Die kriegerischen Absichten russischer Friedenstruppen
Von Jörg Himmelreich
Die blitzschnelle Eskalation des Konflikts in Südossetien zeigt vor allem eines: Die Krise kam den beteiligten Parteien sehr gelegen. Georgien will sich in den Westen integrieren - und Russland will genau das verhindern. Das Wohl der Südosseten spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Berlin - Der Südossetien- Konflikt schwelt schon seit März, aber er bewegte sich in den Bahnen der kontrollierten Instabilität, wie es seit dem russisch-georgischen Stillhalteabkommen vom 24. Juni 1992 fast schon zur Gewohnheit gewordenen war. Mit dem georgischen Angriff auf die südossetische Stadt Zchinwali am 8. August ist dieser "frozen conflict", wie die Diplomaten ihn nennen, endgültig zu einem heißen Stellvertreterkrieg geworden. Sein Eskalationspotential scheint derzeit kaum begrenzbar - und hat unmittelbare Auswirkungen für die Sicherheit Europas.
Dabei geht es noch am wenigsten um den Schutz und Wahrung einer eigenen südossetischen Nationalkultur und Identität. Sondern um die lokalen Geschäfte des selbsternannten und von keinem Staat anerkannten Präsidenten des südossetischen De-facto Regimes - Eduard Kokoity. Seine Machenschaften spielen einerseits den geopolitischen Interessen Russlands in die Hände - und nutzen andererseits Georgien, Europa und den USA.
Südossetien gehört schon seit dem fünften Jahrhundert zu Georgien. Aber an der seit 1991 proklamierten Unabhängigkeit - wohlgemerkt nicht an der Vereinigung mit dem russischen Nordossetien - lässt sich für Kokoity gut verdienen. Der Roki-Tunnel ist der einzige passierbare Grenzübergang nach Nordossetien - und eine viel genutzte Schmuggel-Route. Dieses Schlupfloch ist in der Hand von Kokoity und den sogenannten russischen Friedenstruppen.
Die Intervention trägt Putins Handschrift
Russland stellt auch die Friedenstruppen in Abchasien, der anderen separatistischen georgischen Konfliktregion am Schwarzen Meer. Die Entsendung der Schwarzmeerflotte nach Abchasien, die Bombardierung der georgischen Städte Poti und Gori und einer Flugzeugfabrik nahe der georgischen Hauptstadt Tiflis zeigen, wie Russland bestrebt ist, diesen Konflikt zu eskalieren. Und wie wenig Moskau daran gelegen ist, seiner offiziellen Aufgabe als Friedensmacht zu entsprechen.
Tatsächlich geht es darum, die Annäherung Georgiens an die Nato zu verhindern und Präsident Saakaschwili, den Initiator dieser Politik, zu stürzen. Der Besuch Putins in der Krisenregion unmittelbar nach seiner Peking-Reise zeigt deutlich, wessen Handschrift diese Intervention Russlands trägt. Sie belegen zugleich, auf welch schwachen Füßen die Macht des russischen Präsidenten Medwedjew steht - und welchen Wert seine öffentlichen Reden vom Schutze des Völkerrechts haben.
Die russischen Angriffe sind eine eklatante Verletzung des georgischen Territoriums - und zu denen auch mit russischen Pässen versehene Abchasen und Südosseten keinen Rechtsgrund geben.
Die Initiative Steinmeiers: spät und unzureichend
Seit Präsident Saakaschwili mit der "Rosenrevolution" 2004 an die Macht gelangte, wirbt er für ein verstärktes Engagement der USA und Europas, die Konflikte zu befrieden. Was Europa betrifft, vergeblich. Zwar ist Georgien Mitglied des europäischen Nachbarschaftsprogramms der EU, aber immer, wenn es um konkrete Verhütung und Begrenzung von Konflikten ging, blieb insbesondere Berlin - im Unterschied zu Schweden, Polen und den baltischen Staaten - recht kleinlaut.
Hinter - berechtigter - Kritik an den demokratischen Defiziten ließ sich die georgische Nachfrage nach europäischer Solidarität gerne verweigern. Die Initiative des deutschen Außenministers zur Befriedung des Abchasienkonflikts entsprang einer spät erwachten Erkenntnis über die Bedrohlichkeit der Situation vor Ort und ihrem Risiko für die europäische Sicherheit. Sie zeugte aber inhaltlich von überraschender Fehleinschätzung der lokalen Machtverhältnisse, indem sie in einem zweiten Schritt dem abchasischen separatistischen Regime die Rückkehr von 250.000 vertriebenen Georgiern schmackhaft machen wollte.
Ein Ende der Eskalation ist nicht abzusehen
Derzeit ist nicht abzusehen,wie weit Russland die Eskalation der Kriegsmaßnahmen treiben wird, selbst Bombardierungen und eine Besetzung weiter Teile Georgiens sind nicht auszuschließen. Auch unter Präsident Medwedjew zeigt Russland sein wahres Gesicht - man betreibt Machtpolitik. Es muss jeder mögliche internationale politische Druck auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgebaut werden, Russland von weiteren kriegerischen Akten abzuhalten.
Am Ende wird es auf Washington ankommen, Moskau die rote Linie aufzuzeigen, die nicht überschritten werden darf. Selbst wenn die Schwelle eines amerikanischen Eingreifens am Ende sehr hoch sein wird. Und für Berlin und Brüssel wird es an der Zeit, Georgien die europäische Solidarität zu gewähren, die ein europäischer Staat nach der Europarechts-Charta beanspruchen darf.
URL:
* http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,571144,00.html
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"...und wo ist Beeeheck? " |