Die Baumarktbranche feiert Rekordumsätze – Deutschlands Heimwerker hämmern gegen die Eurokrise an. Anleger setzen auf Hornbach, Mutige auch auf Praktiker.
Lust auf Kursgewinne? Dann immer der Nase nach. Kein Abend, an dem einem auf dem Nachhauseweg nicht von irgendwoher ein leckerer Grillgeruch in die Nase steigt. Börsenfüchse wissen genau: Wenn Deutschlands Hobbygriller wieder Steakfleisch aufs Feuer legen, bricht die Hochsaison für Bau-und Heimwerkermärkte an.
Krisenfeste Anlage Nicht nur die ersten Frühlingsstrahlen treiben die Deutschen – ausgerüstet mit Grillkohle, Blumenerde und Baumsägen – ins heimische Grün. Auch die Euro-Krise lässt so manchen Freizeit-Heimwerker mehr Geld als sonst in die Kassen von Hornbach, Praktiker & Co. tragen. Von Handwerkern wird schon munter geworben: Die beste Anlage, um sein Geld vor dem Euro-Crash zu retten, ist die Investition ins neue Bad.
Beim Verband der Bau- und Heimwerkermärkte (BHB) reibt sich Hauptgeschäftsführer Peter Wüst die Augen. Im ersten Quartal 2012 steigerten die circa 2440 deutschen Bau- und Heimwerkermärkte den Bruttoumsatz (ohne Berücksichtigung von Neueröffnungen und Schließungen) um sieben Prozent. „Einen derart erfolgreichen Start in ein neues Geschäftsjahr hat es lange nicht gegeben“, so Wüst. „Erstmals realisierten die Bau- und Heimwerkermärkte innerhalb eines Quartals mehr als vier Milliarden Euro.“
Das gute Wirtschaftsklima in Deutschland, die Rekordbeschäftigung und der Boom beim Wohnungsbau hätten die Entwicklung begünstigt, erklärt man beim BHB. Klar, dass die Marktexperten ihre optimistische Umsatzprognose für 2012 von 1,8 bis zwei Prozent bestätigen.
Steak oder Wurst Anleger, die auf Baumarktwerte schielen, haben sozusagen die Wahl zwischen Steak und Grillwurst. Ersteres gilt für Hornbach, den Musterschüler der Branche. Das Geschäftsmodell funktioniert, die Marktanteile steigen, Gewinn und Umsatz wachsen nachhaltig. Kehrseite der Medaille: Die Aktie gibt´s mit einem 2012er-KGV von elf nicht zum Schnäppchenpreis.
Dagegen geht´s beim Hamburger Rivalen Praktiker sozusagen um die Wurst. Kürzlich änderten die Hanseaten überraschend das Sanierungskonzept. Statt die Märkte für rund 300 Millionen Euro konsequent auf Discount zu trimmen, wurde entschieden, mehr Praktiker-Filialen als bisher auf das höherpreisige Max-Bahr-Konzept umzustellen. Positiver Nebeneffekt: Der Umbau kostet mit 120 Millionen Euro fast zwei Drittel weniger.
Der Charme bei Praktiker besteht darin, in der Frühphase einer Turnaround-Story aufzuspringen. Analyst Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe stuft die Aktie von „Verkaufen“ auf „Kaufen“ hoch. Sein Fazit: „Die neuen Nachrichten verringern die Unsicherheiten deutlich.“
Das Konzept der Baumarktkette ist simpel: attraktive Standorte, Kompetenz in Sortiment und Service, volle Lager und attraktive Preise. Und das, ohne sich auf kostspielige Rabattschlachten einzulassen. Auch die Expansionsstrategie ist wohl überlegt. Wachstum ja, aber nicht zu jedem Preis. Auf die Übernahme maroder Konkurrenten wird bewusst verzichtet.
Drei Milliarden Umsatz in Europa Das Ergebnis der Hornbach Holding kann sich sehen lassen: Das Geschäftsmodell funktioniert, die Marktanteile steigen (binnen Jahresfrist von 8,8 auf 9,2 Prozent), Umsatz und Gewinn legen stetig zu. Vor allem der deutsche Markt läuft dank der fleißigen Heimwerker und Hobbygärtner rund. In den 91 inländischen Bau- und Gartenmärkten setzte der Konzern 2011 mit 1,7 Milliarden Euro knapp sechs Prozent mehr um als im Jahr davor. Besonders stark legten die 24 Baustoffhandels-Niederlassungen des Konzerns mit einem Umsatzplus von zwölf Prozent auf 201 Millionen Euro zu. Europaweit durchbrach der Teilkonzern Hornbach-Baumarkt erstmals die Drei-Milliarden-Euro-Schallmauer und wuchs Konzernangaben zufolge stärker als der Durchschnitt der Branche. Das Betriebsergebnis stieg um zehn Prozent.
„Die rekordhohe Beschäftigung, eine gute Konsumstimmung und Niedrigzinsen beflügeln den Wohnungsbau“, erklärt Konzernchef Albert Hornbach. „Davon konnten wir uns eine große Scheibe abschneiden.“
Nutznießer der Praktiker-Krise Auch deswegen, weil sich Hornbach – anders als die Konkurrenz – vorzugsweise an Kunden wendet, die teilweise beträchtliche Summen für größere Bauvorhaben ausgeben. Dazu kommt, dass die Pfälzer von der derzeitigen Schwäche des Konkurrenten Praktiker profitieren. Sechs von sieben Analysten raten daher laut dem Börseninformationsdienst Bloomberg weiter zum Kauf der Aktie. Die Kursziele reichen bis 70 Euro.
Das alte Praktiker-Sanierungskonzept endete mit einem Paukenschlag. Seit kurzem steht Modell Nummer zwei. Praktiker setzt in Zukunft weniger konsequent auf „billig“ und will stattdessen eine „größere Anzahl“ der Praktiker-Filialen unter dem höherpreisigen Label Max Bahr laufen lassen. Die profitable Tochter, die Praktiker 2007 übernahm und die derzeit aus 78 Filialen besteht, soll zudem stärker auf Service und Qualität getrimmt werden. Die restlichen Praktiker-Läden (derzeit 234 Filialen) treten dagegen als aggressive Discounter auf.
Experten loben Pläne Experten bewerten die Nachrichten gleich in mehrfacher Hinsicht positiv. Erstens liegen die Kosten des neuen Sanierungsprogramms mit rund 120 Millionen Euro um fast zwei Drittel unterhalb der ursprünglichen Kalkulation von rund 300 Millionen Euro. Zweitens hätten sich laut dem Bankhaus Lampe die Unsicherheiten bei Praktiker deutlich verringert. Zumal ein nicht namentlich genannter Investor rund 85 Millionen Euro der benötigten Mittel als Darlehen zur Verfügung stellt. Weiteres Geld für die Restrukturierung des taumelnden Baumarktriesen soll über einen Kredit und eine Kapitalerhöhung kommen, für die die beiden größten Aktionäre des Konzerns bereits ihre Unterstützung zusagten.
Beim Bankhaus Lampe führten die Neuigkeiten zu einer grundlegenden Neubewertung der Aktie. Analyst Christoph Schlienkamp stufte das Papier von „Verkaufen“ auf „Kaufen“ hoch, auch wenn mit dem Strategieschwenk nicht unmittelbar ein Erfolg der Restrukturierung vorhergesagt werden kann. Das Kursziel setzt der Fachmann kräftig von zuvor 1,50 Euro auf 2,50 Euro herauf. Auch bei BNP Paribas glaubt man Praktiker auf dem richtigen Weg. Es sei davon auszugehen, so Analyst Andreas Inderst, dass sich die Ergebnisentwicklung weiter verbessern werde.
Die Baumarktbranche feiert Rekordumsätze â€" Deutschlands Heimwerker hämmern gegen die Eurokrise an. Anleger setzen auf Hornbach, Mutige auch auf Praktiker. ----------- Die Gedanken hier geben nur meine Meinung wider. Sprecht mit eurem Finanzberater darüber. |