Ich habe die Übernahme-Meldung wie folgt verstanden:
Schaeffler bietet den freien Vitesco Aktionären für ihre Aktien eine Barzahlung von 91 € je Aktie an. Vistesco hat ca. 40,02 Mio Aktien ausstehend. 91 € ergeben eine MKAP von 3,641 MRD €. 49,94% der Aktien gehören der Familie Schaeffler (INA-Holding) und sind vom Barausgleich ausgenommen. Somit benötigt Schaeffler für den Barausgleich ca. 1,82 MRD EUR. Hierfür hat man sich offenkundig bereits eine kurzfristige Fremdfinanzierung gesichert.
Die Vitesco Aktien der Familie Schaeffler sollen im Rahmen eines Aktientauschs eingebracht werden, sprich Schaeffler wird im Gegenzug zur Einbringung der Vitesco-Beteiligung neue Aktien ausgeben (= Kapitalerhöhung). Dass man im Netz Kommentare einzelner Analysten liest, die behaupten, Schaeffler könne und wolle die Vitesco Übernahme ohne Kapitalerhöhung durchführen, ist offenkundig FALSCH! Das 50% Vitesco Aktienpaket der Familie Schaeffler soll durch eine Kapitalerhöhung finanziert werden.
Wenn CEO Rosenfeld allerdings ernsthaft davon spricht, die Familie Schaeffler werde nach der Vitesco Übernahme mit 70% beteiligt sein, heißt das wohl, dass auch die kurzfristige Fremdfinanzierung für den Barausgleich schlussendlich durch eine Kapitalerhöhung finanziert werden soll. Die Berechnung dazu ist einfach:
Stand bisher: Familie Schaeffler: 500 Mio Stammaktien Freefloat: 166 Mio Vorzugsaktien => Gesamt 666 Mio Aktien, davon 500/666 = 75% Familie Schaeffler
Würde nur das 50% Aktienpaket der Familie Schaeffler via Kapitalerhöhung finanziert, würde sich die Beteiligung der Familie Schaeffler bei Ausgabe von 333 Mio neuer Schaeffler Aktien im Wert von ca. 5,50 € je Aktie (Gesamtwert der Gegenleistung: 1,83 MRD EUR) nach Vitesco Übernahme von 75% auf 83,3% (= (500+333)/(666+333)) steigen.
Soll die Beteiligung der Familie Schaeffler hingegen nach der Vitesco Übernahme von 75% auf nur noch ca. 70% fallen, heißt das für mich, dass auch der mit kurzfristigem FK finanzierte Barausgleich i.H.v. ca. 1,82 MRD EUR mindestens teilweise durch eine Kapitalerhöhung finanziert werden soll. Gesetzt den Fall, dass Familie Schaeffler für den 50% Vitesco Anteil tatsächlich 333 MIO neue Aktien erhält und nach der Übernahme nur noch mit 70% an Schaeffler beteiligt sein soll, müssen für die Finanzierung des Barausgleichs zusätzlich 191 Mio neue Aktien ausgegeben werden, damit gilt:
Beteiligung der Familie Schaeffler nach Kapitalerhöhung: (500+333)/(666+333+191)=70%
Das bedeutet, dass die Vitesco Übernahme - entgegen einiger dümmlicher Analystenkommentare - in erheblichem Maße via Kapitalerhöhung finanziert wird.
In meinem Rechenbeispiel: 524 Mio neue Stammaktien zu 5,50 € = 2,882 MRD EUR Kapitalerhöhung, davon 333 MIO Aktien im Wege des Aktientauschs (Einbringung 50% Vitesco Anteil durch Familie Schaeffler) und 191 Mio Aktien zu 5,50 € = 1,05 MRD € i.R. Barkapitalerhöhung zur teilweisen Ablösung der 1,82 MRD Fremdfinanzierung.
Es kotzt mich offen gestanden an, dass Schaeffler dem Kapitalmarkt bis heute kein Finanzierungskonzept für die Vitesco Übernahme vorgelegt hat und damit Spekulationen betriebswirtschaftlich und mathematisch offenbar nur mäßig begabter Analysten Tür und Tor geöffnet hat. Die übliche Standardreaktion des Kapitalmarkts beim Thema "Kapitalerhöhung" heißt Kurseinbruch... was im Fall der Finanzierung einer Unternehmensübernahme freilich betriebswirtschaftlich Schwachsinn ist, wenn sich der Wert des übernommenen Unternehmens und der Wert der hierfür begebenen neuen Aktien entsprechen. Würde das Tauschverhältnis zwischen Schaeffler und Vitesco Aktien betriebswirtschaftlich korrekt auf Grundlage einer Unternehmensbewertung der Firma Schaeffler vor und nach Übernahme ermittelt werden, würde die Kapitalerhöhung zu keiner Verwässerung der Bestandsaktionäre führen. Vermutlich kommt es indes anders und das Verhältnis für den Aktientausch mit der Familie Schaeffler wird auf Grundlage des irrwitzig niedrigen Schaeffler Börsenkurses (aktuell 5,50 €) auf der einen Seite und des eine erhebliche Übernahmeprämie beinhaltenden Übernahmepreises i.H.v. 91 € bestimmt. Da der objektivierte Unternehmenswert der Schaeffler AG um Welten über dem aktuellen Aktienkurs liegt, würde ein am Aktienkurs bemessenes Tauschverhältnis einen erheblichen Übersprung stiller Reserven von den Altaktien auf die neu ausgegebenen Aktien auslösen. Insofern müssten die Altaktionäre der Schaeffler AG spätestens jetzt ihr Interesse an einem höchstmöglichen Aktienkurs entdecken, um das Tauschverhältnis des geplanten Aktientauschs möglichst vorteilhaft zu gestalten.
Wie gesagt, es ist einfach zum Kotzen, dass Schaeffler bei Meldung der Übernahme kein schlüssiges Finanzierungskonzept vorgelegt hat. Die von Hr. Rosenfeld auf 70% bezifferte Beteiligung der Familie Schaeffler nach Durchführung der Übernahme ist ausgehend von der bisherigen 75% Beteiligung nur mit einer zur Teilablösung der kurzfristigen Fremdfinanzierung durchgeführten Barkapitalerhöhung umsetzbar.
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