hier ein erneutes beispiel für die konzeptlosigkeit einer koalitionspartei. der leser selbst liest, wie es um die richtungstreue einiger "grünenINNEN" bestellt ist. ################################################## Sager: "Es gibt Verhandlungsbedarf" Die Grünen-Fraktionschefin pocht auf Nachbesserungen - etwa beim Hartz-Konzept Berlin – Die Grünen haben mit der Abkehr vom Sparkurs eines ihrer Markenzeichen aufgegeben. Die neue Fraktionsvorsitzende Krista Sager rechtfertigt die Kehrtwende als alternativlos und weist den Vorwurf der Sozialdemokratisierung ihrer Partei zurück. Mit der früheren Hamburger Wissenschaftssenatorin sprachen Nikolaus Blome und Stephan Haselberger.
DIE WELT: Frau Sager, warum haben die Grünen ihr Profil als Reformmotor der Koalition preisgegeben?
Krista Sager: Das haben wir nicht! Wir haben mit dem Koalitionsvertrag eine gute Arbeitsgrundlage geschaffen für die ökologische Modernisierung der Volkswirtschaft. Dabei halten wir am Ziel der Nachhaltigkeit und der Generationengerechtigkeit fest.
DIE WELT: In der vergangenen Wahlperiode haben die Grünen ständig das Hohelied vom Sparen gesungen, heute tragen sie eine stärkere Verschuldung mit. Was ist daran nachhaltig?
Sager: Zwei Drittel der Summe für die Haushaltskonsolidierung wird durch Sparmaßnahmen erbracht. Sie sollten genau hinsehen.
DIE WELT: Das Sparpaket besteht doch zu zwei Dritteln aus Einnahmeverbesserungen.
Sager: Das ist nicht richtig: Wir reduzieren Ausgaben zum Beispiel mit der Kürzung der Eigenheimzulage, und wir streichen Begünstigungen etwa bei der Mehrwertsteuer. Das alles ist Teil eines Konsolidierungskonzeptes, bei dem es darum geht, die Aufgaben des Staates neu zu gewichten. Man kann in schwierigen Zeiten nichts Neues gestalten, indem man einfach so weitermacht wie bisher.
DIE WELT: Früher hieß es bei den Grünen, höhere Schulden seien eine Kampfansage an die nächsten Generationen.
Sager: Die Regierung hält an ihrem Konsolidierungsziel fest, die Neuverschuldung im Jahr 2006 auf null zu bringen. Das ist das Wichtigste. Die Sparbeiträge bis dahin müssen wir flexibel gestalten, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Außerdem bleibt die Neuverschuldung selbst in diesen schwierigen Zeiten deutlich unter der Nettokreditaufnahme der Regierung Kohl.
DIE WELT: Und wenn die Konjunktur nicht anzieht, wird das Sparziel eben verfehlt …
Sager: Es wäre unverantwortlich, unsere Chancen jetzt nicht zu nutzen. Das Hartz-Konzept soll zügig umgesetzt werden. Das wird Haushalte und Sozialversicherungen mittelfristig finanziell entlasten. Unverzichtbar sind außerdem Zukunftsinvestitionen in Bildung und Kinderbetreuung. Die Union hat immer noch nicht verstanden, dass eine moderne Familienpolitik kein Firlefanz für schöne Zeiten ist. Solange Beruf und Familie schwer zu vereinbaren sind, werden vor allem Frauen in die Sozialhilfe getrieben, weil sie nicht arbeiten können. Damit werden diese Frauen nicht nur von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgegrenzt, sondern auch die sozialen Sicherungssysteme und die Kommunen enorm belastet.
DIE WELT: Der Kursschwenk in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zeigt, wie sehr sich die Grünen inzwischen den Sozialdemokraten angenähert haben. Ist Ihre Partei auf dem Weg zu einer Öko-SPD?
Sager: Nein. Beide Seiten haben in der letzten Legislatur voneinander gelernt, aber das hat nichts mit einer Sozialdemokratisierung der Grünen zu tun. Der Koalitionsvertrag trägt eine klare grüne Handschrift. Wir stehen für Bürgerrechte und die ökologisch-soziale Erneuerung. Und wir wachen zugleich über die Staatsverschuldung und die Lohnnebenkosten – aus Gründen der Generationengerechtigkeit.
DIE WELT: Die Lohnnebenkosten steigen, wenn Renten- und Krankenkassenbeiträge erhöht werden. Wie wollen Sie so Arbeitsplätze schaffen?
Sager: Wir brauchen dringend Strukturreformen im Gesundheitsbereich und bei der Rente. Ich sehe es mit äußerster Skepsis, dass wir uns in den Koalitionsverhandlungen nicht mit der Forderung durchsetzen konnten, die Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme auf eine breitere Grundlage zu stellen. Das Thema werden wir wieder auf die Tagesordnung setzen: Freiberufler und Beamte müssen in Zukunft ebenfalls einbezogen und Einkünfte aus Kapital- oder Immobilienvermögen herangezogen werden.
DIE WELT: Der Kanzler will jetzt eine Kommission für die Renten- und Gesundheitsreform einberufen, sagt aber nicht, bis wann ein Ergebnis vorliegen muss. Reicht Ihnen das aus?
Sager: Ich begrüße den Vorschlag sehr. Die Ergebnisse müssen aber schnell kommen, damit wir die Reformen noch in dieser Legislatur umsetzen können. Darauf werden die Grünen achten, das werden wir auch durchsetzen.
DIE WELT: Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will die Krankenkassenbeiträge nun per Gesetz festschreiben. Ist das mit den Grünen zu machen?
Sager: Wir sind der Ansicht, dass mit den im Beitragsbemessungsgesetz geplanten Maßnahmen die Beiträge im kommenden Jahr stabil gehalten werden können. Alle Beteiligten im Gesundheitswesen, von den Ärztinnen und Ärzten über die Pharmaindustrie bis hin zu den Apothekern und den Krankenkassen, müssen sich an den Einsparmaßnahmen beteiligen. Wenn diese Pläne schnell umgesetzt werden, sind dirigistische Akte, wie die Festschreibung der Beiträge per Gesetz, eher kontraproduktiv, weil es die Akteure für weitergehende Reformen finanziell aus der Verantwortung entlässt.
DIE WELT: Mit der Abzugsfähigkeit für Unternehmensspenden hat Gerhard Schröder die Koalitionsvereinbarung bereits in einem Punkt nachgebessert. Sehen Sie weiteren Korrekturbedarf?
Sager: Es war sehr vernünftig, hier eine Korrektur vorzunehmen. Die Grünen-Fraktion hätte hier ohnehin Widerstand geleistet. Im Übrigen sind wir dagegen, das Konsolidierungspaket aufzuschnüren. Wir werden mit der SPD aber Diskussionen über die konkrete Ausgestaltung der verabredeten Maßnahmen führen müssen. Da gibt es in manchen Punkten noch Klärungs- und Verhandlungsbedarf.
DIE WELT: Wo?
Sager: Wir werden uns sicher noch einmal über Teile des Hartz-Konzepts unterhalten müssen. Die Steuerbegünstigung für 500-Euro-Jobs darf nicht auf Haushaltshilfen beschränkt werden, sondern muss auf andere Teile des Niedriglohnsektors ausgedehnt werden – allerdings mit höheren Sozialversicherungsbeiträgen, um Missbrauch zu verhindern.
DIE WELT: Nachgebessert wird gegen Ihren Willen auch bei den Plänen zur Kürzung der Eigenheimzulage.
Sager: Die sich jetzt abzeichnende Vereinbarung geht völlig in Ordnung. Es ist richtig, die Eigenheimförderung auf Familien mit Kindern zu konzentrieren. Ich halte es angesichts der schwierigen Zeiten für vertretbar, die Eigenheimzulage in mehreren Jahresschritten auf fünf Milliarden Euro abzuschmelzen. Es ist auch richtig, Altbauinvestitionen nicht schlechter als den Neubau zu behandeln.
DIE WELT: Der Kanzler hat eine weitere Erhöhung der Ökosteuer nach dem Jahr 2003 ausgeschlossen. Hat er damit gegen den Koalitionsvertrag verstoßen?
Sager: Wir haben vereinbart, die Fortentwicklung der Ökosteuer zu prüfen, dabei bleibt es, und das werden wir rechtzeitig in Erinnerung bringen. Wir werden natürlich auch die Ölpreisentwicklung berücksichtigen, aber die SPD wird die Diskussion über die ökologische Modernisierung mit uns weiterführen müssen.
DIE WELT: In zwei Wochen steht Rot-Grün mit der Abstimmung über die Verlängerung des Anti-Terror-Einsatzes der Bundeswehr eine erneute Belastungsprobe bevor. Können Sie garantieren, dass eine eigene Mehrheit der Koalition nicht am Widerstand einzelner Grünen-Abgeordneter scheitert?
Sager: Ich will da nicht spekulieren. Ich kann nur eines definitiv sagen: Alle Abgeordneten in dieser Grünen-Fraktion nehmen den Auftrag der Wähler sehr ernst, vier weitere Jahre grüne Reformpolitik in einer rot-grünen Regierung zu machen. Das sehen auch Abgeordnete wie Winfried Hermann und Hans-Christian Ströbele so.
Samstag, 02. November 2002 Berlin, 18:05 Uhr
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kein kommentar:)
gruß proxi |