Straßburg/Frankfurt (Reuters) - Die EU-Kommission hat grünes Licht für die Einführung des Euro in Slowenien Anfang 2007 gegeben, Litauen aber in die Warteschleife geschickt.
Slowenien erfülle die im EU-Vertrag festgeschriebenen Bedingungen, erklärte die Kommission am Dienstag in Straßburg. Das Land wird damit voraussichtlich das erste der zehn neuen osteuropäischen EU-Länder sein, das den Euro einführt. Litauen dagegen sei 2007 wegen einer zu hohen Inflation noch nicht reif für den Euro, sagte Währungskommissar Joaquin Almunia. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) stellte in ihrem Konvergenzbericht fest, dass die Teuerungsrate in Litauen im Referenzmonat März leicht über der zulässigen Höchstgrenze von 2,6 Prozent lag und in Slowenien darunter. Die EZB wies darauf hin, dass in beiden Ländern die Inflation im Aufwärtstrend liegt. Litauen forderte, trotzdem in den Euro-Club aufgenommen zu werden.
Die Euro-Einführung hängt davon ab, dass Inflation, Zinsen und Staatsschulden niedrig genug sind und der Wechselkurs in den vergangenen zwei Jahren zum Euro möglichst stabil war. Das Erfüllen dieser im Vertrag von Maastricht 1992 festgelegten Konvergenzkriterien soll sicherstellen, dass sich die Wirtschaft eines Landes der des Währungsgebietes weitgehend angeglichen hat. Nach den Analysen von Kommission und EZB werden das Europäische Parlament und die Staats- und Regierungschefs über die Aufnahmewünsche beraten. Die endgültige Entscheidung treffen die EU-Finanzminister voraussichtlich am 11. Juli.
EZB SIEHT INFLATIONSRISIKEN IN BEIDEN LÄNDERN
Wichtig für das Bestehen der Konvergenzprüfung ist, dass die Grenzwerte nicht nur in einem Monat, sondern dauerhaft eingehalten werden. Hier bestehen der EZB zufolge in beiden Ländern Risiken eines stärkeren Preisanstiegs, während alle anderen Bedingungen erfüllt sind.
"Es bestehen einige Aufwärtsrisiken in Litauen in den kommenden Jahren", schreibt die EZB. So stünden noch Steuererhöhungen auf EU-Niveau an, und die Gaspreise dürften steigen. Zudem könnten die Löhne im Zuge des wirtschaftlichen Aufholprozesses anziehen. Währungskommissar Almunia erklärte, die Preisstabilität in Litauen sei nicht von dauerhafter Natur. Die Teuerungsrate werde in den kommenden Monaten auf 3,5 Prozent steigen, und die Kommission habe deshalb dem baltischen Land ihre Hilfe beim Kampf gegen den Preisanstieg angeboten.
"Eine Reihe von Aufwärtsrisiken der Inflation sind auszumachen", heißt es im EZB-Bericht zu Slowenien, auch wenn hier zumindest in den kommenden Monaten die Teuerungsrate stabil bleiben werde. Es seien jedoch ebenfalls Erhöhungen von Steuern und staatlichen Preisen zu erwarten, die neben der kräftigen Binnennachfrage die Verbraucherpreise antreiben würden. Die Kommission erwähnt diese Risiken nicht.
LITAUEN DRÄNGT WEITER AUF AUFNAHME
Die Kommission hatte bereits zuvor signalisiert, dass sie Litauen ein Aufschub empfohlen werde. Die litauische Regierung hielt trotzdem an ihrem Plan fest, da das Inflationskriterium nur knapp verfehlt werde. Litauen kritisierte, die Regel sei überholt und will auf dem EU-Gipfel Mitte Juni für seine Aufnahme kämpfen. Finanzminister Zigmantas Balcytis forderte kurz nach dem Nein der Kommission, das Kriterium weit auszulegen und sein Land in den Euro-Raum hereinzulassen.
Der Preisanstieg lag in Litauen im März gerade mal 0,07 Prozentpunkte über der Grenze von 2,6 Prozent. Die Regel sieht vor, dass die Rate nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei EU-Länder mit der niedrigsten Inflation liegen darf. Mit Polen und Schweden waren zwei Länder maßgeblich, die dem Euro-Raum gar nicht angehören. Litauen fordert, nur von der Währungsunion auszugehen. Danach wäre zumindest in der Momentaufnahme die Voraussetzung erfüllt.
Die Balten finden Unterstützung von Volkswirten, die das Inflationskriterium ebenfalls für überarbeitungswürdig halten. Almunia wies solche Forderungen erneut zurück: "Wir werden die Kriterien des Vertrages nicht ändern." Im Interesse der gesamten EU müsse die Kommission jedes Land gleich behandeln.
Gegen den Beitritt Litauens sprechen vor allem politische Argumente, wie in Brüssel zugegeben wird. So fürchtet die EU, die größeren Beitrittsländer Polen, Ungarn und Tschechische Republik könnten ebenfalls Ausnahmen fordern. Kommission und EZB sorgen sich außerdem über eine weitere Erosion der Regeln für die Währungsunion, die mit der Reform des Stabilitätspakts bereits geschwächt wurden. Auch Deutschland, das nach Jahren übermäßiger Defizite die Paktreform selbst mit vorantrieb, scheut eine neue Diskussion über die Stabilität des Euro.
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