Es mehren sich die Hinweise, dass islamistische Terroristen hinter der Attentatsserie von Madrid stecken könnten. In London tauchte ein angebliches Bekennerschreiben von al-Qaida auf. Zudem stellte die spanische Polizei am Abend einen Lkw sicher, in dem sich neben Bombenzündern auch ein Tonband mit Koranversen befunden hat. Madrid - Die Londonder Zeitung "al Quds al Arab" berichtet, dass ihr ein Bekennerschreiben von al-Qaida vorliege. Eine Gruppierung namens Abu-Hafs-el-Masri-Brigaden habe sich in der E-Mail im Namen al-Qaidas zu dem Anschlag bekannt.
In dem Schreiben heißt es: "Wir haben erfolgreich das Herz des Kreuzfahrer-Europas infiltriert und einen der Stützpunkte der Kreuzfahrerallianz getroffen." Die Anschläge wurden als "Operation Todeszüge" bezeichnet. Auch auf die Vereinigten Staaten sei ein großer Anschlag, der "Wind des schwarzen Todes" geplant. "Wir bringen den Moslems der Welt die gute Nachricht, dass die erwarteten Schläge 'Winde des schwarzen Todes' gegen Amerika in ihrer abschließenden Phase sind ... zu 90 Prozent fertig und, so Gott will, nahe sind", heißt es darin.
An die Adresse von Spaniens Ministerpräsident José María Aznar gerichtet, hieß es: "Aznar, wo ist Amerika? Wer wird Dich, Großbritannien, Japan, Italien und andere vor uns schützen?" Spanien gehörte zu den engsten Verbündeten der USA im Irak-Krieg.
Spanien reagiert zurückhaltend auf den Bekennerbrief
Es war zunächst nicht möglich, die Echtheit des Schreiben zu überprüfen. Spanien reagierte mit Zurückhaltung auf die E-Mail. Das Schreiben werde "mit äußerster Vorsicht" analysiert, teilte ein Regierungssprecher mit. Es müsse geprüft werden, ob das Schreiben überhaupt echt sei. Die US-Armee in Bagdad hatte in der vergangenen Woche ein angebliches Schreiben der gleichen Gruppe als nicht Ernst zu nehmend bezeichnet, in dem diese die Verantwortung al-Qaidas für das Blutbad bei den schiitischen Aschura-Feierlichkeiten im Irak bestritt. Abu Hafs al Masri war der Kampfname des von US-Truppen in Afghanistan getöteten Militärchefs der al-Qaida. Abu Hafs hieß mit bürgerlichem Namen Mohammed Atef und war früher in Ägypten Polizist gewesen.
Auch die Zeitung hatte bereits früher ähnliche Briefe von derselben Brigade erhalten, in der diese sich im Namen von al-Qaida für die Anschläge auf zwei Synagogen im November in der Türkei und zu dem Anschlag auf das Uno-Hauptquartier in Bagdad im August bekannte.
USA und Frankreich erhöhen Sicherheitsvorkehrungen
Der Chefredakteur der Zeitung, Abdelbari Atwan, sagte, er wäre "nicht überrascht", wenn das Bekennerschreiben echt wäre. Atwan hatte den al-Qaida-Anführer Osama bin Laden vor den Anschlägen des 11. September 2001 interviewt. "Es ist die Gewohnheit solcher Organisationen, solche E-Mails zu verschicken", sagte Atwan. Al-Qadia habe Anschläge gegen Spanien, den treuesten europäischen US-Verbündeten neben Großbritannien, wiederholt angekündigt.
Am Abend wurde zudem bekannt, dass die USA und Frankreich ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärkt haben. In New York etwa würden zusätzliche Polizeikräfte Bahnhöfe und andere sicherheitsrelevante Einrichtungen der der U-Bahn bewachen. Eine Maßnahme, die bei einer Urheberschaft der baskischen Terrorgruppe Eta wohl nicht ergriffen worden wäre.
In der Kleinstadt Alcalá de Henares östlich der Hauptstadt sei ein gestohlener Lieferwagen aufgespürt worden, in dem die Sprengstoff-Zünder und das Tonband in arabischer Sprache gefunden worden seien, hatte zuvor Spaniens Innenminister Angel Acebes in Madrid erklärt
Er habe angeordnet, nun in alle Richtungen zu ermitteln, sagte der Minister weiter. Als Hauptverdächtiger gelte aber weiter die baskische Untergrundorganisation Eta..
Tonband enthalte keine Anschlagsdrohungen
Das gefundene Tonband enthalte nach bisherigen Erkenntnissen keinerlei Drohung mit einem Anschlag und auch keine Warnung vor einem Attentat. Der Lieferwagen stünde aber im Zusammenhang mit den Explosionen in mehreren Pendlerzügen am Morgen, sagte Acebes.
Auch nach Einschätzung des Chefs der EU-Polizeibehörde Europol tragen die Anschläge nicht die Handschrift der Eta. "Es könnte die Eta gewesen sein ... Aber wir haben es mit einem Anschlag zu tun, der nicht dem bisher von der Eta angewandten Operationsstil entspricht", sagte Europol-Chef Jürgen Storbeck in Rom. Storbeck verwies darauf, dass die Eta bisher ihre Anschläge immer gegen bestimmte Personen gerichtet habe und dort, wo Risiken für die Zivilbevölkerung bestanden hätten, vorher Warnungen abgegeben habe. "Es ist noch nicht klar, dass sie die Urheber waren", sagte Storbeck der italienischen Nachrichtenagentur Ansa.
Ein Sprecher der ETA-nahen, verbotenen Basken-Partei Batasuna hatte erklärt, die Eta stehe nicht hinter den Anschlägen. Die konservative Regierung in Madrid hatte die Eta, die mit Gewalt für ein unabhängiges Baskenland kämpft, von Anfang an als Hauptverdächtigen benannt. In den USA wie auch von der EU wird die Eta als terroristische Organisation eingestuft.
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