Artikel-Services Gegen Marktmissbrauch Leerverkäufe sollen kontrolliert werden
Von Bettina Schulz, London 25. März 2009 Die Aufregung um die umstrittenen Leerverkäufe während der Finanzkrise hat Folgen: Die globalen Wertpapieraufsichtsbehörden sollen ihre sehr unterschiedlichen Vorschriften zu Leerverkäufen von Aktien harmonisieren. Die internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden, die International Organization of Securities Commissions (IOSCO), hat hierfür einen Vorschlag veröffentlicht.
Leerverkäufe seien ein wesentlicher Bestandteil des Marktgeschehens, sagt die IOSCO. Sie sollen daher nicht verboten werden. Um Missbrauch zu unterbinden, sollen Leerverkäufe aber kontrolliert werden. Ihr aufsichtsrechtlicher Rahmen soll international abgestimmt werden, wenn die Detailvorschriften von der IOSCO auch sehr vage formuliert wurden. Bei Leerverkäufen verkauft ein Marktteilnehmer Aktien, um sie später zu einem - hoffentlich - niedrigeren Preis zurückzukaufen. Bei „gedeckten“ Leerverkäufen besitzt der Marktteilnehmer die Aktien, die er verkauft, oder er leiht sie sich aus. Bei „ungedeckten“ Leerverkäufen besitzt der Marktteilnehmer die Papiere nicht und geht sogar davon aus, dass er sie letztlich nicht wird liefern müssen.
Waren Leerverkäufe für Kursrutsche verantwortlich?
Während des Höhepunktes der Finanzmarktkrise im Herbst vergangenen Jahres gab es einen erbitterten Streit darüber, ob Leerverkäufe den Kursrutsch von Bankaktien beschleunigt hätten. Kritiker glaubten, dass Hedge-Fonds Leerverkäufe nutzten, um Aktienkurse von Banken immer weiter in den Keller zu treiben. Gepaart mit Gerüchten über existentielle Schwierigkeiten der Institute, fielen die Aktienkurse von einigen Banken so stark, dass dringend notwendige Kapitalerhöhungen nahezu scheiterten. Die Aufsichtsbehörden zahlreicher Länder reagierten und untersagten Leerverkäufe oder führten strenge Offenlegungspflichten ein, um das Vertrauen der Investoren in einen geordneten Markt wiederherzustellen. Allerdings fielen die Aktienkurse von Banken weiter. Dies diente den Befürwortern von Leerverkäufen als Beweis dafür, dass nicht die Leerverkäufe, sondern das berechtigte Misstrauen der Marktteilnehmer für den Kursverfall verantwortlich war.
Manipulationen sind möglich
In zahlreichen Ländern gelten die Verbote von Leerverkäufen noch. Auch in Deutschland ist das Verbot ungedeckter Leerverkäufe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) noch bis Ende März in Kraft. Es betrifft die elf größten deutschen Banken- und Versicherungswerte. Ob das Verbot nochmals verlängert wird, ist noch nicht entschieden.
Die IOSCO räumt ein, dass Leerverkäufe grundsätzlich eher dazu geeignet seien, die ordentliche Preisbildung an den Märkten zu gefährden, als Aktienkäufe. Leerverkäufe könnten im Extremfall dazu führen, dass sich Käufer am Markt zurückhielten oder Investoren gar zu Verkäufen verleitet würden. Und sie könnten dafür sorgen, dass die Preisrückschläge für Emittenten oder Fondsmanager mit Blick auf eine Kapitalerhöhung oder die Solvenzvorschriften Probleme bereiten könnten. Auch seien Leerverkäufe in Kombination mit Gerüchten dazu geeignet, Marktmanipulationen durchzuführen. Nackte Leerverkäufe könnten zudem die Gefahr bergen, dass bei Fälligkeit nicht geliefert werden könne, was Käufern Schwierigkeiten bereiten könnte.
Die Vorschläge der IOSCO besagen, dass Leerverkäufe kontrolliert werden müssten, um ein ordentliches und effizientes Marktgeschehen zu garantieren. Leerverkäufe sollten gemeldet werden, wobei die IOSCO den Aufsichtsbehörden die konkrete Ausgestaltung überlässt. Die Aufsichtsbehörden müssten am Markt die Einhaltung der Regeln sicherstellen. Die Vorschriften von Leerverkäufen müssten so konzipiert sein, dass wichtige Transaktionen am Markt wie Wertpapieranleihen und Absicherungsgeschäfte nicht behindert würden. |
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