Praktiker: Blau und gelb aus den roten Zahlen Werner Sperber
Wer einen Charme hat wie eine Kreissäge, ist als Führungskraft in einem Bau- und Heimwerkermarkt doch gut aufgehoben. Thomas Fox wird diese Eigenschaft unterstellt. Er gilt allerdings auch als Sanierer, vor allem als Kostensenker, und möchte Praktiker mit einem Restrukturierungsplan nach vorne bringen. Früher war die Praktiker AG blau und gelb. Jetzt wird der Betreiber von Bau- und Heimwerkermärkten noch viel blauer und viel gelber. Das jedenfalls ist den Mitarbeitern von Finanzpublikationen in den neu gestalteten Referenz-Filialen zuerst aufgefallen. Thomas Fox, seit dem 1. Oktober 2011 Vorstandsvorsitzender von Praktiker, Sanierungsexperte zuletzt bei Karstadt und laut dem Manager Magazin mit dem Charme einer Kreissäge ausgestattet, hat aber noch einiges mehr in seinem Restrukturierungskonzept "Praktiker 2013" vorgesehen.
Umbau im Konzern
Bislang ist der Konzernsitz von Praktiker noch im saarländischen Kirkel bei Homburg. Konzernchef Fox möchte ihn aber an den Sitz der profitablen Tochterfirma Max Bahr Holzhandlung GmbH & Co. KG nach Hamburg verlegen und dabei 220 Stellen streichen. Kostensenker Fox plant zunächst insgesamt rund 1.400 der mehr als 10.800 Arbeitsplätze zu streichen. Ein entsprechender Sozialplan ist bereits vereinbart. Weiter möchte er die Zahl der Filialen in Deutschland von 236 auf etwa 200 senken. Auch im Ausland, vor allem in Ost- und Südosteuropa, sollen Baumärkte geschlossen werden. Derzeit betreibt Praktiker dort noch 109 Läden. Boris Becker braucht unterdessen nicht um seine Überweisungen von Praktiker zu fürchten. Der einstige Tennisprofi ist weiterhin Werbefigur des Unternehmens. Der Konzern gibt trotz finanzieller Schieflage Geld für Reklame aus: Im Januar des vergangenen Jahres war dieses Budget unerheblich, im Januar dieses Jahres belief es sich auf 1,2 Millionen Euro alleine für Fernsehwerbung.
Umbau in den Märkten
Konzernchef Fox will die Kunden mit dem Arbeitstitel "einfach praktischer" in die Geschäfte locken und sie dort in angenehmerer Atmosphäre als bislang zum Geld ausgeben animieren. Dazu soll ein Großteil der verbleibenden Filialen noch in diesem Jahr nach dem Vorbild der Geschäfte in Kaiserslautern und dem hessischen Heppenheim umgestaltet werden. Hohe, die Sicht versperrende Regale sind dort verschwunden, die Märkte sind deutlich übersichtlicher als bisher. Kunden können sich auf Tafeln über Vorzüge und Preise von mehr als 50 Produkten in den nummerierten Gängen und Regalen informieren. Dabei bietet Praktiker diese Produkte in den drei Preisklassen "Budget", "Praktiker" und "A-Marke" an. Am Eingang der Märkte ist ein sogenannter Kundenlotse mit einem Laptop postiert. In der Farben-Abteilung wartet dafür kein Angestellter, sondern ein Telefon, an dem sich die Kunden beraten lassen können. In der Fliesen-Abteilung wird der Kunde ebenfalls zur Eigeninitiative gedrängt. Dort kann er seine Fliesenwünsche am Computer zusammenstellen.
Es hängt an Fox
Vorstandsvorsitzender Fox möchte für die Restrukturierung von Praktiker etwa 300 Millionen Euro ausgeben, die der Konzern (noch) nicht hat. Banken haben allerdings Ende Januar zumindest die Finanzierung des wichtigen Frühjahrsgeschäfts mit Krediten gesichert. Die Analysten sind unterdessen optimistisch. Sie schätzen die Ergebnisse für die Jahre 2012 bis 2014 auf minus 0,24 Euro, auf 0,40 Euro und auf 0,35 Euro je Aktie. Das entspräche Kurs-Gewinn-Vielfachen von 6 und von 7. Wenn Vorstandsvorsitzender Fox Anleger und Kapitalgeber sowie die Kunden von seinem Konzept überzeugen kann, dürfte die Notierung weiter zulegen. Das Kursziel für die Aktie von Praktiker bleibt entsprechend bei drei Euro. Der Stoppkurs sollte bei 1,75 Euro gesetzt werden. |