Eigentlich ging es hier um eventuelle soziale Schieflagen, im €uroraum. Schade das der Thread so abdriften mußte.......
Entwicklungstendenzen im Linksextremismus Bei der Landtagswahl 2000 in Nordrhein-Westfalen blieben linksextremistische Parteien bedeutungslos. Auch die PDS musste bei ihren Bemühungen, sich als linke Kraft im Westen zu etablieren, einen Rückschlag hinnehmen. Der in Münster durchgeführte erste Parteitag der PDS in Westdeutschland nahm einen nicht programmierten Verlauf und stürzte die Partei in eine Orientierungskrise. Die innerparteilichen Auseinandersetzungen über die künftige programmatische Ausrichtung gehen weiter. Gefahren für die öffentliche Sicherheit gehen vor allem von militanten Linksextremisten aus, die auf bestimmten Themenfeldern bereit sind, auch Gewalt für ihre Ziele einzusetzen. Parallel zur gesellschaftlichen Entwicklung kam dem Themenbereich Antifaschismus eine überragende Bedeutung für die politische Arbeit zu. Auch in NRW wurden durch Autonome im Rahmen der »antifaschistischen Selbsthilfe« Körperverletzungen und Sachbeschädigungen gezielt als Mittel zur Einschüchterung und Bestrafung des politischen Gegners eingesetzt. Im Themenbereich Antirassismus wird durch Kampagnen und Aktionen versucht, die staatliche Ausländer- und Asylpolitik zu bekämpfen. Direkte Aktionen richten sich dabei auch gegen Firmen und gegen Personen in den öffentlichen Verwaltungen, die an Abschiebemaßnahmen beteiligt sind. Der Widerstand gegen die EXPO 2000 konnte seine Ziele nicht verwirklichen. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die angestrebte Vernetzung mit anderen linken Widerstandsstrukturen nicht gelang. Von terroristischen Gruppen gehen derzeit keine Gefahren aus. Neue Erkenntnisse liegen zu den Taten der früheren »Revolutionären Zellen« vor. Für die politische Arbeit kommt dem Internet eine wachsende Bedeutung zu. Es wird als Präsentations- und Kommunikationsmedium vielfältig genutzt. Überlegungen gehen dahin, die technischen Möglichkeiten im Internet auch für Sabotageaktionen einzusetzen. Entwicklung im Bereich der linksextremistischen Parteien Die linksextremistischen Parteien befinden sich in einer andauernden krisenhaften Entwicklung. Bei der NRW-Landtagswahl 2000 konnten sie nicht an ihre relativen Erfolge bei der NRW-Kommunalwahl 1999 anknüpfen.
Die DKP ist auf dem Weg in die politische Bedeutungslosigkeit. Die Partei hat drastisch an Mitgliedern verloren und findet programmatisch keine Antwort auf die gesellschaftliche Entwicklung. Ihren Platz in den außerparlamentarischen Bewegungen hat sie zumeist an die PDS abtreten müssen.
Die mit dem Westaufbau verbundenen Erwartungen der PDS haben sich bislang nicht erfüllt. Zwar konnte sich der NRW-Landesverband weiter organisatorisch stärken und an Mitgliedern hinzugewinnen; der in Münster durchgeführte erste Bundesparteitag im Westen und das magere Landtagswahlergebnis von 1,1% brachten jedoch neue Rückschläge. Der Verlust ihrer das mediale Erscheinungsbild prägenden Köpfe Gysi und Bisky und die Auseinandersetzungen zwischen den parteiinternen Strömungen über die künftige programmatische Richtung führten die PDS in eine Krise. Die Entscheidung über das neue Parteiprogramm wurde inzwischen auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl vertagt. In NRW wie in anderen westlichen Landesverbänden hat sich nichts daran geändert, dass die PDS unter dem maßgebenden Einfluss von bereits aus früheren linksextremistischen Zusammenhängen bekannten Personen steht.
Die MLPD, die ihren Sitz und Schwerpunkt in NRW hat, bleibt eine auch im linksextremistischen Spektrum isolierte Partei. Auch das neue Parteiprogramm hat an dem realitätsfernen Weltbild und der sektenartigen Struktur der Partei nichts geändert.
Entwicklung im gewaltbereiten linksextremistischen Spektrum Die Zahl der dem gewaltbereiten autonomen Spektrum zugerechneten Personen stagniert in NRW. Im Vergleich zu anderen Ländern war NRW von spektakulären Aktionen mit linksextremistischer Motivation weniger betroffen. Der Trend, wonach sich vor allem das aktionistische Potential auf einige regionale Schwerpunkte mit der Bundeshauptstadt Berlin im Mittelpunkt konzentriert, hält an.
Überragende Bedeutung kam auch in NRW dem Themenfeld Antifaschismus zu. Innerhalb des linksextremistischen Lagers ist man sich nicht einig über Sinn und Nutzen einer Beteiligung an den Bündnissen gegen Rechts und über die Unterstützung der Forderung nach einem Verbot der NPD. Die Versuche von Autonomen, Rechtsextremisten auch bei den gesellschaftsübergreifenden Demonstrationen gegen deren Aufmärsche direkt anzugreifen, konnten oft nur durch Großaufgebote der Polizei verhindert werden. Auch in NRW sahen sich Autonome als berechtigt an, im Rahmen der »antifaschistischen Selbsthilfe« militante Mittel wie Körperverletzungen und Sachbeschädigungen gegen (vermeintliche) Rechte einzusetzen.
Für viele Linksextremisten verkörpert sich in der staatlichen Ausländer- und Asylpolitik ein systembedingter Rassismus, der sie auch zu militanten Aktionen herausfordert. Insbesondere an der »Abschiebemaschinerie« mitwirkende Firmen und Personen sollen für ihre Beteiligung »bestraft« werden.
Der von der Bundesregierung und der Energiewirtschaft vereinbarte sog. Atomkonsens findet in der in Teilen linksextremistisch beeinflussten Anti-Kernkraft-Bewegung weitgehend keine Akzeptanz. Da keine CASTOR-Transporte durchgeführt wurden, blieben auf diesem Themenfeld spektakuläre Ereignisse aus.
Die Bemühungen, der EXPO 2000 einen bundesweit organisierten und über verschiedene Themenbereiche vernetzten Widerstand entgegenzusetzen, blieben erfolglos. Im internationalen Vergleich (beispielhaft sind die Proteste in Seattle, Prag oder Nizza) zeigt diese Entwicklung, die bereits im Jahr 1999 bei den Protesten gegen die EU- und Weltwirtschaftsgipfeltreffen in Köln ähnlich verlaufen war, dass derzeit in Deutschland das Potential für einen schlagkräftigen, gemeinsamen linken Widerstand nicht vorhanden ist.
Von deutschen terroristischen Gruppierungen mit linksextremistischer Motivation gehen derzeit keine Gefahren aus. Der Bundesgerichtshof hat die Revision eines im Vorjahr vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu einer 13jährigen Haftstrafe verurteilten Mitgliedes der »Antiimperialistischen Zelle« (AIZ) verworfen und im Rahmen der Entscheidungsbegründung die zur Aufklärung der Taten durchgeführten Operationen der Sicherheitsbehörden als rechtmäßig gebilligt. Wegen der Beteiligung an Straftaten der vor allem in den 80er Jahren aktiven »Revolutionären Zellen« wurden weitere Tatverdächtige verhaftet oder verurteilt. Für die Inhaftierten wurden aus Protest gegen die »staatliche Repression« auch in NRW Solidaritätsaktionen organisiert.
Mitglieder in extremistischen Organisationen Die Mitgliederzahl der linksextremistischen Organisationen/Gruppierungen betrug Ende 2000 in Nordrhein-Westfalen 4.250 (1999: 4.250).
Linksextremistisch motivierte Straftaten Der Anteil der linksextremistisch motivierten Straftaten an den Gesamtfallzahlen beträgt mit 440 (537) Fällen 12,5 %. Dies ist ein Rückgang um 97 (-18,1 %) Delikte.
Die Grafik zeigt die Verteilung nach wesentlichen Themenfeldern. 132 Fälle sind dem Themenkomplex »Konfrontation mit dem politischen Gegner« zuzurechnen. Hintergrund dieser Fallzahlendominanz ist das Bestreben der linksextremistischen Szene, rechtsextremistischer Agitation jeder Art entgegenzutreten und insbesondere sogenannte »Naziaufmärsche« zu unterbinden (hier u.a.: 6. Mai 2000 in Essen; 2. September 2000 in St. Augustin/Siegburg; 21. Oktober 2000 in Dortmund).
Im Zusammenhang mit der Landtagswahl NRW am 14. Mai 2000 kam es zeitnah zu insgesamt 41 Delikten.
Mit der Eröffnung und Durchführung der Weltausstellung »EXPO 2000« in Hannover gingen in NRW lediglich 5 Straftaten einher, die keinerlei Bezug zu den 25 ausgelagerten EXPO-Projekten in NRW hatten. 13 Straftaten sind aus Anlass der in 2001 bevorstehenden CASTOR-Transporte begangen worden.
Mit insgesamt 208 (47,3 %) gemeldeten Fällen überwogen die Sachbeschädigungen. Dieser deliktsspezifische Schwerpunkt ist symptomatisch für alle Themenbereiche.
Extremismus und moderne Medien Verfahren wegen linksextremistischer Aktivitäten Wegen Straftaten, deren Ursprung dem Bereich des Linksextremismus zuzuordnen ist, haben die Staatsanwaltschaften im Berichtsjahr insgesamt 1.153 (1999: 1.873) Verfahren neu eingeleitet. In der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000 ist in 75 (264) Verfahren gegen 96 (287) Personen Anklage erhoben bzw. Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gestellt worden. 124 (147) Angeklagte wurden rechtskräftig verurteilt; 7 (9) Angeklagte wurden freigesprochen. Gegen 62 (105) Personen wurde das Verfahren von dem erkennenden Gericht eingestellt bzw. die Untersuchung auf nicht einschlägige Straftaten beschränkt.
Linksextremismus im Internet Das Kommunikationsmittel Internet entwickelt sich auch im Linksextremismus zu einem nachhaltigen Agitationsinstrument. Neben den einzelnen Homepages der linksextremistischen Parteien wie z.B. der DKP und MLPD und den Internetseiten autonomer Gruppen, sind zunehmend sogenannte Internetprojekte über das World-Wide-Web abrufbar. Zu nennen sind hier beispielhaft das Nadir-Projekt und «Die Linke Seite". Sie ermöglichen über umfangreiche Linklisten den Zugriff zu fast jeder Homepage linksextremistischer Gruppierungen. Daneben halten sie ein vielfältiges Kommunikationsangebot, wie Mailboxsysteme und «Chat"-Angebote, die eine Echtzeitkommunikation ermöglichen, vor. Auch audiovisuelle Angebote, wie Videosequenzen bis hin zu Radiosendungen dokumentieren das hohe technische Niveau der Internetprojekte.
Die Homepages linksextremistischer Gruppen werden inhaltlich nicht nur als Plattform für Publikationen und Demonstrationsaufrufe genutzt, sondern dienen vor allem als Netzwerk zur Koordination von Treffen und Aktionen zum Beispiel über Mailinglisten. Zusätzlich veröffentlichen insbesondere Antifa-Gruppen steckbriefähnliche Täterbeschreibungen von Rechtsextremisten. Diese sogenannten Hasslisten rufen zwar nicht explizit zu Gewalttätigkeiten gegen diese Personen oder deren Eigentum auf, nehmen ein solches Tätigwerden aber zumindest billigend in Kauf und liefern hierfür die durch Recherchen ermittelten Informationen. Eine neue Dimension könnte die Nutzung des Internets durch Linksextremisten dann erreichen, wenn die Ideen, die in der Szenezeitschrift Interim unter der Überschrift »Geschichte des Hacktivism« dargestellt werden, tatsächlich realisiert würden. Das Internet soll demnach nicht mehr bloßes Kommunikationsmittel sein, »sondern selbst zum Objekt und Schauplatz der Aktion« werden.
In Frage kommt zum einen die Platzierung von Logos und Texten auf fremden Web-Seiten. Dieses Vorgehen bietet auch für ansonsten organisatorisch schwache Gruppen eine einfache und billige Möglichkeit, die politischen Ziele öffentlich zu machen und zu verbreiten. Weit gefährlicher sind jedoch die sogenannten virtuellen Blockaden. Sie werden durch ein einfaches Programm erzeugt, das zunächst per E-Mail auf eine Vielzahl anderer, ggf. unbeteiligter Rechner transferiert wird. Von diesen Stellen geht dann zur gleichen Zeit der Befehl aus, die Web-Seite eines Internetteilnehmers immer wieder zu laden. Dies führt unweigerlich zur Blockade und letztlich auch zum Absturz des Rechners. Gegenstand dieser Aktionen können nicht nur Rechner bekämpfter Privatunternehmen sein, denen man z.B. vorwirft, politisch missbilligte Geschäftsbeziehungen zu unterhalten oder auf andere Weise Gewinne zu erzielen, sondern auch Server von Städten und Großorganisationen, die eine sichere Infrastruktur gewährleisten sollen. Ob diese oder andere Formen des »Hacktivism« auch in Deutschland zur Durchsetzung linksextremistischer Zielsetzungen zukünftig erfolgreich eingesetzt werden, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Der Hinweis auf den Virus »I love you« zeigt jedoch, dass die Sicherungssysteme ständig dem technischen Fortschritt angepasst und gegen Methoden des politisch motivierten virtuellen Kampfes gewappnet werden müssen.
gruß proxi |