Massaker an 148 Schiiten für schuldig.(orf)
Erschießung verweigert "Das Gericht hat entschieden, Saddam Hussein el Madschid wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit dazu zu verurteilen, gehängt zu werden, bis der Tod eintritt", verlas Richter Rauf Abdel Rahman das Urteil in einem der spektakulärsten politischen Prozesse seit den Nürnberger Prozessen vor rund 60 Jahren.
Husseins Wunsch bleibt ungehört Der Richter ignorierte damit einen Appell Husseins, bei einem Schuldspruch nicht durch den Strang, sondern durch Erschießen hingerichtet zu werden. Bereits im Juli hatte sich Hussein als Mann des Militärs bezeichnet, der im Falle eines Todesurteils zum Tod durch Erschießen verurteilt werden müsse.
"Gott ist groß" Zur Urteilsverkündung am Sonntag wollte Hussein zunächst nicht aufstehen. Dann erhob er sich und rief: "Gott ist groß (...). Lang lebe die Nation", wobei er den Richter fast übertönte. Seinen Anwälten hatte er nach deren Angaben vor der Urteilsverkündung gesagt, er werde ohne Angst, mit Stolz auf sein Land und seine arabische Nation sterben.
Auch ein Halbbruder und ein früherer Richter wurden zum Tod verurteilt. Vier weitere Mitangeklagte erhielten lange Haftstrafen.
Nach der Bekanntgabe der Urteile wurden die Männer abgeführt. Nach der rund 45-minütigen Sitzung schloss Abdel Rahman den seit rund einem Jahr andauernden Prozess.
Automatische Berufung Ob und wann die Urteile vollstreckt werden, ist unklar. Ein Todesurteil und eine lebenslange Haftstrafe ziehen nach irakischem Recht automatisch ein Berufungsverfahren nach sich.
Sind alle Berufungsmöglichkeiten ausgeschöpft, muss das Urteil binnen 30 Tagen vollstreckt werden. Es gibt keine Vorschrift für die Dauer eines Berufungsverfahrens. Hussein droht auch in einem zweiten Prozess wegen Völkermordes an Kurden die Todesstrafe.
Bush begrüßt Urteil gegen Hussein US-Präsident George W. Bush begrüßte das Urteil. Der Schuldspruch sei eine "bedeutende Leistung" für die junge Demokratie in dem Golfstaat, sagte Bush am Sonntag in Texas.
"Guter Tag für den Irak" "Er sieht der Strafe entgegen, die er verdient", sagte Ministerpräsident Nuri el Maliki zum Strafmaß. Der Sprecher des US-Präsidialamts, Tony Snow, erklärte, es sei "ein guter Tag für das irakische Volk".
Husseins Verteidiger kritisierte indes das Urteil als Verhöhnung der Gerechtigkeit und Augenauswischerei. Ein unter US-Besatzung geschaffenes Gericht habe von vornherein kein faires Verfahren garantieren können, sagte Anwalt Buschra el Chalil der Nachrichtenagentur Reuters.
Jubel unter Schiiten In vielen von Schiiten bewohnten Teilen des Irak stürmten Menschen auf die Straße, um das Urteil zu feiern, und skandierten Slogans wie "Richtet Saddam hin".
In Tikrit, der Heimatstadt des Sunniten, skandierten Menschen hingegen alte Slogans der Baath-Partei wie "Saddam, wir werden unser Blut für dich geben". Während der staatliche Fernsehsender Bilder feiernder Menschen zeigte, war auf dem wichtigsten sunnitischen Sender eine Seifenoper zu sehen.
Gefechte trotz Ausgangssperre In Bagdad lieferten sich Soldaten der USA und des Irak Gefechte mit Extremisten. In zwei Stadtteilen schlugen den Angaben zufolge Granaten ein. Mindestens fünf Menschen starben.
Amnesty kritisiert Verfahren Amnesty International bekräftigte seine Kritik an dem Verfahren. "Wir bedauern das Todesurteil", sagte der zuständige Amnesty-Direktor Malcolm Smart.
"Das Gericht war nicht unparteiisch. Jedes Individuum hat das Recht auf ein faires Verfahren, auch Menschen, die wegen Verbrechen von solchen Ausmaßen angeklagt sind wie Saddam Hussein. Das war kein faires Verfahren."
Lückenhafte Beweisführung? Miranda Sissons vom Internationalen Zentrum für Justiz in New York sagte, das Verfahren sei auch wegen politischer Einmischung und lückenhafter Beweisführung fehlerhaft. "Wir fordern das Gericht auf, den Fehlern mit konkreten Schritten in der Berufungsphase des Verfahrens Abhilfe zu verschaffen."
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