17.03.2006 12:21Cobracrest - schlampig, dubios oder beides? Eigentlich wollte das Unternehmen Cobracrest alle Zweifel ausräumen. Doch mit den am Mittwoch vorgestellten Angebotsunterlagen zur Übernahme wurden alte Zweifel nicht beseitigt. Nein, es kommen neue hinzu. Cobracrest-Homepage v. 15.03.06 Es sieht so aus, als habe der Markt entschieden. Bis Freitagmittag notierte die Aktie des mittlerweile in Berlin residierenden Unternehmens mehr als 70 Prozent unterhalb des nunmehr "offiziell" vorliegenden Übernahmeangebots von 5,23 Euro je Aktie. Selbst direkt nach der Veröffentlichung gab es nur einen kurzen Kursausschlag nach oben. Auch der Kapitalanlegeranwalt Jochen Weck von der Münchener Kanzlei Rössner findet das merkwürdig. "Bei einem normalen Angebot müsste der Aktienkurs viel näher am gebotenen Übernahmepreis notieren", so der Experte. Schließlich könne der Käufer, die US-Firma Carlyle International, derzeit an der Börse die Aktien billiger bekommen.
Cobracrest hatte am Mittwoch die lange angekündigte offizielle Angebotsunterlage von Carlyle International im Internet veröffentlicht. Ein ungewöhnlicher Vorgang, denn eigentlich werden Übernahmeangebote vom Käufer und nicht etwa vom Verkäufer publiziert.
Nach der Durchsicht der Dokumente schüttelt Rechtsanwalt Weck den Kopf: "Die Unterlagen machen den Eindruck, dass nicht die dafür notwendige Sorgfalt verwendet wurde", sagt Weck gegenüber boerse.ARD.de. Ein Beispiel für diese Schluderei: Das Unternehmen wendet sich in den Papieren mehrfach an die Aktionäre der "Cobracrest AG", doch das Unternehmen heißt offiziell "Cobracrest AG & Co. KGaA".
Wenig sorgfältig agierten die Autoren auch bei der Formulierung der Bar-Komponente des Angebotes. Die in Aussicht gestellten 5,23 Euro je Aktie sollen offenbar auf verschiedenen Wegen bei den Anteilseignern landen. Einmal heißt es "nach Ablauf der Annahmefrist", und das ist für Ende Juni in Aussicht gestellt. Doch angeblich soll man auch schneller an das Geld kommen, nämlich bereits während "der laufenden Umtauschfrist". Die Aktien sollen gegen Barzahlung der 5,23 Euro direkt bei der Depotbank abgelöst werden.
"Diese widersprüchlichen Aussagen bestätigen, den Eindruck, dass es sich dabei um ein dubioses Angebot handelt", so Anwalt Weck. Noch merkwürdiger ist allerdings, dass das Geld für die Aktien nicht von Carlyle kommen soll, sondern von der Cobracrest AG. Denn nach den veröffentlichten Dokumenten wird ausdrücklich die "Cobracrest AG" angewiesen, die Aktien bei den Depotbanken abzulösen. Das dürfte im Übernahmegeschäft eine Premiere sein.
Ausschnitt aus der Angebotsunterlage Wie unabhängig sind Carlyle und Cobracrest? Auch die Website von Cobracrest könnte die Anleger ins Grübeln gebracht haben. Bis Donnerstag wurde Carlyle International auf der Cobracrest-Website ausdrücklich als New Yorker Niederlassung von Cobracrest geführt, obwohl Carlyle International nach den bisherigen Angaben Cobracrest kaufen will.
Erst nachdem boerse.ARD.de die Cobracrest AG & Co KGaA per Fax in einem umfangreichen Fragenkatalog unter anderem mit diesen Merkwürdigkeiten konfrontierte, wurde das Unternehmen aktiv, der Link zur New Yorker "Niederlassung" ist auf einmal weg. Die ursprüngliche Seite liegt boerse.ARD.de allerdings vor. (s. Bild)
Keine Antworten Bisher hat Cobracrest nicht auf den Fragenkatalog von boerse.ARD.de geantwortet. Daher müssen Anleger auch weiterhin auf eine Erklärung warten, warum Carlyle International in der ursprünglichen Fassung der Cobracrest-Website nur über die E-Mail-Adresse von Cobracrest info@cobracrest.com zu erreichen war. Oder warum ein bereits im Jahr 1994 gegründetes Unternehmen zumindest bis Freitagmittag über keine eigene Website verfügte, um nur einige offenen Fragen zu nennen.
Ausdrücklich bestätigte der Anwalt Weck gegenüber boerse.ARD.de seine früher gemachten Aussagen, dass Cobracrest "ein Fall für den Staatsanwalt" sei und dass dahinter "Kapitalanlegerbetrug nach einem gängigen Schema" zu vermuten sei.
Kritisch sieht Weck auch das alternative Angebot, die Aktien der Cobracrest AG & Co. KGaA in Aktien der Cobracrest International Inc. zu tauschen. Die bisherige Ankündigung, Cobracrest International in den USA an die Börse zu bringen, hält er für rechtlich "wertlos". "So lange das Papier nicht börsennotiert ist, bekommen Aktionäre damit nur einen reinen Hoffnungswert", so der Experte.
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