17.03.2008 11:32 "Aktien noch überbewertet" Spätestens mit dem Fall Bear Stearns ist das Vertrauen in den Aktienmarkt dahin. Was also tun? boerse.ARD.de befragte Heino Ruland, Marktanalyst bei FrankfurtFinanz Partner. Heino Ruland, Branchenexperte von FrankfurtFinanz Partner (Quelle: Unternehmen) Heino Ruland, FrankfurtFinanz Partner
boerse.ARD.de: Herr Ruland, wie wahrscheinlich ist es, jetzt einen guten Einstiegszeitpunkt im Aktienmarkt zu haben?
Heino Ruland: Dazu ist es mit Sicherheit noch zu früh. Die Rezession, in der die USA bereits stecken, ist in den Gewinnschätzungen deutscher Unternehmen noch nicht eingepreist. Siemens mit seiner Gewinnwarnung ist nur der Vorreiter. Betrachtet man, dass der erwartete Gewinn pro Aktie bei diesem Schwergewicht von 6 auf 4,83 Euro heruntergesetzt wurde, ergibt sich bei der Bewertung ein ganz neues Bild. Zum zweiten greift der schwache Dollar nachhaltig in das Zahlenwerk der Unternehmen ein, wie sich zum Beispiel gerade bei MTU gezeigt hat. Es ist zu erwarten, dass bei den Zahlenvorlagen zum ersten Quartal die Ausblicke reihenweise gesenkt werden. Das gilt umso mehr für die Banken, deren Investmentbanking-Einheiten im ersten Quartal keinen Cent verdient haben. Mehr zum Top-Thema
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boerse.ARD.de: Wo dürfte der Boden im Aktienmarkt gefunden sein?
Ruland: Ich erwarte, dass die Unternehmensgewinne in diesem Jahr per saldo zurückgehen. Den fairen Wert für den Dax sehe ich auf Basis langfristiger Bewertungsdurchschnitte bei 5.000 bis 5.300 Punkten.
boerse.ARD.de: Was erwarten Sie noch aus den USA? War Bear Stearns das Ende der Fahnenstange?
Ruland: Mit Sicherheit nicht. So zeigt etwa die von der Fed für mindestens sechs Monate gewährte Kreditlinie für die Investmentbanken, dass die US-Notenbank sehr unsicher ist, was die Dauer der Krise angeht. Nicht zuletzt von Seiten der Private-Equity-Häuser und der Hedge Fonds wird noch eine ganze Menge kommen. Nach den Abwertungsproblemen bei Hypothekenanleihen kommen nun die bei den Aktienportfolios – die Kreditgeber der Fonds werden Nachschüsse verlangen, womit die Hedge Fonds in großem Umfang Wertpapiere verkaufen müssen.
boerse.ARD.de: Wo sind die sicheren Häfen?
Ruland: Ganz klar bei "Cash". Derzeit sind für Termingelder zwischen drei bis sechs Monaten über vier Prozent Zinsen zu erhalten. Selbst Bundesanleihen sollte man derzeit meiden – der Inflationsdruck dürfte auch hier noch zu Überraschungen führen.
boerse.ARD.de: Wie sieht es mit Gold aus?
Ruland: Gold ist derzeit ein reines Spiegelbild des Dollar, und spiegelt die Inflationserwartungen in den USA wider. Für Anleger aus dem Euro-Raum taugt es aber wenig als sicherer Hafen.
boerse.ARD.de: Was ist mit Immobilienfonds, die immer noch als der sichere Hafen angepriesen werden?
Ruland: Die sollte man auch meiden. Dabei muss man klar differenzieren: Immobilien in Deutschland sind bei weitem nicht so überbewertet wie in den USA, Spanien, Großbritannien oder auch Irland. Bei Fonds mit einem reinen Inlandsportfolio gibt es also noch keinen Grund zur Panik.
Das Gespräch führte Detlev Landmesser. |