Schuldenschnitt gelungen. Patient tot. März 08, 2012by Frank MeyerKommentare
von Frank Meyer
Oh ja! Alles bleibt gut und vieles bleibt besser. Welche großartige Nachrichten! Griechenland sei gerettet, heißt es gerade im Radio. Leider ist das Patient tot. Eine Pleite, die keine ist – ein Schnitt ohne Messer. Die unbefleckte Empfängnis, nur umgekehrt… oder so…
Viel Hokuspokus und schmerzende Ohren. Ich bin extra 6.50 Uhr aufgestanden, um rechtzeitig dabei zu sein. Ein Kaffee war nicht nötig, denn ich war schon wach. Zustmmungsquote der Gläubiger: 85,5 Prozent. Ich mit mindestens 99,81 Prozent gerechnet – so wie zu alten DDR-Zeiten. Der Rest wurde ja ausgewiesen.
Schuldenschnitten muss etwas Erleichterndes inne wohnen. Wer aber sind diejenigen, die auf 107 Milliarden Euro verzichten? Soweit ich weiß, sind auch einige Kapitalsammelstellen dabei, die das Geld von ihren Kunden bekommen haben. Viele sind hinsichtlich ihrer Ersparnisse etwas „erleichtert“ (worden) sein. Gleichzeitig zahlen sie aus ihren Steuerabgaben die Zeche für das, was ihnen ihre Regierung aufbürdet. Scheitert der Euro – scheitert Europa. Ich hätte ja gerne gespendet, aber Spendenquittungen werden für diese Angelegenheit nicht ausgestellt und sind steuerlich nicht abrechenbar.
Zufälle gibt`s
Ein Freund, dessen Name hier unerwähnt bleiben muss, sagte, die Zustimmungsquote könne nur bei 30 Prozent liegen. In seiner Kantine einer großen Gesundheitskasse waren „griechische Wochen“ auf dem Speiseplan. Das Essen wurde mit 30 Prozent Abschlag gereicht. Bifteki, Gyros und Tzatziki. Ich habe keine Ahnung was Bifteki ist, aber erfreulich ist doch, dass die ehemalige Krankenkasse, die plötzlich zu einer Gesundheitskasse mutierte, politisch das nötige Feingefühl an den Tag und auf die Teller legt.
Früher war es unmöglich, dass Griechenland pleite gehen könnte. Es war das Pech derer, die Geld verliehen haben. Experten waren vor drei Jahren sicher, Griechenland als Musterknabe würde nie pleite gehen. Dank der Hilfe von Goldman Sachs sah es so aus.
Noch nie habe ich die Frau im Radio jetzt bei den Nachrichten feuchter weinen hören wie eben. Sie sagte, die Griechen können aufatmen. Jetzt muss ich mir leider einen neuen Tisch besorgen, denn schon während der Sendung habe ich ein Stück davon heraus gebissen. Kennen Sie ein gutes Geschäft für massivere Tische?
Schon im Vorfeld haben die Experten mit so vielen Szenarien um sich geworfen, bis sich diese als eine Art von Griechen-Fieber in den medialen Leitungen verhedderten und diese verstopften. Die meisten können das Thema ohnehin nicht mehr ertragen, denn die Schlagzeilen flitzen so schnell wie Twittermeldungen. Wer weiß, wieviele Schreibspechte sich inzwischen mit dem Thema beschäftigen? Seltsam ist aber, dass sie Griechenland immer wieder mit den Banken verwechseln, die da gerettet werden.
Die Griechen können jetzt aufatmen. Griechenland gerettet! Europa atmet auf… Ha! Ha! Ha!
Wieso sollte ausgerechnet Griechenland aufatmen? Tatsache ist, dass bei den Griechen nichts ankommen wird, aber der Weg frei ist für weitere 130 Milliarden Euro, die sich die Griechen haben aufs Auge drücken lassen. Nun sollen sie das irgendwo abarbeiten sollen. Aber wo? Lasst sie doch einfach pleite gehen und neu anfangen. Lasst sie in Ruhe! Sollte dabei die eine oder andere Bank umkippen… Na und? Die Welt wird sich weiter drehen – vielleicht erst mal etwas langsamer. Nein, sie haben sich 130 Milliarden nicht aufs Auge drücken lassen. Ihnen steht eine Regierung vor, die dafür verantwortlich ist. Und jetzt strengt Euch an! Die Investoren wollen ihr restliches Geld zurück. Mit Zinsen!
Die armen Griechen. Sie können nicht mal mehr selbst entscheiden, ob sie etwas zurück zahlen oder nicht. Das bestimmen längst andere. Vielleicht werden sie deshalb ihre Regierung abwählen, aus dem Gebäude tragen und dabei erst einmal wütend sein? Vielleicht wäre ihr Jubel grenzenlos. Wer weiß, was sie dann bekommen? Schlimmeres als die EU-Eurokraten und deren Helfershelfer?
Und der arme Ludwig van Beethoven. Sein „Freude schöner Götterfunke“ ist die europäische Hymne, an der sich der Ex-Bundespräsident gestern mit Unterstützung von Vuvuzelas beim Zapfenstreich vergnügen hat können. Ludwig van… würde im Grabe rotieren. Zum Glück war er ja taub.
Freunde schöner Götterfunken!
Hui! Wie flitzte der DAX am Donnerstag aufwärts, als das erste Gerücht aus der griechischen Zentrale für die Garantie von Erfolg die Runde machte. Man wäre weit gekommen, hieß es dort. Natürlich ist man weit gekommen. Doch wohin? Es ist eine verflixte Sache. Wie geht man pleite, ohne bankrott zu sein?
Probleme gibt es nur, wenn man heute alles mit seinem gesunden Menschenverstand erfassen will. Lassen Sie das! Irgendwo lauert hinter der Hecke die Junckersche Strategie. „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ Es passiert inzwischen so oft, dass man sich längst daran gewöhnen konnte. Würde man sich an Recht halten, könnten die Griechen als Volk wirklich aufatmen.
P.S. Kreditausfallversicherungen sind eine gute Erfindung. Das sind Versicherungen, die nur funktionieren, wenn nichts passiert. Und ist etwas passiert?
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