"Gerbrunn (aktiencheck.de AG) - Wie schnell sich gerade im Bereich der Rohstoffe die fundamentalen Rahmenbedingungen ändern können und wie wichtig daher kontinuierliche Informationen sind, kann man derzeit bei Zucker erkennen, so die Experten vom "Rohstoff-Trader".
Noch bis vor wenigen Wochen hätten nahezu alle Experten damit gerechnet, dass es in der laufenden 2008/09er Saison abermals zu einem erheblichen Überangebot komme. Mittlerweile werde das gänzlich anders gesehen und von daher müsse man sich trotz der unverändert angespannten Gesamtmarkt-Situation bei Rohstoffen die Frage stellen, ob sich bei Zucker eventuell eine vielversprechende Long-Chance anbahne.
Kürzlich habe sich die Internationale Zucker-Organisation zu Wort gemeldet und beziffere den Bedarf im am 30. September begonnenen neuen Wirtschaftsjahr auf 165,9 Millionen Tonnen. Gegenüber den 163,3 Millionen Tonnen in 2007/08 stelle das ein nicht unerhebliches Plus dar. Das amerikanische Landwirtschaftsministerium rechne zur Stunde lediglich mit 162,8 Millionen Tonnen. Allerdings sei zu beachten, dass diese Zahl bereits einige Monate alt sei und daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Wert nach oben korrigiert werde.
Immerhin erkenne die Behörde ausweislich ihres jüngsten Reports vom Dienstag eine zunehmende Ethanol-Produktion. Auch wenn die Experten nach wie vor nicht an den ganz großen Siegeszug des Biosprits glauben würden, wollten sie nicht ausschließen, dass tatsächlich drei Millionen Tonnen Zucker mehr in den Tanks landen würden als vom USDA derzeit vermutet.
Dem tendenziell steigenden Verbrauch stünden signifikante Produktionsausfälle in diversen bedeutenden Erzeuger-Staaten gegenüber: Für Indien erwarte man aufgrund ungünstiger Witterungsbedingungen einen Rückgang um zehn Prozent auf nur noch 28 Millionen Tonnen. Teilweise werde sogar von einem Minus im Bereich von 16 Prozent gesprochen, weil sich viele Bauern wegen der niedrigen Preise auf Alternativen konzentrieren würden. Auch in Australien dürfte der Output aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle und des verminderten Einsatzes von Düngemitteln um zehn Prozent sinken.
Für Pakistan prognostiziere man einen Rückgang von 4,7 auf 3,7 Millionen Tonnen. Unterm Strich werde die globale Produktion zwischen 158,8 Millionen Tonnen (USDA-Schätzung) und 161,6 Millionen Tonnen (Internationale Zucker-Organisation) gesehen. Daraus resultiere eine Unterdeckung des Marktes von vier bis sieben Millionen Tonnen. Denn der weltgrößte Produzent Brasilien bringe es gerade einmal auf einen Zuwachs von gut einer Million auf 32,8 Millionen Tonnen.
Wer nun jedoch befürchte, seinen Frühstücks-Kaffee bald ungesüßt trinken zu müssen, übersehe die üppigen Lagerbestände. Gegenwärtig würden sich die Ending-Stocks auf rekordverdächtige 42,7 Millionen Tonnen belaufen. Daraus errechne sich ein Verhältnis von Vorräten und Verbrauch von 26 Prozent, was dem dritthöchsten Wert in der zurückliegenden Dekade entspreche. Im Schlepptau der erwähnten Unterversorgung werde dieser Wert in der laufenden Saison zwar auf 24 Prozent fallen. Von echten Versorgungsengpässen könne trotzdem keine Rede sein. Solche seien aber letztlich auch gar nicht notwendig, damit die Preise anziehen würden.
Die Experten vom "Rohstoff-Trader", die schon etwas länger am Markt präsent sind, fühlen sich unweigerlich an das Jahr 2005 erinnert. Damals seien die Lagerbestände noch erdrückender gewesen und es sei lediglich zu moderaten Rückgängen gekommen. Dessen ungeachtet habe der Süßstoff eine "Rally" auf's "Börsenparkett" gelegt, die sich "gewaschen" habe. Zwar dürfte damals die überschwängliche Ethanol-Fantasie eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben, die heute so sicher nicht mehr bestehe. Dennoch könnten sich die Experten vorstellen, dass Zucker in den kommenden Monaten eine Verteuerung erfahre. Für ein sehr gutes diesbezügliches Zeichen würden sie insbesondere die relativ stabile Kursentwicklung im Vergleich zu anderen Rohstoffen erachten.
Nicht eindeutig präsentiere sich hingegen die technische Lage. Der Abwärtstrend seit Ende September sei unverändert intakt. Allerdings habe sich in den vergangenen Wochen ein neuer zarter Aufwärtstrend etabliert. Der MACD stehe auf "kaufen" und die Stochastik befinde sich auf dem besten Wege, ebenfalls ein entsprechendes Signal zu generieren. Zudem taste sich der RSI langsam aber sicher in den "bullishen" Bereich über 50 vor. Im Bereich von 11,50 US-Cents scheine der Markt einen tragfähigen Boden ausgebildet zu haben.
Dennoch sollten technisch orientierte Trader zumindest noch den nachhaltigen Sprung über die 18-Tage-Linie bei etwa 12,00 US-Cents abwarten. Gelinge dieser, habe Zucker ein Aufwärtspotenzial bis 13,00 oder sogar 13,50 US-Cents. Entsprechende Positionen sollten mit einem Stopp knapp unterhalb des angesprochenen Supports bei 11,50 US-Cents abgesichert werden. (20.11.2008/ac/a/m)"
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