Vorneweg:
Der Rücksetzer ändert für mich nichts an dem mittel- bis langfristigen positiven Ausblick für NEL. Ich habe direkt auf einen Rücksetzter gewartet :-)
Ich hatte ursprünglich vor mal nachzusehen was denn Raffinerien für einen potentiellen H2-Bearf haben, jetzt bin ich dennoch zuerst mal in Sachen Stahlherstellung auf die Suche gegangen...
Wasserstoff in der Stahlherstellung:
Weltweit werden ca. 1,5 Bio Tonnen Stahl pro Jahr hergestellt (2010). Mit den derzeitigen Methoden der Stahlerzeugung entstehen ca. 1,8 Tonnen CO2 pro 1 Tonne erzeugtem Stahl. Stahlherstellung ist in D mit rund 50 Mio Tonnen CO2 für 6% aller CO2-Emissionen verantwortlich, in Schweden rund 6 Mio Tonnen CO2 (2016) für 10% aller CO2-Emissionen verantwortlich Die Stahlindustrie muss ihre CO2-Bilanz verbessern, will sie in Zukunft nicht viel Geld für Emissionszertifikate ausgeben, und will sie nicht verstärkt in den Fokus der Kritik der Klimaaktivisten geraten. Gut 3,5 Milliarden Euro wird die Stahlindustrie in Deutschland nach jetzigem Stand bis zum Jahr 2030 für Emissionszertifikate ausgeben müssen. Wenn man nicht auf CO2-Abtrennung und -Speicherung setzt, was aus einer Stahlhütte ein komplexes Chemiewerk macht, von den Kosten ganz zu schweigen, dann bleibt als Alternative Wasserstoff, der das Reduktionsmittel Koks ersetzt. Wasserstoff kann auch aus dem Gichtgas, das bei der Direktreduktion von anfällt, gewonnen werden. Langfristig ist aber geplant, die Anlagen mit grünem Wasserstoff aus regenerativen Energiequellen zu betreiben. Eine Studie im Rahmen des ULCOS-Projektes, zeigt, dass ein Stahlwerk ca. 690 m3 H2 pro 1 Tonne Stahl dafür benötigt. (Badr K. Smelting of iron oxides using hydrogen based plasmas. PhD thesis, Leoben, Austria, Montanuniversität Leoben, 174 pp (Nov 2007). Gute Aussichten für die Wasserstoffwirtschft!
Versuchsanlagen errichten/betreiben Arcelor-Mittal (in Hamburg), Thyssen Krupp, Salzgitter (Salcos), SSAB (Schweden), Voest-Alpine (Linz).
Einige Details zu der Versuchsanlage in Schweden: Mit umgerechnet 50 Millionen Euro wird es von der Energieagentur des Landes gefördert. „Es ist die größte Zuwendung in der Geschichte der Energieagentur. Wir konnten sie nur machen, weil die Regierung die Initiative, Klimasprung ausgerufen hat“, sagt Klara Helstad von der Energieagentur. Mit dieser Initiative will Schweden der erste fossilfreie Sozialstaat der Welt werden. Der Grund für die Vorreiterrolle Schwedens bei der Dekarbonisierung der Industrie: Der Stromsektor ist durch die viele Wasserkraft schon nahezu fossilfrei. Und die weitverbreiteten Fernwärmenetze werden zu einem guten Teil klimaneutral mit Holz befeuert. Die Schweden müssen also im Industriebereich ansetzen, um ihre Minderungsverpflichtungen aus dem Paris-Abkommen zu erfüllen. Insgesamt soll die Produktion des CO2-freien Stahls aus Luleå aber gar nicht so viel mehr kosten als die des herkömmlichen: 20 bis 30 Prozent im Vergleich zu einer heutigen Anlage werden es sein, schätzt Görnerup. Er rechnet sogar damit, dass das Produkt im Jahr 2035 zu konkurrenzfähigen Preisen auf den Markt kommt. Dann erst soll die fossilfreie Stahlherstellung im industriellen Maßstab funktionieren und 100 bis 200 Mal mehr Stahl produzieren als die Pilotanlage.
Einige Details zu der Versuchsanlage in Österreich: Projektkonsortium H2Future, bestehend aus voestalpine, Siemens und VERBUND sowie Austrian Power Grid (APG) und den wissenschaftlichen Partnern K1-MET und ECN. Als Kernakteure sind die Unternehmen voestalpine, Siemens und VERBUND im Projekt vertreten. Technologielieferant für den Protonen-Austausch-Membran Elektrolyseur ist Siemens. Mit einer Anschlussleistung von sechs Megawatt können damit 1.200 Kubikmeter „grüner“ Wasserstoff pro Stunde produziert werden. Weiterer Schwerpunkt ist die Einbindung der reaktionsschnellen PEM-Elektrolyse-Anlage in die Regelenergiemärkte durch Entwicklung von Demand-Side-Management-Lösungen, also den Ausgleich von kurzfristigen Schwankungen im zunehmend volatileren Stromnetz durch Lastmanagement bei großen Verbrauchern.
Zusammenfassung:
Ja, es wird heftig daran gearbeitet die Stahlherstellung CO2-frei zu machen, u.a. auch mittels H2.
Bei allem guten Willen wird es aber noch 10-20 Jahre dauern bis soweit ist.
Ebenfalls guten Willen vorausgesetzt, ist die Wirtschaftlichkeit ist durchaus gegeben.
Ein Stahlwerk welches 1 Mio Tonnen Stahl erzeugt würde dafür ca. 60.000 Tonnen H2 benötigen. Schweden scheint da sehr ambitioniert vorzugehen, hat aber auch den Vorteil der guten Voraussetzungen einer „grünen“ Stromerzeugung.
Nicht nur NEL ist an den Forschungs- und Testanlagen beteiligt. Siemens hat anscheinend auch Elektrolyseapparate. Wer sind übrigens die Wettbewerber von NEL (weltweit, in der EU, in Asien und in USA)?
Das Siemens-Argument große Elektrolyseanlagen auch zur Regelung der Schwankungen im Stromnetz einzusetzen finde ich interessant. Spricht auch für diese Technik!
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