Lese gerade das Buch: "Der schwarze Schwan" von Nassim Nicholas Taleb. Kann mir gut vorstellen, dass einige von Euch dieses Buch längst gelesen haben. Bin jetzt bis zur Hälfte vorgedrungen und finde es höchst interessant. Manche Thesen und persönliche Erkenntnisse des Autors erscheinen vielleicht etwas weit hergeholt, wenn nicht gar absurd - andere wiederum erscheinen mir komplett logisch und der Realität entsprechend. Teilweise liest es sich recht einfach, sehr häufig aber finde ich persönlich es etwas überfrachtet mit wissenschaftlichen Ausdrücken, vielen Fremdwörtern und vor allem expliziten Kenntnissen über Jahrhunderte der Geschichte, deren Philosophen, Psychologen und Ökonomen. Also eigentlich ein Buch, welches nur in seltenen Fällen den so genannten "Otto-Normalverbraucher" erreichen wird. Daher ist es gemäß den Mainstream-Regeln wahrscheinlich auch nicht den womöglich Interessierten bekannt.
Deshalb kann ich es denjenigen von Euch, die es vielleicht noch nicht kennen, durchaus empfehlen.
Ein ganz zentrales Anliegen des Autors ist die Unterscheidung zwischen "Mediokristan" und "Extremistan" - wobei ich hier noch "Absurdistan" hinzufügen könnte - jedoch scheint "Absurdistan" bereits in Extremistan beinhaltet.
Die großen Unterschiede zwischen Mediokristan und Extremistan heißen: nicht skalierbar und skalierbar. Die "Zufälligkeit" in Mediokristan ist "mild" und in Extremistan "wild". In Mediokristan bekommt der Gewinner einen kleinen Teil des Kuchens, in Extremistan bekommt der Gewinner fast alles vom Kuchen.
Wenn man in Mediokristan eine Zeit lang beobachtet, kann man erfahren, was vor sich geht, während es sehr lange dauert, bis man in Extremistan erkennt, was vor sich geht.
Während in Mediokristan die Geschichte "dahin kriecht", macht sie in Extremistan "Sprünge".
Wir befinden uns, so wie es aussieht in "Extremistan" - in der "Moderne". In Extremistan kann es sein, dass Einzelne bis Wenige das komplette Gesamtgefüge statistisch und durchschnittlich völlig dominieren können - was in "Mediokristan" nicht möglich wäre.
Nun kann und will ich aber hier nicht das bisher von mir zur Hälfte gelesene Buch komplett einstellen und kommentieren.
Ich möchte nur noch mal auf einen der für mich interessantesten Aspekte hinweisen: Den "Truthahn-Aspekt" - Original-Auszug aus dem Buch:
" Wir wollen uns einen Truthahn vorstellen, der jeden Tag gefüttert wird. Jede einzelne Fütterung wird die Überzeugung des Vogels stärken, dass des die Grundregel des Lebens ist, jeden Tag von freundlichen Mitgliedern der menschlichen Rasse gefüttert zu werden, die "dabei nur sein Wohl im Auge haben", wie es ein Politiker sagen würde. Am Nachmittag des Mittwochs vor Erntedankfest wird dem Truthahn dann etwas "Unerwartetes" widerfahren, und er wird seine Überzeugung revidieren müssen"...
Der Truthahn wird laut seinem Buch 1000 Tage von Menschen gefüttert, bis er am 1001sten Tag dann geschlachtet wird. Dem Truthahn begegnet somit plötzlich und unerwartet ein "schwarzer Schwan"...
Was der Autor uns damit sagen will ist klar: Wiege Dich nie in Sicherheit, auch wenn die letzten 1000 Tage oder gar Jahre unbeschwert waren. Leite niemals aus der Vergangenheit in die Zukunft ab - denn die kann komplett anders aussehen.
Ich habe dem noch etwas hinzuzufügen: Hätte der Truthahn "gewusst", dass er in letzter Konsequenz den "freundlichen Menschen, die ihn 1000 Tage lang füttern" als köstliches Mahl dient, so hätte er sich sehr schnell vom Acker - oder aus dem Gehege - gemacht. Er wusste es einfach nicht.
Und genau so verhält es sich mit den meisten Bürgern und Anlegern. "SIE WISSEN NICHT!"
Deshalb kann man sie auch von jeder Seite her (Banken, Versicherungen, Politik) "ab- bzw. ausschlachten" - brrr - das sind böse, schreckliche Wörter - mir fielen nur gerade leider keine milderen ein, die ebenso treffend die Vorgehensweise jener Institutionen beschreiben könnten...
Das Ganze kann man ebenso auf Psychopathen übertragen. Wenn man zwar weiß, dass es sie gibt, aber nicht weiß, wie sie ungefähr ticken und sich ungefähr verhalten, ist man letztendlich womöglich auch ein Truthahn. Nicht zu vergessen, die Politiker, die ihre Truthähne erst einmal füttern und mästen, bevor sie diese schlachten...(Steuern, Steuern, Steuern...)...
"Ich will kein Truthahn sein" ist eines der Kapitel in Talebs durchaus lesenswertem Buch.
Zwar bin ich erst bis zur Hälfte des Buches vorgedrungen - jedoch kann ich aufgrund meiner bisherigen eigenen, persönlichen Erfahrungen von mir glücklicher Weise behaupten:
"Ich bin kein Truthahn"... :-)))
Beste Grüße Kosto |