Am Mittwoch legt die Commerzbank ihre Zahlen zum vierten Quartal vor. Analysten erwarten einen Vorsteuerverlust von fast 900 Millionen Euro. Nach dem Zusammenschluss mit der Dresdner Bank dürfte die Risikovorsorge drastisch steigen - Bankchef Martin Blessing muss erfolgreiches Krisenmanagement betreiben, um den weiteren Absturz der Aktie aufzuhalten.
Frankfurt am Main - Den Start in seinen neuen Job hat sich Commerzbank-Chef Martin Blessing einfacher vorgestellt: Seit Monaten ist der 45-Jährige nur noch mit akutem Krisenmanagement beschäftigt. Zweimal musste die zweitgrößte deutsche Bank bereits den Staat um Hilfe bitten, die Integration der Dresdner Bank läuft alles andere als glatt und das einst so langweilige Geschäft mit Staatsfinanzierungen reißt immer tiefere Löcher in die Bilanz.
Das Vertrauen scheint dahin: Der Aktienkurs der Commerzbank ist in den freien Fall übergegangen
© REUTERSDas Vertrauen bei Investoren hat die Bank damit offenbar schon verspielt: Die Aktie dümpelt seit Wochen auf einem Rekordtief von knapp über drei Euro herum, jede noch so kleine Negativ-Nachricht aus der internationalen Bankenwelt bringt den Kurs aufs Neue ins Rutschen.
Mit Spannung erwarten Investoren und Analysten am kommenden Mittwoch Aussagen zur künftigen Entwicklung der Bank. Finanzchef Eric Strutz will an diesem Tag die Ergebnisse des vierten Quartals 2008 präsentieren. Dass die Bank tiefrote Zahlen schrieb, wird allgemein erwartet: Von Reuters befragte Analysten rechnen im Schnitt mit einem Vorsteuerverlust von fast 900 Millionen Euro.
Und auch bei der seit Anfang 2009 zur Commerzbank gehörenden Dresdner Bank steht Schätzungen zufolge ein hoher Verlust in den Büchern. Deren Zahlen will ihr früherer Mutterkonzern Allianz aber erst ein paar Tage später veröffentlichen.
Vor allem das Staatsfinanzierungsgeschäft, das zum größten Teil bei der Commerzbank-Tochter Eurohypo liegt, dürfte massiv eingebrochen sein. "Ich glaube, dort liegt zur Zeit das größte Problem der Commerzbank", sagt Konrad Becker von Merck Finck. Er rechnet allein in dieser Sparte mit einem Minus von 1,4 Milliarden Euro. Rettende Erträge aus dem Neugeschäft fehlen - seit die Märkte eingebrochen sind, hat die Eurohypo Experten zufolge kaum mehr neue Kredite abgeschlossen.
Starker Anstieg der Risikovorsorge erwartet
Im laufenden Jahr wird die Commerzbank nach Einschätzung von Experten aber vor allem mit der Dresdner Bank zu kämpfen haben. Analysten von Sal. Oppenheim erwarten durch den Zusammenschluss einen drastischen Anstieg der Risikovorsorge auf über drei Milliarden Euro. Nicht nur Risiken in den Kredit- und Wertpapierportfolios der Investmentbank Dresdner Kleinwort dürften der Commerzbank Kopfschmerzen bereiten.
Auch im deutschen Mittelstandsgeschäft sind beide Häuser sehr aktiv. Und gerade dort droht angesichts der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten eine Pleitewelle. "Man kann davon ausgehen, dass fast jedes namhafte Unternehmen, das in den vergangenen Wochen pleiteging, bei der Commerzbank oder der Dresdner einen Kredit hatte", sagt eine Person aus dem Umfeld der Bank. Allein bei dem ins Straucheln geratenen Autozulieferer Schaeffler haben die beiden Institute Kreisen zufolge Kredite von zusammen fünf Milliarden Euro ausstehen.
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Die Bundesregierung in Berlin lässt sich Zeit mit einer Entscheidung, zu viele Aspekte für die Gründung einer "Bad Bank" sind noch ungeklärt. Und auch bei der Wirtschaftskrise ist kein schnelles Ende in Sicht. Das Krisenmanagement wird Blessing wohl noch eine Zeit lang beschäftigen.
Von Patricia Uhlig, Reuters |