Handelsblatt vom 02.12.2010, Seite 30
Milliarden für den Minenausbau
Bergbaukonzerne wie Rio Tinto investieren eine Menge Geld in die Rohstoffförderung. Die Preise müssen deshalb aber nicht unbedingt fallen.
Regine Palm, Alexander Busch
Düsseldorf, Sao Paulo
Die internationalen Bergbaukonzerne investieren Milliarden in den Ausbau ihrer Minen. Es locken die kräftig gestiegenen Rohstoffpreise – und noch ist kein Ende des Booms an den Rohstoffmärkten in Sicht.
Der größte Teil des Geldes fließt in Metallvorkommen; einen Schwerpunkt bilden Eisenerzprojekte. Rio Tinto, weltweit die Nummer drei, hat gestern 1,2 Milliarden Dollar für den Ausbau seiner Eisenerzgeschäfte in der westaustralischen Pilbara-Region freigegeben. Und das ist nur der Auftakt. Die britisch-australische Gruppe will in den nächsten fünf Jahren rund 15 Milliarden Dollar investieren. Davon profitieren auch ein Hafen und die Bahninfrastruktur. Der Ausstoß soll um rund 50 Prozent gesteigert werden. Ab 2015 könnten in Pilbara jährlich 333 Millionen Tonnen Erz gefördert werden. Heute sind es weniger als 280 Millionen Tonnen.
Auch der französische Produzent Eramet greift tief in die Tasche und investiert 1,2 Milliarden Dollar, um seine Nickelproduktion auf Neukaledonien (einer zu Frankreich gehörigen Inselgruppe im Südpazifik) auszubauen. „Die Kapazität wird mittelfristig auf 65 000 Tonnen erhöht“, sagte Eramet-Chef Patrick Buffet auf einer Konferenz. Er begründete die Investition mit einer weiterhin „starken“ Nachfrage nach dem Industriemetall.
Noch stärker als die Konkurrenten investiert der brasilianische Bergbaugigant Vale. Im nächsten Jahr sollen 24 Milliarden Dollar in die Rohstoffförderung fließen. Schätzungen zufolge entfallen davon etwa 80 Prozent auf Eisenerz, der Rest auf Kupfer, Dünger oder Nickel. Damit liegt das Unternehmen im Trend des lateinamerikanischen Heimatlandes. Bis 2016 werden etwa zwei Drittel aller Bergbauinvestitionen im Eisenerzsektor eingesetzt; Unternehmen wollen 40 Milliarden Dollar investieren.
Die Investitionen der Minenbetreiber spiegeln ihren Optimismus für die Rohstoffmärkte wider. Rio-Tinto-Chef Tom Albanese erwartet, dass sich die Nachfrage nach einigen Metallen – darunter Eisenerz und Kupfer – in den nächsten 15 bis 20 Jahren verdoppeln wird.
Die Preise vieler Grundstoffe steigen bereits seit 2002. Die internationale Finanzkrise sorgte nur für einen temporären Rückschlag an den Märkten. Schon 2009 zogen die Notierungen der meisten Rohstoffe wieder deutlich an. Getrieben werden die Preise vor allem durch eine starke Nachfrage aus Schwellenländern wie China und Indien. Sie benötigen etwa Eisenerz als Grundstoff für Stahl; die Preise hatten sich daher bereits im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Grund waren nicht zuletzt zu geringe Investitionen der Bergbaukonzerne in den Vorjahren. Das hat sich geändert.
„Die Gesellschaften machen enorme Gewinne, die sie nun in die Expansion investieren“, sagt Christoph Eibl von der auf Rohstoffe spezialisierten Vermögensverwaltungsgesellschaft Tiberius. Weiteres Potenzial sieht Eibl angesichts niedriger Lagerbestände bei den Industriemetallen. Gefragt seien diese mit der guten Konjunktur auch in den Industrieländern.
Die Förderung wird kostspieliger
„Es ist ein Trend festzustellen, der sich verstärkt“, bestätigt Philipp Vorndran, Kapitalmarkt-Stratege der Vermögensverwaltung Flossbach & von Storch. Dieser Trend werde in zwei bis drei Jahren dazu führen, dass der Anstieg der Rohstoffpreise gestoppt wird. „Die Kapazitätsengpässe dürften dann verschwunden sein“, sagt Vorndran.
Auch die DZ Bank erwartet weitere Investitionen, sollte es eine Nachfragelücke geben: „Je höher die erwartete Nachfragesteigerung ist, desto größer sind die Anstrengungen seitens der Minengesellschaften, das Angebot zu erhöhen.“
Eine Ausweitung des Angebots wird laut Vorndran allerdings nicht zwangsläufig auch zu einer nachhaltigen Entspannung an der Preisfront beitragen. Er erwartet, dass die Förderkosten in Zukunft tendenziell weiter steigen und führt dies unter anderem auf kostspieligere Fördertechniken und striktere Umweltschutzauflagen zurück. |
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