Wie man (Klein-)Aktionären Sand in die Augen streut, kann man gerade bei der SGL beobachten. Und ehrlich gesagt, bei näherem Hinsehen komme ich aus dem Staunen nicht heraus!
So wurde betont, dass der Wert des Unternehmens 350 MIo. € beträgt, obgleich nur 200 bezahlt werden. Etwas vergleichbares habe ich noch nie gehört. Wo die 350 Mio. eigentlich herkommen? Heute habe ich es herausgefunden: S.34 Halbjahresbericht: Vermögensgegenstände der PP: 581 Mio €. Schulden 245 Mio €. Differenz: 336 Mio. €. Wenn man davon überzeugt ist, dass die Einzelteile mehr wert sind als das Ganze, dann kommt man auf einen Gesamtwert von 350 Mio. Folglich muss man auch keine direkte Wertberichtigung auf die zu veräußernden Einheiten vornehmen. Bei dem einen Teil wäre es egal, der Verlust des anderen Teils müsste aber sofort in die Bücher aufgenommen und im nächsten Quartalsbericht ausgewiesen werden.
Wie das jedoch mit den 50 Mio zusammenpasst, die noch als Verlust anfallen werden, ist mir etwas schleierhaft. Mutmaßlich die prognostizierten Verluste, die bis zur abschließenden Veräußerung von SGL zu tragen sind. Das wirft bei mir auch die Frage auf, ob der Vertrag tatsächlich mehr ist als eine Absichtserklärung. Aber egal. In der Not kann jeder Strohhalm hilfreich sein.
Wenn jetzt Unternehmensteile für 200 Mio. zum Buchwert veräußert wurden, dabei faktisch ein Verlust von 50 Mio € eingefahren wird, dann rechne ich damit, dass für den/die anderen Unternehmensteile ebenfalls 50 Mio. Verluste realisiert werden (müssen).
Damit stehen latente Verluste von 100 Mio. € im Raum. Ob damit auch früher gebuchte Steuervorteile aus Verlustvorträgen hinzukommen? Schwer zu sagen.
Ob die verbleibenden Bereiche im III. Quartal vielleicht gerade die operative Nulllinie nach Steuern erreichen, bleibt abzuwarten. Viel verspreche ich mir davon ohnehin nicht. Bleiben als Last noch die Pensionsverpflichtungen. Hier ist ebenfalls kein Land in Sicht, da dürften vielleicht noch 10-20 Mio. € obendrauf kommen.
Lange Rede, ein Fazit. Das zuletzt ausgewiesene Eigenkapital von 170 Mio. € wird alsbald auf eine Größe von 50-80 Mio. zusammenschmelzen.
Bei einer Bilanzsumme von 1,8 Mrd. € sind das allenfalls noch 5 %. Nach Veräußerung der Verlustbringer. Klar, dass da eine Kapitalerhöhung unerläßlich ist.
Losgelöst davon rechen ich mit einem Ertragswert des neuen Unternehmens von 500 Mio. €. Dieser Wert müßte der Marktkapitalisierung entsprechen - was es derzeit nicht tut, denn die ist mehr als doppelt so hoch, aber das nur am Rande.
Wenn man das neue Unternehmen mit einem EK Anteil von 30% ausstatten wollte, dann müsste man wohl gut 450 Mio einbringen. Aus meiner Sicht viel Geld für solche Bilanzdaten.
Und man sollte sich auch nicht von den Geschäftsaussichten blenden lassen: Der große Durchbruch ist noch immer nicht geschafft, und die Elektroautos werden ihn Stand heute, auch nicht herbeiführen. Da ist mehr Phantasie drin, als die Aktie verkraften kann.
Per Saldo hat es die SGL vielleicht gerade so geschafft, den Konkurs zu vermeiden. Das ist m.E. aber noch kein Grund Sektkorken knallen zu lassen.
Ein Kurs von 10 € und mehr halte ich deshalb für weit überhöht. Das geht nicht mehr lange gut, schon gar nicht, wenn die Details der KE auf den Tisch kommen.
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