www.ariva.de/forum/Der-USA-Baeren-Thread-283343?page=3696#jumppos92410
Der DAX kann natürlich trotzdem weiter steigen ;-) - fragt sich halt nur, wie lange noch.
Traditionell (zu Zeiten, als noch echte Aktienkäufer den Markt dominierten) waren Normalo-Anleger prozyklisch, d.h. sie wurden immer gieriger, je höher es stieg. Dies gipfelte 2000 in der Dot.com/Neue-Markt-Blase und 2007 in der "Es-gibt-kein-Kreditproblem"-Hausse.
Nach dem 2008-Crash, der den von 2001 ff. noch weit in den Schatten stellte, sind Kleinanleger in D. angeblich "smarter" geworden [FAZ-Artikel gestern], d.h. sie agieren zunehmend antizyklisch (= Aufstocken von Aktien bei DAX 3500 und Ausdünnen/Verkaufen bei DAX 7000 letzten Juli).
Der heutige Markt wird aber nicht mehr von Normalo-Anlegern dominiert bzw. kontrolliert, sondern von Hedgefonds (aka "BigBoyz" wie GS und Co.). Deren strategisches Konzept besteht seit 2009, als die Fed QE und anderen Zinnober aus dem Hut zauberte, darin, Uptrends bei dünnem Volumen immer weiter zu reiten und im resultierenden Short-Squeeze Alles platt zu machen. (Das gilt auch "nach unten" in temporäre Downtrends wie im Mai 2010 und August 2011, dann allerdings mit Long-Squeeze der Dip-Buyer.)
Die resultierende hohe Vola ist kein Zufall, sondern gewollt. Woran sonst kann Wall Street heute noch verdienen, als sich strategisch gegen die Vernunft zu stellen?
Das Heer der "vernünftig" (= antizyklisch agierenden) Kleinanleger, die sich u. a. den Luxus leisten, logische Betrachtungen zu Überschuldungs- und Staatskrisen anzustellen und sich denen entsprechend zu positionieren (= zurzeit short), wird dabei regelmäßig das (Bär- oder Kuh-)Fell über die Ohren gezogen. Die Macht der Algo-Maschinen macht's möglich.
Zurzeit ist das Put/Call-Ratio (PCR) der Kleinanleger trotz relativ hoher Indexstände (vor allem in USA) ungewöhnlich hoch. Sie dürften zwar mMn in ihrer bärischen Erwartung mittelfristig Recht bekommen, doch die Hedgefonds können ihnen über das PCR gleichsam in die Karten schauen - und mit ihrem Algo-Trading unterdessen einen Short-Squeeze nach dem nächsten inszenieren.
Wohl dem, der in einer solchen Gemengelage so positioniert ist, dass er als Bär nicht zu Höchstkursen zum Covern gezwungen wird. K.O.s z. B., inbesondere enge, sind ein in diesem Kontext hoch riskant....
Ich bin im Hedgefonds/Algo-Uptrend seit 2009 aus Schaden klug geworden und bin in der aktuellen Rallye nicht short, obwohl ich sie für hirnrissig halte.
Die optimale Strategie bleibt, Tops nicht "vorausahnen" zu wollen (wobei kurzfristige Short-Trades dann oft, da sie nicht aufgehen, mangels Risk Management zu ungewollten Mittelfrist-Posis werden...), sondern erst in beginnende, auch charttechnisch einwandfrei "unterlegte" Downtrends sukzessive Short-Posis aufzubauen. Das ist ungemein schwierig, weil man psychologisch abschätzen muss, ob die viel beschworenen Dip-Buyer nicht wieder an wichtigen Marken ihre Algomaschinen anwerfen (darauf haben sich die BigBoyz in den letzten 2 J. "spezialisiert").
Die sicherste Methode für Bären bleibt dennoch, nach Bruch wichtiger Unterstützungen (= nicht im 5-Min-Chart) prozyklisch mit engem SL knapp oberhalb der Unterstützung short zu gehen. Mit der Methode war z. B. ab August 2011 ein Vermögen zu verdienen (zuvor wurde man x-mal mit Verlust ausgestoppt).
Dass ein solches Chart-Szenario zurzeit nicht "vorliegt", muss ich den versammelten Charttechnikern hier wohl nicht näher erklären.
Es besteht mMn ein Widerspruch darin, dass die meisten hier nach Charts agieren und zurzeit dennoch die Mehrzahl (offenbar) im intakten Uptrend short ist, weil die Ami-Propagandamaschine ein rabenschwarzes Bild von Europa malt (siehe mein Kommentar dazu im Link oben), während die Poker-Fraktion um GS und Co. munter an der Börse mit Longs dagegenhalten.
Beim Börsen-Poker kann man auch mit nichts als zwei Spitzbuben im Blatt den Pott abräumen, wenn man die richtige Miene (Propaganda) aufsetzt.
Es gibt einige Longs hier, die in den letzen Wochen richtig lagen, aber sicherlich nicht, weil sie das o.g. psychologisch sinistre Spiel mitspielten, sondern einfach nur, weil sie "Dummbullen" sind. Deren Problem ist, dass sie bei einer Kehrtwende nach unten meist nicht rechtzeitig den Absprung schaffen und dümmstenfalls sogar nachkaufen. D.h. sie durchschauen nicht, dass "Alles nur ein Spiel" war... |