Eichels Sparkonzept gerät ins Wanken

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eröffnet am: 28.10.02 08:04 von: Trader Anzahl Beiträge: 2
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28.10.02 08:04

1943 Postings, 8864 Tage TraderEichels Sparkonzept gerät ins Wanken


Schröder will Spendenabzug erhalten. Neue Regelungen bei Dienstwagen und Eigenheimzulage im Gespräch

Von Cornelia Wolber, Die Welt

Berlin - Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) versteht die Welt nicht mehr. Nach mühsamem Ringen hat sich Rot-Grün während der Koalitionsverhandlungen auf sein Finanzkonzept für die nächsten vier Jahre verständigt. Danach sollen durch Streichen von Steuervergünstigungen und Ausgabenkürzungen insbesondere im Sozialbereich allein im kommenden Jahr 14,4 Milliarden Euro mehr in die Kassen von Bund, Ländern und Kommunen fließen. Bei Unterzeichnung des Vertrages waren sich noch alle einig, dass diese zum Teil schmerzlichen Einschnitte sein müssten. Doch mittlerweile bröckelt die Front.

Am Wochenende sprach sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) höchst selbst gegen die geplante Streichung des Spendenabzugs für Kapitalgesellschaften aus. Zuvor hatte die Automobilindustrie bei ihm gegen die geplante Verschärfung der Besteuerung von Dienstwagen protestiert. Beim Superminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement (SPD), stapeln sich Brandbriefe energieintensiver Unternehmen, die gegen die Einschränkung der Ausnahmeregelungen bei der Ökosteuer protestieren. Die Gaswirtschaft quält Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) mit Fragen, warum jetzt plötzlich auch sie Ökosteuer zahlen soll. Und der neue Superminister für Verkehr, Wohnungsbau und Aufbau Ost, Manfred Stolpe, hat sich über Nacht zusammen mit Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (beide SPD) an die Spitze derer gestellt, die gegen die geplanten Änderungen bei der Eigenheimzulage protestieren. Und vermutlich werden sich alle mehr oder weniger mit ihren Forderungen durchsetzen.

Damit wankt das ohnehin sehr optimistisch kalkulierte Finanzkonzept von Eichel. Zumal auch die geplanten Ausgabenkürzungen bei der Bundesanstalt für Arbeit und der Arbeitslosenhilfe in Höhe von 7,4 Milliarden Euro angesichts des massiven Protestes der Gewerkschaften alles andere als sicher scheinen. Gebetsmühlenartig predigt der Kassenwart daher, dass Änderungen nur dann erfolgen können, wenn gleichzeitig Vorschläge gemacht werden, wo das Geld an anderer Stelle eingespart werden soll. Doch damit tun sich die Koalitionäre schwer.

Für sich genommen klingen die Argumente gegen die entsprechenden Sparpläne allesamt logisch. "Wir brauchen privates Engagement in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und auch Soziales", sagte Schröder im Interview mit dem "Tagesspiegel" und entschied, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit für Spenden erhalten bleibt.

Der Bundesverband der Deutschen Automobilindustrie (VDA), warnte, dass die schärfere Besteuerung von Dienstwagen, die zusätzlich 435 Millionen Euro bringen soll, den Absatz von Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse gefährde. Gerade dieses Segment aber habe sich als besonders konjunkturrobust erwiesen. Zusätzliche Belastungen hier würden das Ziel, die Wirtschaft zu fördern, geradezu konterkarieren.

Ähnlich hatte die Gaswirtschaft gegen die Anhebung der Gassteuer von 0,36 Cent auf 0,58 Cent pro Kilowattstunde argumentiert, die jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 1,073 Milliarden Euro bringen soll. Durch diese Zusatzbelastung würden die Ziele der ökologischen Steuerreform unterlaufen. Auch der Protest gegen die geplante Besteuerung von Aktiengewinnen zeigt offenbar Wirkung, wenngleich das Bundesfinanzministerium Berichte, wonach die Maßnahme um ein Jahr verschoben werden soll, als "reine Spekulation" zurückwies. Nach den Worten der finanzpolitischen Sprecherin der Grünen, Christine Scheel, müssen alle Elemente der Koalitionsvereinbarung noch einmal genau auf ihre Auswirkung abgeklopft werden. Das gelte auch für die geplanten Änderungen bei der Eigenheimzulage, die zusammengestrichen und künftig nur noch Familien zugute kommen soll.

Stolpe sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", er sei darüber "nicht glücklich". Die Bauwirtschaft benötige dringend Aufträge. Die Pläne könnten nur umgesetzt werden, wenn gleichzeitig kommunale Infrastrukturprogramme für Aufträge in den Innenstädten sorgten. Dann könne er besser damit leben, dass "ein, zwei oder drei Einfamilienhäuser weniger gebaut werden". Gabriel sprach sich dafür aus, dass zumindest Familien mit geringem Einkommen weiterhin eine Grundförderung erhalten sollten.

Buß- und Bettag wird es ernst

Angesichts der massiven Proteste gegen die rot-grünen Sparpläne, sollen alle Elemente noch einmal genau auf ihre Auswirkungen abgeklopft werden. Das kündigte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel an. Viel Zeit bleibt nicht. Laut Plan sollen die Steuergesetze am 20. November vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Am gleichen Tag will Bundesfinanzminister Hans Eichel der Regierung auch den Entwurf für einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr sowie den Entwurf für den Etat 2003 samt mittelfristiger Finanzplanung bis 2006 präsentieren. "Dafür scheint uns der Buß- und Bettag das richtige Datum", heißt es im Bundesfinanzministerium dazu selbstironisch. Nach den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen am 2. Februar wollen die SPD-regierten Länder dann offenbar auch mit ihrer angekündigten Initiative zur Wiedereinführung der Vermögensteuer und Verschärfung der Erbschaftsteuer Ernst machen. cw

Gruß
Trader  

28.10.02 08:42

3862 Postings, 8480 Tage flexoSPD: Verbände und Interessengruppen vor Durchbruch

beim durchsetzen ihrer Interessen? Stillstandphase auf die nächsten 4 Jahre ausgedehnt.  

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