Simon Moroney Maßschneider für Antikörper Von Carsten Knop
14. Februar 2005 Mit den Gefühlen, die mit der Achterbahnfahrt geschäftlichen Erfolgs und Mißerfolgs verbunden sind, kennt Simon Moroney sich bestens aus. Denn der Mitbegründer und Vorstandschef des Münchener Biotechnologieunternehmens Morphosys war einer der Köpfe der New Economy. Damals, als solche Menschen in Deutschland noch groß porträtiert wurden, als die Morphosys-Aktie ein Kursniveau von 300 Euro erreichte, gehörte Moroney unbedingt dazu. Das ist nun fünf Jahre her. Und in der Zwischenzeit hatte das öffentliche Interesse am geschäftlichen und persönlichen Wohl und Wehe von Moroney stark nachgelassen.
Das Desinteresse spiegelte sich an der Börse - denn auch mit Aktienkursen von knapp 5 Euro hat Moroney schon Bekanntschaft gemacht. In diese Zeit fiel ein Strategiewechsel: Vom Ziel, auch eigene Medikamente entwickeln zu wollen, nahm Moroney mit Morphosys Abschied, Partnerschaften wurden wichtiger. Die Belohnung: Aktionären, die nicht vor fünf Jahren, sondern erst vor einem Jahr eingestiegen sind, hat Morphosys einen erheblichen Kurszuwachs von mehr als 100 Prozent auf nun rund 44 Euro beschert.
Und niemand kann behaupten, Moroney habe es nicht vorher angekündigt. "Ich halte die Morphosys-Aktie für unterbewertet. Das ist meine persönliche Meinung", hatte Moroney dieser Zeitung im Frühjahr gesagt - und der ansonsten ruhige und kühle Chemiker blieb bei dieser Aussage nicht ganz frei von Emotionalität. Tatsächlich konnte der in Neuseeland geborene Moroney, der an der Universität Cambridge in Großbritannien promoviert hat, schon kurz nach dieser Ankündigung die erfreuliche Nachricht von einer engen Zusammenarbeit mit dem Schweizer Pharmakonzern Novartis präsentieren. "Dies ist unsere bisher größte Kooperation", vermeldete Moroney, hörbar stolz. Morphosys habe sich mit seinem Angebot gegen eine Reihe von Konkurrenten durchgesetzt. Für jemanden, der zugibt, stets der Beste sein zu wollen, ist so ein Hinweis wichtiger, als man zunächst glauben könnte: "Ich war immer gut in der Schule und in der Uni. Nicht weil ich ein besonders talentierter Wissenschaftler war, sondern weil ich immer der Beste sein wollte."
Moroney ist im Umgang dennoch ein unkomplizierter Mensch geblieben, ist mit seinen Mitarbeitern per du und stets hilfsbereit. Wenn es zum Beispiel darum geht, einen Mitarbeiter mal eben schnell mit dem eigenen Auto an der nächsten U-Bahn-Station abzusetzen, läßt er sich nicht lange bitten. Angetrieben ist er aber von großem Ehrgeiz: Immerhin hat er Morphosys seit der Gründung im Jahr 1992 aus dem Nichts aufgebaut. Die Schwierigkeiten nach dem Jahr 2000 dürften Moroney deshalb stärker gestört haben, als er es jemals öffentlich zugegeben hat.
Moroney, der zu den wenigen Einwanderern zählt, die in Deutschland erfolgreich Unternehmer geworden sind, ist ein großgewachsener Mann, der bei einer persönlichen Begegnung deshalb aber nicht besonders schlaksig wirkt. Denn der 45 Jahre alte Hobby-Golfspieler hat sich und seinen Körper unter Kontrolle. Er bleibt, wie man auf Neudeutsch sagen würde, "cool". Dies, seine Internationalität in der Herkunft und natürlich auch die Qualität der Morphosys-Produkte, dürften ihm die Kontakte zu den großen Pharmaunternehmen dieser Welt erleichtern. Denn nicht nur mit Novartis arbeiten seine Forscher zusammen, auch mit Unternehmen wie Bayer, Boehringer Ingelheim, Pfizer, Bristol-Myers Squibb oder Roche.
Das Erfolgsgeheimnis: Morphosys kann für jeden Krankheitserreger paßgenau Antikörper bilden, die den Erreger binden und gegebenenfalls in seiner schädlichen Eigenschaft blockieren. Das Besondere daran ist, daß die Technologie auf synthetischen Genen basiert und diese Gene nach Belieben verändert werden können. Moroney ist deshalb ein Maßschneider für Antikörper; sein Wohnsitz liegt glücklicherweise am Starnberger See und nicht im Silicon Valley.
Text: F.A.Z., 15.02.2005, Nr. 38 / Seite 14
http://www.faz.net/s/...B18A26598CF9E8B589~ATpl~Ecommon~Scontent.html
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