Das Drama von Bougainville Die Panguna-Mine ist seit 21 Jahren aus politischen Gründen geschlossen. Das könnte sich ändern
gb. FRANKFURT, 6. Januar. Der Ort: die nördlich von Australien gelegene, 8800 Quadratkilometer große Insel Bougainville, die politisch zu Papua-Neuguinea gehört und knapp 200000 Einwohner zählt. Die Zeit: Mitte Mai 1989. Das Unternehmen Bougainville Copper sieht sich gezwungen, die von ihm betriebene Panguna-Mine zu schließen. Der Grund ist ein auf Bougainville ausgebrochener Bürgerkrieg. Aufständische, die für die staatliche Unabhängigkeit der Insel eintreten, stören den Betrieb der Mine, die ihnen unter anderem wegen extremer Umweltverschmutzung und ihres ausländischen Großaktionärs unwillkommen ist.
Seit gut zwei Jahrzehnten wird in der Panguna-Mine nun nicht mehr gearbeitet. Die teure Infrastruktur ist verrottet oder zerstört. Dabei zählte Panguna in den Jahren 1972 bis 1989, in denen sie in Betrieb war, zu den größten kombinierten Kupfer- und Goldminen in der Welt. In der Weltrangliste der größten Minen befände sie sich heute zwar nicht mehr auf einem vorderen Platz. Aber die auf 3 bis 3,5 Millionen Tonnen Kupfer und knapp 13 Millionen Unzen Gold geschätzten Reserven wären auf der Basis der aktuellen Rohstoffpreise rund 50 Milliarden Dollar wert. Die jährliche Förderkapazität wird auf 170000 Tonnen Kupfer und 500000 Unzen Gold geschätzt. Selbst wenn keine zusätzlichen Reserven entdeckt würden, ließe sich die Mine auf der Basis der aktuellen Reservenschätzung rund 20 Jahre betreiben.
Die alte Betreibergesellschaft Bougainville Copper existiert immer noch. Ihre Aktie wird in Australien und in Deutschland gehandelt. Wer hier einsteigt, baut auf eine Wiedereröffnung der Panguna-Mine. Es handelt sich somit um ein extrem spekulatives Papier mit der Gefahr starker Kursschwankungen, da das Unternehmen derzeit nichts produziert, sondern nur ein geringes Restvermögen verwaltet und der Börsenwert überwiegend von der Hoffnung lebt. Das Kapital von Bougainville Copper befindet sich zu 54 Prozent im Besitz des Rohstoffriesen Rio Tinto. 19 Prozent hält die Regierung von Papua-Neuguinea. Die verbleibenden 27 Prozent gehören Privatanlegern, darunter nicht wenigen Bewohnern Bougainvilles. Der aktuelle Börsenwert des Unternehmens beträgt 645 Millionen Euro.
Die Panguna-Mine war für die Wirtschaft Papua-Neuguineas einmal sehr wichtig. Nach ihrer Schließung gingen die Staatseinnahmen um immerhin 20 Prozent zurück. Ein Grund des Bürgerkriegs bestand in der Praxis der Zentralregierung Papua-Neuguineas, die von Bougainville Copper seinerzeit ausgeschütteten Dividenden nur zu einem sehr geringen Teil nach Bougainville umzuleiten.
Spekulationen über eine Wiedereröffnung von Panguna hat es in früheren Jahren mehrfach gegeben. Diese Spekulationen sind daher mit Vorsicht zu genießen. Seit einigen Wochen sieht es nun so aus, als sollte ein neuer Vorstoß beginnen, begünstigt durch den Rohstoffhunger Chinas und die Erkenntnis der Politik auf Bougainville, dass ein Minenbetrieb die wohl einzige Möglichkeit für die bitter arme Insel darstellt, nennenswerte Einnahmen zu verbuchen. Zudem sind die alten Bürgerkriegskämpfer entweder nicht mehr am Leben oder müde geworden. Bougainville besitzt heute den Status einer autonomen Region innerhalb Papua-Neuguineas. Die Bevölkerung kann bis zum Jahr 2015 in einer Volksabstimmung über eine vollständige Unabhängigkeit entscheiden.
Vorbedingung für eine Wiederaufnahme der Förderung ist jedoch eine vertragliche Vereinbarung, der auch die bis vor kurzem ablehnenden Landeigentümer rund um die Mine zustimmen müssten. John Momis, der Präsident von Bougainville, sagt: "Wir wollen Panguna wieder eröffnen und reden darüber mit den Landeigentümern." Der Vorstandschef von Bougainville Copper, Peter Taylor, meint: "Der Schlüssel befindet sich bei den Landeigentümern."
Ende November 2010 haben sich die in sechs Gruppen zusammengeschlossenen Landeigentümer darauf geeinigt, sich an Verhandlungen über eine Wiederbelebung von Panguna zu beteiligen. Diese Gespräche könnten Ende Januar beginnen. Um das Projekt voranzubringen, erwägt die Regierung von PapuaNeuguinea, ihren Anteil von 19 Prozent an Bougainville Copper an die autonome Regierung in Bougainville und die Landeigentümer zu übertragen. Der Ausgang der Gespräche über ein neues Förderabkommen muss derzeit als offen gelten, zumal abzuwarten bleibt, welche Forderungen die Landeigentümer stellen werden.
Auch hat sich Rio Tinto noch nicht erklärt. Zeitungsberichte, wonach sich Rio Tinto hinter verschlossenen Türen um eine 21 Jahre währende Förderlizenz bemühe, wurden bislang nicht bestätigt. Momis berichtete nach einer Reise nach Peking von chinesischem Interesse an der Mine, allerdings scheint es, als bevorzugten die Landeigentümer Rio Tinto als Hauptaktionär. Die Entwicklung des Aktienkurses von Bougainville Copper in den vergangenen Wochen zeigt eine wachsende Hoffnung von Privatanlegern auf einen glücklichen Ausgang der Gespräche. Hin und wieder werden von interessierter Seite auch astronomische Kursziele für die Aktie genannt.
Getrieben wird diese Spekulation natürlich von den in der Mine vermuteten Reserven. Bislang wurden die Rohstoffe ausschließlich im Tagebau abgebaut. Bei einer Wiederaufnahme der Produktion könnte auch ein ergänzender Untertagebau mit modernsten Verfahren erwogen werden. Zudem gehört Bougainville Copper auch noch Land außerhalb der Mine, unter dem sich eventuell ebenfalls Rohstoffe befinden. Der Grundbesitz beläuft sich auf 57000 Hektar Land; zuzüglich besitzt das Unternehmen noch sechs weitere Explorationslizenzen auf der Insel. Insofern ist Bougainville Copper zweifellos ein potentiell reiches Unternehmen.
Neben der Aktivseite existiert allerdings auch eine Passivseite. Die Kosten einer Wiederaufnahme der Produktion werden auf 3 bis 4 Milliarden Dollar geschätzt. Im Falle einer - vollständigen oder teilweisen - Finanzierung durch eine Kapitalerhöhung käme es daher zu einer massiven Verwässerung des Aktienkapitals. Zudem könnte die Mine frühestens im Jahr 2012 in Betrieb gehen. Bis dahin wird sich allerdings auch das Angebot an Kupfer aus anderen neuen Quellen erhöhen, so dass eine Fortsetzung der Hausse des Kupferpreises nicht selbstverständlich erscheint. Schließlich bleibt auch die Stabilität der politischen Lage in Bougainville zu hinterfragen. Nach Statistiken ist die Korruption dort sehr hoch.
Text: F.A.Z., 07.01.2011, Nr. 5 / Seite 23 |