Italien war immerhin "der" Wachstumstreiber der letzten Quartale (+95,9% im Q2). Dazu hat Italien bereits sehr hohe Ausfallraten. Du kannst dir im Q2-Bericht anschauen, auf welcher Risikostufe gem. IFRS 9 die Kreditforderungen in Italien stehen. Hier siehst du, dass sich 17,7% der italienischen Forderungen in Stufe 3 (=also notleidend) befinden. Zum Vergleich sind das in Deutschland nur 3,7% der Forderungen und auf alle Regionen konzernübergreifend gesehen 10,9%. Italien ist also sowieso bereits das Sorgenkind von Grenke.
Nun kommt in Italien eine Rechtsallianz an die Macht, die nationalistische, EU-kritische und teils rassistische Positionen vertritt. Das Flammenlogo der Fratelli d’Italia steht für den lodernden Geist des faschistischen Diktators Benito Mussolini. Natürlich hat so eine Wahl seine Gründe nicht in den guten Argumenten der rechten Populisten, sondern in den sozialen Problemen der Gesellschaft. Gewerbeverbände rechnen damit, dass jede dritte italienische Familie wegen der explodierenden Energiepreise in den verbleibenden Monaten des Jahres nicht mehr in der Lage sein wird, die Strom- und Gasrechnungen zu begleichen. Dazu die allgemeine Inflation (ca. 9-10%), die die Kaufkraft zusätzlich noch belastet. Bei Unternehmen (also Grenke-Kunden) dürfte es nicht viel besser aussehen. Der Staat kann nicht wie in Deutschland und Frankreich entlasten, da er bereits mit >150% des BIP massiv überschuldet ist (in Zeiten, in denen die Zinsbelastung nun auch noch steigt). Draghi stand als ehemaliger Notenbanker wenigstens noch für seriöse Finanzpolitik. Wie soll das nun unter einer rechten Regierung werden? Die sind sich ja nicht mal einig, ob sie zu Putin halten wollen oder nicht und generell deutet vieles darauf hin, dass interne Parteiinteressen höher priorisiert werden als das Gemeinwohl Italiens. Nicht umsonst steigen die Renditen für italienische Staatsanleihen stark an.
Alles in allem sehr traurig, was in Italien abgeht (die Enttäuschung der Menschen äussert sich auch in der Politikverdrossenheit und Walhbeteiligung von nur ca. 50%). Italien stehen sehr unruhige und ungewisse Zeiten bevor. Für Grenke erhöht das die Unsicherheiten ihres dortigen Kreditportfolios weiter, die Ausfälle werden steigen und Grenke wäre gut beraten, das Neugeschäft in Italien zu bremsen (werden sie sicher machen, sichtbar im nächsten Q-Bericht). Da in Italien (aufgrund der höheren Risiken) höhermargiges Geschäft möglich war, werden die Grenke-Margen als Konzern, sollte man nun das Neugeschäft in Italien zurückstufen, sinken. So meine Annahme.
Sorry für den langen Text. |