News - 06.04.09 20:53 Commerzbank pokert um Milliardenhilfen
Unternehmensteile gegen Bares: Im Gegenzug für eine Genehmigung ihrer milliardenschweren Staatshilfen durch Brüssel ist die Commerzbank zu massiven Zugeständnissen bereit. Dabei wird offenbar auch eine Abspaltung vom Immobilienfinanzierer Eurohypo und vom gesamten Osteuropa-Geschäft diskutiert. Erstere käme Commerzbank-Chef Blessing sogar entgegen.
BERLIN/FRANKFURT. In Finanz- und Regierungskreisen hieß es, Deutschlands zweitgrößte Bank diskutiere mit Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes den Verkauf ihrer Osteuropa-Sparte sowie der 2005 erworbenen Hypothekentochter Eurohypo. "Es gibt Gespräche, aber es gibt nichts Finales", hieß es. Noch vor Ostern sei ein weiteres Gespräch zwischen Bank und EU-Kommission in Brüssel geplant. Die Commerzbank lehnte am Montag eine Stellungnahme ab. Als sicher gilt, dass Kommissarin Kroes durch die insgesamt 18,2 Mrd. Euro schwere Eigenkapitalhilfe des Bundes für die Commerzbank Wettbewerbsverzerrungen befürchtet - und sie deshalb nicht einfach durchwinken wird. Ihr werden erhebliche Zweifel unterstellt, ob die Commerzbank per se überlebensfähig ist.
Am Wochenende war der Streit eskaliert: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte Kroes am Wochenende vorgeworfen, mit ihrer seit Wochen andauernden Prüfung die Stabilisierung der Commerzbank zu gefährden. Die Kommission wies dies umgehend zurück und zeigte sich "erstaunt" über Steinbrücks Angriffe.
Berlin steht auf dem Standpunkt, die Commerzbank leide nur unter der Finanzkrise und die Milliardenhilfe sei durch die pauschale Brüsseler Genehmigung des Sonderfonds Soffin der Regierung abgedeckt. Kroes vermutet auch grundsätzliche Probleme im Geschäftsmodell. Deshalb könnte sie die Unterstützung als Beihilfe werten, die sie genehmigen muss und für die sie eine Restrukturierung verlangt.
In Branchenkreisen wird es nach wie vor für möglich gehalten, dass Kroes am Ende dem EU-Ministerrat unterliegt. Im Rat herrsche Einigkeit, dass in der Finanzkrise nicht die Kommission über Zukunft und Aufstellung von Banken bestimmen könnten, hieß es in den Kreisen.
Eine Abspaltung des Osteuropa-Geschäfts mit 11 000 Mitarbeitern würde die Commerzbank wichtiger Wachstumschancen berauben. 2008 hatte das Segment 300 Mio. Euro Ergebnis geliefert. Dahingegen würde eine Trennung von der Eurohypo Commerzbank-Chef Martin Blessing womöglich sogar entgegenkommen. Der Immobilien- und Staatsfinanzierer hat 2008 mit 1 900 Beschäftigten einen Verlust von 1,2 Mrd. Euro eingefahren. "Blessing war nie ein Freund der Eurohypo", hieß es.
Mit der diskutierten Abtrennung der Eurohypo erhalten auch die Spekulationen um eine Zusammenlegung der Spezialbank mit der angeschlagenen Hypo Real Estate (HRE) neuen Auftrieb. Letztere dürfte demnächst praktisch komplett dem Bund gehören und wird bereits mit über 100 Mrd. Euro an Garantien gestützt.
Die im vergangenen Jahr Verluste schreibende Eurohypo dürfte sich künftig nur noch zu deutlich höheren Kosten am Kapitalmarkt refinanzieren können - und damit kaum wettbewerbsfähig sein. Würde man HRE und Eurohypo kombinieren, hätte Blessing das Thema vom Tisch. Zugleich könnte sich die Eurohypo dank Staatskontrolle problemlos refinanzieren. hgn/rob/saf/sig
© Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH 2008: Alle Rechte vorbehalten. Die Reproduktion oder Modifikation ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH ist untersagt. All rights reserved. Reproduction or modification in whole or in part without express written permission is prohibited.
Quelle: HANDELSBLATT |