Lithium-Abbau auf der KoralpeEhemaliger Anleger soll Abbaugesellschaft um Millionenkredite gebracht haben European Lithium, die Abbaugesellschaft für das Lithium-Vorkommen auf der Koralpe, hat einen ehemaligen Anleger wegen Kreditschädigung geklagt. Durch konstruierte Behauptungen sollen Kredite im zweistelligen Millionenbereich nicht gewährt worden sein. Der Angeklagte zeigte sich bei der Verhandlung am Bezirksgericht Wolfsberg geständig. Trotzdem gibt es viele Fragezeichen.
Von Claudia Lepuch | 16.50 Uhr, 22. September 2021 Traudi-Stollen auf der Weinebene Eigentlich hätte schon 2016 mit dem Lithium-Abbau im Lavanttal begonnen werden sollen. Stattdessen gibt es nun Klagen Im Inneren der Koralpe schlummert ein Schatz: Rund 18 Millionen Tonnen des Leichtmetalls Lithium, das unter anderem für Handyakkus und Elektroauto-Batterien benötigt wird, lagern dort unter Lavanttaler Boden. 2011 sicherte sich die australische Abbaugesellschaft European Lithium Limited die Schürfrechte. 2016 hätte mit dem Abbau begonnen werden sollen, doch bisher hat sich unter der Erde wenig bewegt.
Oberirdisch schafft es das Unternehmen eher mit Rechtsstreitigkeiten, denn mit Erfolgsmeldungen in die Schlagzeilen. So verhängte die Finanzmarktaufsicht erst Anfang Juni eine Strafe in der Höhe von 160.000 Euro gegen die Abbaugesellschaft - wegen "Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation". In einem weiteren Verfahren, das am Dienstag, 21. September, am Bezirksgericht Wolfsberg unter dem Vorsitz von Richtern Britta Kollmann-Moritz verhandelt wurde, tritt die ECM Lithium AT Operating GmbH, Tochter der European Lithium Limited, als Privatanklägerin gegen einen ehemaligen Anleger auf. Dem Angeklagten wird Kreditschädigung vorgeworfen.
Vom E-Mail-Account des Mannes aus dem deutschen Allgäu aus wurde am 24. Mai 2020 eine Mail an einen führenden Mitarbeiter der asiatischen Noble Group, einen potenziellen Kreditgeber von European Lithium, sowie die australische FMA geschickt. In diesem Schreiben, das mit der Unterschrift des Angeklagten versehen ist, werden zahlreiche schwerwiegende Anschuldigungen gegen European Lithium sowie dessen Aufsichtsratschef Tony Sage erhoben. So heißt es unter anderem, dass Sage ständig alle anlügen würde, European Lithium Probleme mit der österreichischen Regierung hätte oder dass man führende Mitarbeiter der Schweizer Helvetican International AG, ebenfalls ein potenzieller Kreditgeber, bestochen hätte.
Die Vorwürfe hatten zur Folge, dass der geplante 10 Millionen Euro-Kredit nicht gewährt wurde.
Am Bezirksgericht Wolfsberg wurde verhandelt Foto Angeklagter ist geständig Wie die Richterin festhält, ist die Mail äußerst professionell formuliert: "Säße ich in der Rechtsabteilung, würde ich auch auf die Bremse steigen."
Was eine weitere Frage aufwirft: "Haben Sie die Mail alleine verfasst?", wendet sich Kollmann-Moritz an den Angeklagten. Dieser bejaht. Er sei gemeinsam mit anderen Aktionären in einer WhatsApp-Gruppe gewesen. Nachdem der Aktienkurs in den Keller gerasselt sei und die Anleger sich gezwungen gesehen hätten, die Aktien um wenige Cents zu verkaufen, sei man zu dem Schluss gekommen, das Schreiben zu verfassen. Konzipiert, verfasst und versendet habe er jedoch alles selbst. "Die Informationen stammen aus Internetforen und Medienberichten", berichtet der Angeklagte. Den fertigen Text hätte ein "Bekannter aus der Gruppe, der besser Englisch kann als ich", übersetzt.
Sie haben durch Hochstapelei suggeriert, sie wären ein Börsenprüfer. Säße ich in der Rechtsabteilung, würde ich auch auf die Bremse steigen.
Richterin Britta Kollmann-Moritz zum Angeklagten Angeklagter brachte noch einen Kredit zum Platzen Wie im Laufe der Verhandlung bekannt wurde, war das Mail vom Mai 2020 nicht das erste seiner Art, das vom E-Mail-Account des Angeklagten aus versendet wurde. Im Februar desselben Jahres erreichte eine ähnlich lautende Mail, die der Angeklagte ebenfalls eigenständig verfasst haben will, die Helvetican International AG. Diese befand sich zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls in Kreditverhandlungen mit European Lithium in der Höhe von 10 Millionen Euro. In einer Mail an das Gericht bestätigte die Unternehmens- und Finanzberatungsfirma, dass die in dem Mail aufgeführten Vorwürfe zum Scheitern des Kredits führten. "Sie haben den Kredit zerstört", ist Thomas Kralnik, Anwalt von European Lithium, empört angesichts dieser neuen Erkenntnisse.
Die Richterin zeigt sich aufgrund der Tatsache, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Mail an die Helvetican noch selbst Aktionär von European Lithium war, verwundert: "Sie haben sich damit selbst ins Knie geschossen." Schließlich war das Platzen des Deals der Startschuss zur Talfahrt des Kurses. Kralnik hat eine andere Vermutung: Ein aus dem Unternehmen ausgeschiedener Manager könnte Informant hinter den Mails sein. Auch der Anwalt des Angeklagten, Christian Tschiderer, redet seinem Mandanten nochmal ins Gewissen, nicht für jemanden anderen den Kopf hinzuhalten. Doch dieser weist das entschieden zurück.
Der Prozess wurde aufgrund des Fehlens eines Zeugen auf unbestimmte Zeit vertagt Foto © Claudia Lepuch Ehemaliger Manager als Zeuge geladen Der Ex-Manager ist im späteren Verlauf der Verhandlung auch als Zeuge geladen. "Das sind keine Infos von mir, sondern alles Sachen, die ohnehin bekannt sind." Zudem würde er sich mit einem derartigen Schreiben selbst ins Bein schießen, schließlich sei er als Chef einer Investmentbank immer noch in der Finanzbranche aktiv.
Die Befragung bringt keine neuen Erkenntnisse. Da ein weiterer Zeuge, der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von European Lithium, Dietrich Wanke, aufgrund der aktuellen Coronabestimmungen nicht aus Australien einreisen kann, wird die Urteilsverkündung auf unbestimmte Zeit vertagt. Dem Angeklagten droht in diesem Strafverfahren eine Geldstrafe zu 360 Tagessätzen. Zudem wird es am Landgericht Klagenfurt zu einem zivilrechtlichen Schadensersatzprozess gegen den Allgäuer kommen.
Es gilt die Unschuldsvermutung für alle Beteiligten. |