Die tiefe Geothermie ist auf dem Sprung 30.04.2008
Die 4. Internationale Geothermiekonferenz, die Ende vergangener Woche in Freiburg unter der Schirmherrschaft des Bundesumweltministerium stattfand, hat gezeigt: Die Branche ist auf dem Sprung. Fündigkeitsrisiko, Technik und Finanzierung machen die Nutzung dieser Energieform zwar komplexer als es bei anderen Erneuerbaren Energien der Fall ist. Es wächst aber die Zuversicht, dass man auf der Lernkurve schnell voran kommt.
Die Nutzung der tiefen Geothermie kommt in Schwung. Das ist das Ergebnis der 4. Internationalen Geothermiekonferenz am Donnerstag vergangene Woche, auf der sich über 200 Teilnehmer aus rund einem Dutzend Länder trafen, um über Herausforderungen, Potenziale und Perspektiven der tiefen Geothermie zu diskutieren.
Die Eingangsvorträge verdeutlichten dabei einmal mehr, dass es weltweit ein großes Potenzial für die Nutzung dieser Energieform gibt. Derzeit sind rund um den Globus bereits rund 8 GWel geothermische Leistung installiert. Ein stark aufstrebender Markt ist die USA. Während dort zwischen 1990 und 2005 die Entwicklung der Geothermie aufgrund niedriger Energiepreise und den hohen Erdgasvorkommen nur schleppend voran ging, zeigen unter anderem veränderte politische Rahmenbedingungen mittlerweile Wirkung. „Seit 2005 kommt der Markt wieder in Schwung es gibt eine große Anzahl von neu entwickelten Geothermieprojekten“, berichtete Karl Gawell, Präsident des amerikanischen Geothermieverbands GEA auf der Konferenz. Nach Informationen der GEA stehen in den USA mittlerweile knapp 90 Projekte mit einer Gesamtleistung zwischen 2,5 und 3,5 GW in der Entwicklung.
Auch in Deutschland ist man inzwischen auf gutem Wege, das geothermische Potenzial zu heben. Doch trotz Förderpakete und neu abgesteckter politischer Rahmenbedingungen bleiben die technischen Herausforderungen und Unwägbarkeiten von Geothermieprojekten nach wie vor bestehen. Einen „best-practice-guide“, der hier Abhilfe schaffen könnte, gibt es bislang nicht. Um die Risiken konsequent zu minimieren, sind sorgfältige Untersuchungen im Vorfeld der Bohrungen und der Erfahrungstransfer zwischen unterschiedlichen Projekten entscheidend. „Mehr Wissen ist weniger Risiko“, betonte Dr. Ernst Huenges vom Geoforschungszentrum Potsdam.
Im Laufe der Konferenz wurde offenbar, dass die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen ausländischen Investoren und Banken einen Zugang zum Markt erschweren und Projektentwicklungen hemmen. „Auch die zum Teil unklare Abgrenzung zwischen Wasser- und Bergrecht ist ein Stolperstein und kann für potenzielle Projekte das Aus bedeuten“, sagte Manja Schwien von der Beratungsgesellschaft Rödl & Partner, die für die Realisierung des deutschlandweit ersten stromproduzierenden Geothermiekraftwerks in Unterhaching verantwortlich zeichnet.
Reges Interesse gab es an der Diskussion und am Austausch von Betriebserfahrungen. Torsten Hinrichs, technischer Geschäftsführer der WEMAG AG und Leiter des Geothermiekraftwerks Neustadt-Glewe betonte, dass man sich nach erfolgreicher Inbetriebnahme eines Kraftwerks nicht zurücklehnen könne. Seine Ausführungen zeigten, dass die Herausforderungen zum Beispiel in der Pumpentechnik und dem Chemismus des Wassers liegen. Zudem ist ein grundlegendes Verständnis des Reservoirs unerlässlich, um schwerwiegende Havarien zu vermeiden. Die 14järige Betriebszeit des Kraftwerks und die funktionierende Nahwärmeversorgung von über 1300 Haushalten in Neustadt-Glewe beweist jedoch, dass die Probleme prinzipiell lösbar sind und ein stabiler Betrieb gewährleistet werden kann.
Wie in den vergangenen Jahren lag ein Fokus der Konferenz auch in diesem Jahr auf der Finanzierung von Geothermieprojekten. Hier hat sich die Situation sehr zum Positiven verändert. „Mittlerweile stehen zahlreiche Investoren bereit und signalisieren großes Interesse, in Geothermieprojekte zu investieren“, betont Dr. Jochen Schneider von der Agentur Enerchange, die für die Organisation der Konferenz verantwortlich war. „Finanzierung ist möglich“, resümierte auch Heribert Sterr-Kölln die Statements der anwesenden Bankenvertreter und Investoren. Wichtiges Entscheidungskriterium der Investoren ist allerdings, welche Rahmenbedingungen durch die jetzt anstehende Novellierung des EEG geschaffen werden.
Während die 2006 entbrannte Euphorie für Geothermieprojekte im vergangenen Jahr einer gewissen Ernüchterung gewichen war, blicken Vertreter der Branche nun mit einem realistischem Optimismus in die Zukunft. Alexander Richter von der isländischen Glitnir Bank ermunterte die hiesige Branche weiter ihren Weg zu gehen, denn „in der Erforschung der Niedertemperatur-Geothermie besteht eine große Chance für die deutsche Unternehmen“. Ähnlich wie bei der Wind- und Solarenergie könne dadurch auch im Bereich tiefe Geothermie spezifisches Know-how gewonnen werden, das weltweit zum Einsatz kommen und so einen wichtigen Zukunftsmarkt für die regenerative Grundlastversorgung erschließen kann. |