ich möchte mich bei Dir und allen anderen bedanken, dass Ihr meine Inputs zu den Wandelanleihen und der diesbezüglichen Problematik bei EPOXY so gut unterstützt – dort liegt ein ganz wesentlicher Einfluss auf die Aktienkursentwicklung der letzten beiden Quartale.
Möglichst verständlich auch für alle erklären, die mit Wandelanleihen noch nicht vertraut sind bzw. ev. gar nicht wissen, was das ist, möchte ich folgendes: Bei jedem meiner paar Investments habe ich sowohl versucht in Wandelschuldverschreibungen (Wandelanleihen, convertible bonds) zu investieren als auch in Aktien.
Für die nicht mit dem Thema Anleihen und Wandelanleihen vertrauten Leser: eine Anleihe ist in der Kapitalmarktpraxis meist ein endfälliger Kredit, der an der Börse gehandelt wird (ähnlich einer Aktie) und wo jährlich ein oder mehrmals die Zinsen bezahlt werden. Eine Wandelanleihe ist eine Anleihe, die meist geringere Zinsen als eine Anleihe aufweist und dafür das Recht für den Anleihebesitzer enthält seine Anleihe in Aktien des Unternehmens zu einem festgesetzten Umtauschkurs umzutauschen (= zu wandeln).
Bei Wandelanleihen bzw. ihren Auswirkungen auf den Aktienkurs habe ich bei mehreren Unternehmen interessante Eigenschaften festgestellt, wovon ich IMMOFINANZ und EPOXY erläutere: Absichtlich erkläre ich es historisch, wie ich in dieses Thema hineingekommen bin, weil die momentane Kursproblematik von EPOXY mit diesem Hintergrundwissen um einiges relaxter und auch differenzierter gesehen werden kann - auch nehme ich das konkrete Beispiel IMMOFINANZ, damit jeder die Richtigkeit meiner Ausführungen nachvollziehen kann und damit ein milliarden-Euro-schweres bekanntes Unternehmen betroffen ist, das in einem grundsätzlich eher konservativen Bereich „Immobilien“ tätig ist.
Im Jahr 2007 und 2008 habe ich mir die österreichische IMMOFINANZ AG genauer angesehen. Im Jänner 2007 bei der Ausgabe der Wandelanleihe 2007/14 von IMMOFINANZ um € 750 Mio. ist mir aufgefallen wie stark der IMMOFINANZ-Aktienkurs intraday und in Summe nachgegeben hat. Damals wusste ich noch nicht warum. Bei der Ausgabe der zweiten Wandelanleihe von IMMOFINANZ 2007/17 im November 2007 um wiederum € 750 Mio. konnte ich meine Erfahrung von Jänner 2007 mit einem guten Tradinggewinn nutzen. Inzwischen hatte ich verstanden, dass die Wandelanleihe-Inhaber (oft Hedgefonds) bei IMMOFINANZ um den Kauf der Wandelanleihe zu finanzieren Aktien systematisch leerverkaufen und dass dies eine gängige Praxis der Hedgefonds zur Refinanzierung des Kaufpreises der Wandelanleihen ist.
Das funktioniert so: Durch das Recht die Aktien durch die Wandlung jederzeit zu erhalten, ist das Risiko eines Leerverkaufs begrenzt, weil der Maximalbetrag des Eventualerwerbs der Aktien feststeht. Wenn nun die Aktien geborgt werden (= Leerverkauf), können sie jederzeit im Extremfall zurückgegeben werden. Durch den Leerverkauf der Aktien wird Liquidität gewonnen. Fällt die Aktie dann durch irgendeine Krise des Unternehmens oder einer Finanz-, Wirtschafts-, Euro- oder sonstigen Krise während 7 Jahren bzw. 10 Jahren (= die gesamte Laufzeit der Wandelanleihen), hat der Leerverkäufer die Möglichkeit die Aktie zum gefallenen Preis wieder zurückzukaufen. Dadurch macht der Hedgefonds ein sehr gutes Geschäft. Wie gut dieses Geschäft ist, möchte ich am Beispiel von IMMOFINANZ zeigen: Im Jänner 2007 war der IMMOFINANZ-Aktienkurs bei € 12,xx. Im November 2007 nur mehr bei € 7,xx. Im November 2008 nur mehr bei € 0,30.
Hedgefonds, die im Jänner 2007 die IMMOFINANZ-Aktien leerverkauft hatten, konnten sie im November 2008 um € 0,30 wiederkaufen und zwar massenhaft. Jeder mag sich den Profit selbst ausrechnen – und das bei einem milliardenschweren österreichischen Unternehmen, in das rund 100.000 österreichische Privatanleger investiert hatten, die auch jetzt noch zu einem wesentlichen Teil an IMMOFINANZ beteiligt sind.
2009 hat IMMOFINANZ ein freiwilliges Umtauschangebot für ihre beiden Wandelanleihen gemacht, welches 38 % der Wandelanleihen-Inhaber angenommen haben. Aus € 500.000 Wandelanleihe-Nominale der 2007er-Wandelanleihen (egal welcher aus 2007) wurde € 200.000 Wandelanleihe-Nominale einer Wandelanleihe 2009/11. Dafür wurde der Wandlungspreis von € 14,xx bzw. € 9,xx auf € 2 reduziert. Dann kam es im Jahr 2011 zur Wandlung jener Wandelanleihe 2009-11 mit € 2.
Ein Volumen von über € 200 Mio. wurde gewandelt mit über 100 Mio. neuen IMMOFINANZ-Aktien, die im Zuge der Wandlung ausgegeben wurden. Es wurden fast alle Wandelanleihen in Aktien gewandelt und nur ganz wenige durch Rückzahlung getilgt. Während der Wandlungsfrist war der Aktienkurs massiv unter Druck. Nach der Wandlungsfrist zog der Aktienkurs wieder an. IMMOFINANZ konnte durch das Umtauschangebot der Wandelanleihen und die Wandlung in neue Aktien rund € 600 Mio. Schulden los werden, was dem Aktienkurs mittelfristig sehr gut tat. Es gab eine etwa 10 %ige Verwässerung – die Ausgabe von rund 100 Mio. neuer Aktien bei 1 Mrd. bestehender Aktien.
Die neue Wandelanleihe 2011/18, wo der Rest der Wandelanleihe-Schulden, die nicht zurückgekauft oder getilgt wurden, freiwillig umgetauscht wurde, hat keine Konditionen, die ich besser als die Aktie erachte. Hier habe ich nur mehr in IMMOFINANZ-Aktien investiert. Im März 2016 wird die über € 500 Mio. schwere neue IMMOFINANZ-Wandelanleihe durch eine Put-Option fällig, falls sie nicht vorher gewandelt wurde oder die Put-Option nicht gezogen wird, sondern 2016 bis 2018 gewandelt wird.
Im April 2015 bekam IMMOFINANZ ein Übernahmeangebot von der CA IMMO und von O1. Es wurde angeboten 150 Mio. Aktien um € 2,80 pro Stück zu kaufen. Nur 10 % der Aktionäre haben dieses Angebot angenommen, womit nur 15 Mio. Aktien verkauft wurden. Das Übernahmeangebot ist damit gescheitert. Somit gab es wohl nicht viele verkaufswillige Aktionäre, obwohl das Angebot beworben wurde und in allen Medien im Zuge einer Übernahmeschlacht war und mehrere Wochen lang angenommen werden konnte und natürlich jeder Aktionär von seiner Depotbank über das Angebot informiert wurde.
Nach dem Ablauf des Übernahmeangebots verfiel der Kurs rapide auf bis zu € 2,043 und erholte sich dann auf € 2,233 am vergangenen Freitag. Dass der rapide Kursverfall der IMMOFINANZ-Aktie in den letzten Monaten von € 2,851 im April 2015 auf € 2,043 im Juli 2015 nicht nur mit der gescheiterten Übernahme und der Griechenland-Krise und dem Anziehen der Renditen auf den Bondmärkten zu tun hat, sondern mit Finanztransaktionen von Wandelanleihe-Inhabern halte ich für mehr als wahrscheinlich. Mit Finanztransaktionen meine ich sowohl Wandlungen und Verkäufe von IMMOFINANZ-Aktien als auch Leerverkäufe von Hedgefonds, die Wandelanleihen halten. Die IMMOFINANZ-Wandelanleihen werden zu über 99 % von institutionellen Investoren (darunter ein großer Anteil Hedgefonds) gehalten.
Wie sehe ich die Situation bei EPOXY: In der Anfangszeit hatte EPOXY (oder die EPOXY-Tochter Coupons Inc. (oder so ähnlich)) offensichtlich kein Geld – eben Gründerzeiten eines Unternehmens, wo viel zu viel versprochen wird:
EPOXY hat nachweislich versprochen oder das Versprechen durch die Übernahme von Coupons Inc. Übernommen, dass sie 250 Mio. neue Aktien für nur $ 125.000 anbieten! Das war damals zumindest 60 % des Unternehmens! (ich spare mir aufgrund der Länge meiner Postings Quellen-Angaben und bitte andere notwendige Quellen anzuführen um die Richtigkeit zu untermauern.)
Im Juli 2014 gelang es diese Wahnsinns-Gründerzeit-Wandelanleihe zu restrukturieren und nicht mehr 250 Mio. neue Aktien anzubieten, sondern nur mehr 25 Mio.
Für mich ist naheliegend, dass diese 25 Mio. Aktien im Q2 und Q3 2015 gewandelt und verkauft wurden und dass diese Wandlung entweder vollständig abgeschlossen oder fast vollständig abgeschlossen ist. Es geht um immerhin noch mehr als 12 % des gesamten Aktienbestandes von EPOXY (all issued shares).
Dafür habe ich zwar keine Beweise, aber eine Reihe von Indizien: z.B. dass Wandelanleihen in fast allen Fällen entweder bis wenige Tage vor deren Fälligkeit gewandelt werden müssen oder zum Fälligkeitstermin getilgt werden. Ein anderes Beispiel: die für jeden von Euch, der die Verkäufe an der OTC/Nasdaq verfolgt hat, bekannten hochvolumigen Verkäufe, wo Mio. von Stück einfach in den Markt (ins Bid) hineingedrückt werden. So sehen keine Verkäufe von Kleinaktionären aus, sondern welche von Brokern, die gewandelte Aktien innerhalb einer kurzen Zeitspanne verkaufen sollen/müssen. Bitte schaut Euch die Fälligkeitslisten der Wandelanleihen an usw. Ich bin mir sicher, dass dieser Spuk ein Ende hat und ich bin EPOXY sehr dankbar, dass sie die guten Nachrichten (so sie hoffentlich welche haben werden) nicht vor den Wandlungs- und Verkaufvorgängen verheizen.
Bitte macht noch eine Plausibilitäts-Überprüfung: würdet Ihr als Wandelanleiheinhaber von EPOXY auf die Rückzahlung der Wandelanleihe durch EPOXY setzen? ich sicher nicht! Erstens nicht, weil dann der hohe Wandlungsprofit weg wäre und zweitens nicht, weil ich EPOXY gar nicht in der Lage sehen würde gesichert die Wandelanleihen zu tilgen. Deshalb muss wohl gewandelt werden und meistens wird in einem Zug gewandelt und verkauft. Dass brauchte bei mir einige Zeit um zu verstehen, dass Wandelanleiheinhaber die Aktionäre als Verkaufsbasis sehen und keine Anlegerklasse der Aktionäre sind. Theoretisch könnte es ja so sein, dass nur gewandelt wird und dann die Wandelanleiheinhaber zu Aktionären werden (so wie ich teilweise), aber ich bin kein Hedgefonds und hier eine absolute Ausnahme.
Sehr hilfreich wäre es, wenn jemand Handelsdaten von EPOXY von der OTC gesammelt hat und das Handelsvolumen im Q2 und Q3 2015 seit dem letzten Quartalsbericht dem Volumen der offenen Wandelanleihen gegenüberstellt. Dann wissen wir am ehesten was gespielt wird und lässt sich meine Annahme, dass der Spuk bald vorbei ist entweder untermauern oder widerlegen.
Allen ein schönes Wochenende! |