Leerverkäufer strömen derzeit in Scharen zu Solarkonzernen und nehmen dabei Branchengrössen wie die deutsche Q-Cells SE und die amerikanische First Solar ins Visier.
Dahinter stehen Wetten, dass eine Flut chinesischer Solar-Panels und eine sich abschwächende Nachfrage in Europa die Gewinne unter Druck bringen werden. Das dürfte dann letztlich zu weiter sinkenden Kursen führen.
Bei First Solar, dem größten Hersteller von dünnen Solar-Panels, betrug der Anteil leerverkaufter Aktien an den gesamten ausgegeben Aktien in diesem Monat 23 Prozent - damit ist die Quote so hoch wie noch nie. Das zeigen Daten von Data Explorers. Auch bei Q-Cells wurde mit rund 54 Prozent ein neues Allzeithoch erreicht. Das heißt, mehr als die Hälfte der Aktien sind von Spekulanten zum Verkauf ausgeborgt worden - in der Hoffnung, diese später billiger kaufen zu können.
Der Bloomberg Global Leaders Solar Index, der die Kurse von 37 Branchenvertretern abbildet, ist bislang im laufenden Quartal um 22 Prozent eingebrochen. Zudem schrumpfte das Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 am 31. März auf zuletzt nur noch 15. Gründe: In den weltgrößten Solarmärkten, Deutschland und Italien, waren die staatlichen Zuschüsse reduziert worden, während Anbieter aus China verstärkt auf den Markt drängten.
"Die Aktien sehen billig aus. Aber 2012 bringt massive und potenziell überwältigende Herausforderungen”, erklärte Shawn Kravetz, Chef von Esplanade Capital. Der Hedgefonds aus Boston hatte zuletzt Aktien chinesischer Hersteller zugekauft und ihre europäische Konkurrenten leerverkauft. Um welche Unternehmen es sich dabei handelte, verriet er nicht.
Branchenweite Herstellungskapazität nimmt zu
Jim Chanos - der Leerverkäufer, der einst den Zusammenbruch des Energiekonzerns Enron Corp. prognostizierte - hatte im Mai explizit zu Wetten gegen First Solar geraten. Anleger sollten den Titel jetzt leerverkaufen, sagte er.
Bei einer Konferenz in New York ließ der Star-Investor kaum ein gutes Haar an First Solar: “Was auch immer sie mal für Alleinstellungsmerkmale hatten, sie verlieren diese - nicht nur wegen der technologischer, sondern zunehmend auch wegen operativer Probleme”. Das Unternehmen setze noch immer auf Technologien der ersten Generation und habe darüber hinaus einige wichtige Manager verloren.
Die chinesischen Konzerne JA Solar Holdings Co. und Suntech Power Holdings Co. - die weltweit größten Anbieter von Solar-Zellen nach Kapazität - hatten mit ihrer Expansion zuletzt dazu beigetragen, dass die branchenweite Herstellungskapazität in diesem Jahr um mindestens 9,5 Gigawatt zunehmen dürfte. Damit wird die Kapazität der Industrie auf 41,5 Gigawatt anschwellen, was über jenen 28 Gigawatt liegt, die New Energy Finance auf der Nachfrageseite prognostiziert.
"Diese ganze Kapazität kam ausgerechnet neu hinzu, als es auf den beiden wichtigsten Märkten zu einer signifikanten Verlangsamung kam. Deshalb haben wir jetzt diesen Kollaps”, sagte Gordon Johnson, Solar-Analyst bei Axiom Capital Management in New York. Er geht davon aus, dass die Aktien der Branche noch einmal um 50 Prozent nachgeben. “Dies hört keinesfalls bald auf eine schöne Art und Weise auf.”
Installation von photovoltaischen Einrichtungen verdoppelt
Im vergangenen Jahr hatte sich weltweit die Installation von photovoltaischen Einrichtungen noch verdoppelt. Viele wollten noch schnell neue Anlagen errichten, bevor die Regierung in Deutschland ihre finanziellen Anreize für eben solche Projekte nach unten korrigierte.
Dennoch scheint der Markt nicht alle in Ungnade gefallenen Solar-Aktien komplett aufzugeben. Das Unternehmen mit dem größten Kursverlust im laufenden Quartal - Evergreen Solar Inc. aus den USA mit minus 56 Prozent - kommt derzeit nur auf einen Anteil leerverkaufter Titel von 15 Prozent. Das zeigen Daten von Data Explorers mit Stand vom 16. Juni. |