Solar- und Windaktien - Viel Luft für Spekulationen (EurAmS)
§ § Übernahmehoffnungen treiben derzeit die Kurse von Solar- und Windaktien. Wo solche Gedankenspiele tatsächlich Sinn machen, wo nicht
von Joachim Spiering, Euro am Sonntag
Das war ja klar: Kaum hatte der französische Atomkonzern Areva Anfang der Woche ein Übernahmeangebot für den deutschen Windanlagenbauer Repower vorgelegt, setzte bei vielen Anlegern reflexartig ein bekannter Mechanismus ein. In der Hoffnung, dass auch andere Titel aus der Ökobranche als Übernahmeziele in Frage kommen könnten, stürzten sie sich förmlich auf die interessantesten Werte.
Die Folge: Fast die ganze Woche über gehörten sowohl der Repower-Konkurrent Nordex als auch die Solarwerte Solarworld, Q-Cells, Conergy, Ersol und Solon zu den begehrtesten Aktien. Das Interessante daran: Diesmal machen Übernahmespekulationen sogar Sinn. Zumindest bei einigen Firmen.
Vor allem Nordex, Ersol und Q-Cells bieten sich für solche Gedankenspiele an. Bei Nordex sind zwei Finanzinvestoren, die im Zuge der Restrukturierung eingestiegen waren, die größten Anteilseigner: CMP Fonds ist mit über 26 Prozent beteiligt, Goldman Sachs mit gut 17 Prozent. Beiden wird kein strategisches Langfrist-Investment nachgesagt. "Haltefristen gibt es keine mehr", so Nordex-Sprecher Felix Losada.
Bei Ersol wiederum hält die Düsseldorfer Private Equity-Gesellschaft Ventizz 51Prozent der Aktien. Zwar will Ventizz-Vertreter Holger Schmitz mögliche Verkaufsabsichten "nicht kommentieren", ein klares Nein ist das aber auch nicht. "Ersol wird schon länger als möglicher Übernahmekandidat genannt", weiß Robert Schramm, Analyst bei Independent Research.
Noch konkreter sind die Gedankenspiele bei Q-Cells. Hier wird schon länger spekuliert, dass die norwegische Firma Renewable Energies, die ebenfalls in der Solarindustrie unterwegs ist, den Laden übernehmen könnte. "Der Grund liegt in der gleichen Aktionärsstruktur", erklärt Schramm. So ist Good Energies, eine Investmentgesellschaft der C&A-Eignerfamilie Brenninkmeyer, nicht nur an Q-Cells mit 26 Prozent beteiligt, sondern auch an Renewable Energies (34 Prozent). "Das schafft natürlich Raum für Spekulationen", meint Schramm. Auch bei dem Berliner Solarmodulhersteller Solon gab es zuletzt Übernahmegerüchte, nachdem der Großaktionär und einstige Wella-Inhaber Immo Ströher sein 35-Prozent-Paket innerhalb der Familie umgeschichtet hat. Doch Solon-Chef Thomas Krupke winkt ab. "Das sind nur Gerüchte.
Mir ist nicht bekannt, dass Herr Ströher Aktien verkaufen will". Solarworld und Conergy kommen als Übernahmekandidaten dagegen kaum infrage. Bei Solarworld halten Firmengründer und -chef Frank Asbeck und seine Familie 26 Prozent der Aktien. Asbeck selbst hat mehrfach klar gesagt, dass für ihn ein Verkauf nicht infrage komme. Auch Conergy-Chef und -Gründer Hans-Martin Rueter würde ein Übernahmeangebot ablehnen. "Vorstand und Aufsichtsrat halten über 40 Prozent der Aktien. Für uns gibt es überhaupt keine Gründe, Aktien zu verkaufen. Jetzt geht das Geschäft ja erst richtig los".
Zwar könnnten potenzielle Käufer auch hier den freien Aktionären ein interessantes Angebot unterbreiten und so in den Besitz von mehr als 50 Prozent der Anteilsscheine kommen, doch hätten die Aufkäufer dann wohl das Management gegen sich. "Das würde keinen Sinn machen", sagt Analyst Robert Schramm.
Übernahmegerüchte um etablierte Firmen aus der Wind- und Solarbranche mit guten Produkten, modernsten Herstellungsanlagen und einem starken Vertriebsnetz dürften künftig immer wieder auftauchen. Schließlich gilt die Ökobranche als Wachstumsmarkt, in dem sich viel Geld verdienen lässt. So hat Siemens 2004 den dänischen Windmühlenbauer Bonus, einen der größten Konkurrenten von Nordex, gekauft. Und General Electric (GE), der weltweit größte Mischkonzern, hat erneuerbare Energien als eines seiner künftigen Wachstumsfelder definiert. Bereits 2002 übernahm GE aus der Konkursmasse des Energiehändlers Enron den deutschen Windrad- Hersteller Tacke.
Wie gut die Geschäfte in der Windbranche laufen, zeigt das Beispiel Nordex. Die Firma will den Umsatz in den kommenden Jahren von geschätzten 500 Millionen im Jahr 2006 auf zwei Milliarden Euro steigern. Auch die Solarbranche geht von klar zweistelligen Steigerungsraten weltweit aus. "Wir erwarten vor allem 2008 ein sehr starkes Wachstum", sagt Conergy-Chef Rueter. Grund: Durch neue Kapazitäten bei der Herstellung des Rohstoffs Solarsilizium sowie neue Produktionsstätten in der Dünnschichttechnologie seien dann von der Angebotsseite her keine Engpässe mehr zu erwarten. Neben Mischkonzernen wie Siemens oder GE gelten vor allem die großen Energiekonzerne à la Areva als potenzielle Kaufkandidaten. Auch die deutschen. Denn was viele Anleger nicht wissen: Während RWE und E.on auf dem heimischen Markt vor allem die Atomkraft protegieren, investieren sie im europäischen Ausland verstärkt in Windparks.
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