Nicht, dass einem die US-BIP-Zahlen (aktien-)strategisch groß weiterhelfen würden. Sonst hätte man den laufenden Zyklus schon Anfang 2005 abschreiben müssen.
Im ersten Quartal 2005 wurden ja nominale Ausrüstungsinvestitionen von annualisiert 1012 Mrd. $ geschätzt, was einem Anteil am nominalen BIP von 8,3 Prozent entsprach - und damit dem zweithöchsten Wert nach dem Zweiten Weltkrieg, wenn man einmal von der Investitionssause in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre absieht. Das hatte nicht nur darauf hingedeutet, dass von den Investitionen keine großen konjunkturellen Impulse mehr ausgehen konnten, sondern vor allem darauf, dass schon wieder Überkapazitäten geschaffen wurden, denen Margendruck folgen würde. Nach der ersten Schätzung für das dritte Quartal 2006, die wie immer mit besonderer Vorsicht zu genießen ist, haben die Firmen nominal 990,4 Mrd. $ in Ausrüstungsinvestitionen gesteckt, was einer nur leicht überdurchschnittlichen Quote von 7,4 Prozent des BIP entspricht. Keine Angst, die Investitionen sind nicht gefallen, gegenüber Q1 2005 haben sie nach dieser Schätzung gar um 9,6 Prozent zugenommen, stärker als das BIP. Nein, die Zahlenreihen sind in der Zwischenzeit einfach nur heftig revidiert worden. Und an den aktuellen Schätzungen gemessen bliebe das zyklische Umfeld für Aktien - der umgekehrten obigen Argumentation entsprechend - positiv. Das Dumme ist, dass der Abschwung am privaten Häusermarkt erst begonnen hat. Der Anteil der Bauausgaben der privaten Haushalte am BIP ist nach dem heftigen Rückgang über die vergangenen vier Quartale von acht Prozent zwar auf 5,7 Prozent des BIP gefallen. Das liegt aber immer noch knapp einen Prozentpunkt über dem Mittel seit 1947; während der Rezession 1982 fiel die Quote gar auf 3,2 Prozent - nachdem sie Ende der 70er-Jahre auf ähnlich hohe Niveaus gestiegen war wie jetzt. Natürlich ist die heutige Situation schon deshalb nicht mit den frühen 80er-Jahren zu vergleichen, weil die Geldpolitik gegenwärtig eher expansiv denn restriktiv ist. Bloß zeugt es schon von Verzweiflung, wenn die US-Häuserbauer ihren riesigen Vorrat an Eigenheimen im September im Median mit einem Preisabschlag von 9,7 Prozent zum Vorjahr in den Markt gedrückt haben. Fallende Preise erschweren aber die Beleihung von Immobilien. Nur zur Erinnerung: Allein im ersten Halbjahr haben die privaten US-Haushalte noch neue Hypotheken von 443,8 Mrd. $ aufgenommen, trotz sinkender Bautätigkeit. Und im Vergleich zu 1982 haben die Konsumausgaben der nimmersatten US-Verbraucher heute mit gut 70 Prozent einen um 6,5 Prozentpunkte höheren Anteil am BIP. Die US-Konsumprojektionen für 2007 bleiben, gelinde gesagt, etwas kühn. Dazu noch das wieder zunehmende reale Außenhandelsdefizit, den vermutlich ungeplanten Lageraufbau sowie die steigenden Anlageinvestitionspreise berücksichtigt, verheißen auch die aktuellen BIP-Zahlen (aktien-)strategisch insgesamt wenig Gutes. Natürlich werden auch sie noch revidiert. Nur passt diesmal eben auch die bisherige Q3-Gewinnsaison an der Wall Street ganz gut in das doch ziemlich gemischte Bild.
Von ftd.de, 22:52, 29.10.06 |