Von dem Amerikaner Fred C Kelly, dem Autor des Buchs Why you win or lose, stammt folgende Anekdote:
Ein kleiner Junge ging die Straße hinunter, als er einen alten Mann erblickte, der versuchte, wilde Truthähne zu fangen. Dazu hatte der Mann eine Truthahn-Falle gebaut. Diese Falle bestand aus einer Transportkiste, die mit einer Falltür versehen war. Die Tür wurde durch einen Pfosten gestützt, an dem eine lange Reißleine befestigt war. Eine dünne Spur von Getreidekörnern hatte der Mann so gelegt, dass sie in die Kiste führte, um die Truthähne genau dorthin zu locken. Wenn nun genügend Truthähne in der Kiste waren, brauchte er nur noch die Reißleine zu ziehen und die Tür fiel zu.
Der Mann saß also nun vor seiner Falle und wartete, dass sein Plan aufging und möglichst viele Truthähne in seine Falle tappten. Und tatsächlich, eines Tages befanden sich ganze 12 Truthähne in der Kiste und der alte Mann freute sich riesig! Er wartete darauf, dass vielleicht noch ein weiterer Truthahn in die Falle tappen würde, dann wollte er sie zuschnappen lassen. Leider verließ aber ein Truthahn die Kiste und er ärgerte sich, dass er sich nicht mit zwölf Truthähnen zufrieden gegeben hatte: »Ich hätte bei zwölf Schluss machen sollen«, sagte der Mann »Ich werde noch einen Moment warten, vielleicht geht er ja wieder rein.«
Doch es kam leider anders. Nicht nur, dass der Truthahn nicht wieder in die Kiste zurückging.Stattdessen türmten noch zwei weitere Vögel aus der Falle. »Zehn würden mir auch reichen. Sobald einer von den dreien wieder drin ist, werde ich die Reißleine ziehen«, dachte der Alte Die Truthähne kehrten jedoch nicht wieder zurück. Die Anzahl der in der Kiste befindlichen Vögel nahm stetig ab. Immer wieder hoffte der Mann, nur einen Truthahn mehr zu fangen, als sich gerade in der Falle befanden.Immer wenn ihm ein weiterer Truthahn entwischte, war er fürchterlich enttäuscht. Er konnte sich nicht damit abfinden, dass von den ursprünglichen Truthähnen keiner mehr zurückkehrte. Als schließlich nur noch ein einziger Vogel in der Falle saß, sagte sich der Mann resignierend: »Ich warte jetzt entweder solange, bis der auch draußen ist oder aber es kehrt doch noch ein Truthahn zurück. Dann werde ich die Falle zuschnappen lassen.« So verließ auch der letzte Truthahn die Kiste, um sich seinen Artgenossen anzuschließen. Der Mann kehrte mit leeren Händen nach Hause zurück.
Die Parallelen zur Börse Dieses kleine Beispiel zeigt im Verhalten des alten Manns eine erstaunliche Parallele zur Denkweise eines normalen Anlegers. Der Mann konnte die Hoff nung nicht aufgeben, dass einige der ursprünglichen Truthähne zurückkehren würden. Dies ist auch die typische Einstellung eines Anlegers, der sich einige Zeit nach einem Kurshoch nicht entscheiden kann zu verkaufen, obwohl er im Gewinn liegt. Er hofft, dass sich der Kurs wieder erholt und sein ursprüngliches Hoch wieder erreicht.
An der Wall Street gibt es dazu ein alte Sprichwort: »Bullen machen ihr Geld und Bären machen ihr Geld Schweine aber werden geschlachtet « (Bulls make money, bears make money, pigs get slaughtered). Man kann an der Börse Geld gewinnen, egal ob man auf steigende oder fallende Kurse setzt. Nur das gierige Schwein, das dem Gewinn ohne jede Strategie hinterher jagt, verliert immer Geld! (Gier frisst Hirn!) Mit anderen Worten: Seien Sie nicht gierig!
Wie sich selbst gestandene Börsianer in Demut üben, zeigt das Beispiel der Börsenlegende Bernard Baruch (1870 bis 1965). Baruch war ein US-amerikanischer Finanzier und Börsenspekulant. Er prägte den Ausspruch: »Das erste und das letzte Drittel einer Aufwärtsbewegung überlasse ich anderen, mir reicht das zweite Drittel.« Der Autor meint: Nehmen also auch Sie das mit, was Ihnen der Markt gibt und seien Sie zufrieden damit! Und trauern Sie der Aktie bloß nicht nach, auch nicht, wenn sie nach dem Verkauf doch noch weitersteigen sollte. Daher gilt ab jetzt: Aus dem Depot, aus dem Sinn!
Goerke fragt den Leser: Erkennen Sie sich eigentlich in dem Beispiel mit dem Mann und seiner Truthahnfalle wieder? Der Autor glaubt, jeder, der sich einige Jahre mit dem Handel an der Börse beschäftigt kennt diese Situation. Der Fallensteller hatte keinen Plan und er hatte keine Disziplin. Stattdessen ließ er sich von seiner Gier und einem Gefühl der Hoff nung treiben.
Außerdem war sein Handeln geprägt von Unentschlossenheit und Entscheidungsschwäche. Jeder dieser Punkte allein macht einen Börsianer schon zum Verlierer. Erst recht aber, wenn diese Einstellungen und Eigenschaften auch noch alle in einer Person zusammentreffen!
Buchbesprechung Zur richtigen Zeit im richtigen Markt Von Ralf Goerke
http://www.tradersjournal.de/aktuelle-ausgabe.html ----------- An der Börse ist alles möglich, auch das Gegenteil. André Kostolany
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