrecht. Das Lustige ist (nach meiner persönlichen Erfahrung), dass jeder Westler, der mal hinter den Vorhang schauen darf oder gar mitmachen, ein großer Russland-Fan wird. Man kann sich jetzt lange überlegen, warum das so ist, ich habe es aber immer wieder so beobachtet und bislang keine Ausnahme erlebt. Selbst die westlichen Journalisten, die permanent im Auftrag ihrer Redationen kritisch über das Theaterstück schreiben, haben ein richtig geiles Leben dort, das sie nur ungern wieder gegen die dt. Realität eintauschen (müssen), wenn der Job sie nach Hause ruft. So ischs halt. Ein Investment als Kleinaktionär in RUS birgt jedenfalls eigentumsrechtlich keine größeren Risiken als hierzulande oder in USA. Denk an Enron, der ein krimineller Laden war und ohne Rücksicht auf wen auch immer plattgemacht wurde. Denk an HRE oder auch an den Diebstahl durch die Commerzbank. Vom neuen Markt will ich gar nicht reden, das war kriminell von A bis Z, wie es selbst in Russland nicht gegeben hat. Ich finde es auch völlig OK, wenn Behörden ihre Interessen durchsetzen und keine besondere Rücksicht auf die Eigentumsrechte nehmen, wenn Handeln erforderlich ist. Dafür hat ein Aktionär ein Gehirn und trägt das Risiko seiner Investments. Und nicht zuletzt: Wenn Du so ein großer Kritiker der korrupten russ. Politoligarchie bist, dann bist aber bei Porsche nicht ganz richtig. Die Piechs und Porsches können jedem russ. Oligarchenklan das Wasser reichen. Auch wenn sie gesitteter auftreten, sind sie eine wahre "Familie" im russischen oder auch italienischen Stil - nur ohne Knarren (wie ich hoffe!), weil man hier im Wirtschaftsleben offensichtlich (noch?) ohne auskommt. |